Schwur des Blutes
raubten ihm beinahe den Verstand. Ein Schauder überlief ihn, entfachte Hitze und entlockte ihm ein gieriges Brummen, das er nicht imstande war, zu unterdrücken. Seine Frau war ihm so nahe und trotz aller schönen Worte unerreichbar. Mit einem Ruck setzte er sich auf. Dass er sich unbewusst auf dem Bett entspannt hatte, hatte er überhaupt nicht bemerkt. Diese Gedankenlosigkeit schickte nervöse Wellen in seinen Körper. „Ich … ich muss gehen.“
„Oh.“ Er hörte es rascheln. „Es ist dein Zimmer. Ich geh dann mal.“
Sam trat nicht hinter dem Paravent hervor, sondern ging auf die Durchgangstür zu. Sicher führte sie zu dem angrenzenden Raum. Ihr Anblick ließ ihm den Atem stocken. Sein Herz wollte aus der Brust springen. Sie trug einen fast bodenlangen Kimono aus Seide. Schwarz wie die Nacht, mit einem feurigen Drachen bestickt. Ihr wundervolles, lockiges Haar lag dicht und feucht auf ihrem Rücken, erinnerte ihn an die Zeichnung auf ihrer Haut. Und er roch noch etwas: Salz. Weinte sie? Hatte sie Schmerzen?
„Sam?“
„Schon gut, Timothy. Ich hab’s jetzt verstanden.“
Ihre Worte trafen ihn wie Maschinengewehrfeuer. Dennoch musste er es wissen. „Du hast dich verletzt.“
„Nicht der Rede wert.“
„Ich …“
„Was willst du, verdammt?“ Ein tiefes Schniefen begleitete ihren Ausbruch. Sie stampfte mit einem Fuß auf, drehte sich aber nicht um.
Ohne zu wissen, was er tat, machte er einen Satz zu ihr. Er schlang die Arme von hinten um ihren zarten Körper, hüllte sie ein. Eine Erlösungswelle schwappte über ihn hinweg, ließ ihn wie sie bei der innigen Berührung aufkeuchen. Er drückte sein Gesicht in ihr Haar, an ihren Hals, mit den Händen umfasste er ihren Bauch und zog sie fest, noch fester an sich heran. Er atmete zittrig. Seine Fänge fuhren aus und er brachte heiser über die Lippen, was er mühsam zurückgehalten hatte: „Ich will dich.“
Er ging langsam in die Hocke, ließ die gestreckten Finger über den Seidenstoff rutschen, spürte ihre weichen Rundungen darunter. Ihr Atem beschleunigte sich, ihr Duft intensivierte sich, die verbotene, dunkle Kirsche drang durch die erotische Vanille hindurch, benebelte seine Sinne. Er drehte sie herum, strich den Kimono mit beiden Händen über ihre schlanke Fessel, die Wade empor, küsste sich vor, immer höher, bis er den Verband vom Knie lösen und die Wunde mit drei zarten Küssen versiegeln konnte. Sie zitterte, er zitterte. Noch nie hatte er vollumfänglich in Erregung gestanden. Jede Faser weinte vor Glück, bei dieser Frau zu sein.
„Ich will dich, doch ich habe Angst, dich zu töten.“ Mit vor Furcht klopfendem Herzen sah er vom Boden zu Sam auf. Ihre Blicke trafen sich, ihrer wanderte zu seiner Stirn.
Wie er erwartet hatte, wich die Begierde einem Ausdruck des Entsetzens. Beschämt, dass er sich hatte gehen lassen, ließ er sie augenblicklich los und zog sich mit gesenkten Lidern bis zur Wand zurück. Er wollte ihre Angst nicht sehen, kniff die Augen zu.
Ein Schreck durchfuhr ihn, als er Sams kühle Fingerkuppen auf der Stirn spürte, ihren Leib vor sich. Sie zeichnete den Totenkopf nach.
„Vertraust du mir?“, fragte sie.
„Ja!“
„Ähm …“, er räusperte sich. Hatte er noch ein funktionierendes Gehirn? „Ja?“
Sam nahm seine Hände und führte ihn zum Bett. Er setzte sich und sie krabbelte neben ihn, drückte seine Schultern nach hinten in das Kopfkissen. „Weißt du, ich bin nun zwei Mal vor dir weggelaufen. Am Pool, als deine Reißzähne mich überraschten und in der Höhle, als deine Augen anfingen, eisblau zu glühen.“
Timothy begann wieder zu zittern. Er konnte nichts dagegen tun. Einerseits wollte er aufspringen und wegrennen, weg von Sam, sie dadurch schützen. Andererseits wollte er sie endlich umarmen, sie küssen, ihre Haut spüren, liebkosen, ihren Körper, ihre Liebe nie wieder loslassen. Es zerriss ihn innerlich – bis Sam ihre Finger über sein Gesicht gleiten ließ. Zärtlich strich sie ihm über die Wangen. Über die Schläfen, die Stirn, den Bart, die Lippen. Weinte er?
„Ich will doch niemandem etwas tun, muss ruhig bleiben.“
„Deshalb die Baldriantabletten?“
„Hm.“ Hitze stieg in ihm auf. War ihm das unangenehm? Wurde er rot?
„Du bist süß.“
Timothy wandte ihr den Kopf zu. „Einen über zwei Yards großen Hünen mit einem Kampfgewicht von 110 Kilo und einer Kraft von ein paar Elefanten nennst du süß?“
Ein verlegenes und gleichzeitig verwegenes Schmunzeln legte sich auf ihr
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