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Schwur des Blutes

Titel: Schwur des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madea Stephanie
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seine Schwester oder ahnte, wie es seiner Mutter in all den Jahren ergangen war, in denen die beiden annahmen, sie wären allein auf der Welt, verlassen und bestraft. Wie ausweglos seine Situation in den fast 92 Jahren auch gewesen sein mochte, er hatte wenigstens gewusst, dass niemand nach ihm suchen würde, um ihn zu befreien. Nur seine Familie hatte Kenntnis, dass er sich auf eine Reise begeben hatte. Josephine hatte er weggesperrt und Elena-Joyce ihrer ihm nicht bewussten Sucht überlassen. Im Glauben, dass beide durch seine Hand den Tod gefunden hatten, weil es ihm nicht glückte, sich aus seiner misslichen Lage freizukämpfen, war er schließendlich nach endlosem inneren Kampf gebrochen.
    Nun, er hatte sie fast unbeschadet nach 92 Jahren wiedergefunden. Seine Mutter in New Orleans und Jose hier in San Francisco. Er sollte dankbar sein und war es auch. Auf seine Weise. Sein Leben hatte sich während der langen Zeit maßgeblich verändert. Ihm blieb keine Wahl – er musste sie erneut verlassen.
    Zuvor war es ihm noch ein Bedürfnis, dafür zu sorgen, dass sie versorgt waren und er ihnen keine Verbindlichkeiten hinterließ. Er ahnte, dass die Enthüllung seines Erbes, was er auch immer Grauenvolles in sich trug und nicht kontrollieren konnte, ihn zwingen würde, allen weiterhin fernzubleiben. Er musste das Eis in sich bewahren, weil er spürte, dass er über kurz oder lang in der Gesellschaft von liebenden Verwandten schmelzen und das Unglück heraufbeschwören würde. Das war zum Kotzen!
    Ja, er war dankbar, genauso Jonas und seiner Familie gegenüber. Trotz der flüchtigen Bekanntschaft fühlte er sich dem Baker Clan nahe. Die Reinblüterfamilie gab seinem Mischgeblüt nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern ebenso Geborgenheit und Wärme, die Jose und sogar Elena auf ihre Art verbunden annahmen. Aus diesem Grunde war es ihm derart unangenehm, dass er tief in ihrer Schuld stand. Zum Glück hatte er dies mit dem Letzten, was er besaß, ändern können – heute. Was ihm genauso gewaltig gegen den Strich ging. Timothy überquerte die beinahe überrankte Terrasse.
    Ein schwarzer Berg flog wie ein wild gewordenes Bisonmännchen auf ihn zu, riss die lose hängenden Glassplitter der herausgebrochenen Wohnzimmerscheibe mit sich. Kampfstiefel prallten mit voller Wucht auf seinen Brustkorb. Timothy donnerte mit dem Rücken auf den Beton. Reflexartig hob er die Arme, stieß dem Angreifer die Sohlen in den Magen und warf ihn über den Kopf ab ins Dickicht. Blitzschnell wand er sich auf dem Boden zu dem Herkules um, aber der stand schon auf den Füßen und landete einen Fausttreffer in seinem Gesicht. Sein Jochbein knackte, sein Blick verwischte, er taumelte, wehrte Fäuste ab und schlug blind in Richtung Nierengegend. Einem Fußtritt wich er aus, ein anderer brach ihm fast das Knie. Brüllend hielt er sich auf den Beinen. Blut sammelte sich in seinem Mund, seine Reißzähne pochten. Er gierte danach, dem Gegner die Halsadern aufzuritzen, wenn er auch wusste, dass er gegen einen Tribor keine Chance hatte. Zu schnell, zu stark, zu unberechenbar. Ein Schlag traf ihn wie mit einem Vorschlaghammer ausgeführt auf die Wirbelsäule. Er wirbelte herum, drosch mit voller Wucht auf die ungedeckte Wange, doch das schien dem anderen nichts auszumachen. Die Sonnenbrille flog in hohem Bogen davon. Timothy keuchte, als Stahlhände sich um seine Kehle und sein Genick legten und zudrückten. Der auf seiner Halsschlagader drückende, skalpellscharfe Fingernagel zwang ihn auf die schmerzenden Knie. Genötigt, in die matten schwarzen Iris zu starren, in denen platinfarbene Punkte grell pumpten.
    Ny’lane! Seine ausgefahrenen Fänge stachen weiß über seine dunklen Lippen, er zischte und knurrte zugleich. „Scheiße, Nyl. Lass ihn endlich los!“
Jonas. Hinter ihm. Erst jetzt nahm Timothy dessen Stimme wahr. Gott, er hatte zuerst gemeint, sich in seiner Wahrnehmung geirrt zu haben, als der diabolische Güterzug ihn rammte. Doch es waren tatsächlich Ny’lane und Jonas. Sehen konnte er seinen Schwager nicht. Sein Kopf steckte brutal fest in einer Schraubzange oder eher in einer Autoschrottpresse. Von dem Todesstich an seinem Hals mal abgesehen, der ihn zum absoluten Stillhalten zwang.
    „Ein Mal … nur noch ein Mal …“
Nyls Bass schien ebenfalls eingequetscht, kratzte wie eine Klinge über einen Grabstein.
„Was?“, röchelte Timothy.
„Komm ihr noch ein Mal, nur ein einziges Mal zu nahe, und damit meine ich näher als zehn

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