Schwur des Blutes
musste, die ihm etwas bedeuteten. Egal, wie lange er sie kannte. „Es könnte sein, dass ich länger fort bin,
deshalb habe ich dieses Grundstück mit allem darauf heute früh einem Makler angeboten. Sie haben bereits einen Interessenten.“
Jonas zog die Brauen zusammen, schwieg.
„Ich hoffe, dass ich damit einen Teil meiner Schuld bei deiner Familie begleichen kann. Der Makler wird sich sofort nach
dem Verkauf bei dir melden, den Scheck ausstellen und dir aushändigen.“
„Timothy, verdammt. Ich will dein Geld nicht.“
„Nimm’s doch einfach“, brummte Ny’lane, der in der offenen Schiebetür zum Wohnzimmer stand und sich das Chaos
reinzog.
„Nyl, halt dich da raus.“
„Ich sag’s ungern, aber Ny’lane hat recht. Nimm es und verwende es von mir aus für Elena-Joyce’ Unterbringung, für Josephines Garderobe oder sonst was, wenn du dich dann besser fühlst. Annehmen musst du es.“
„Du gehörst zur Familie, Timothy. Da ist es selbstverständlich, dass ich deiner Mutter helfe.“
„Jonas, der Familienvampir“, tönte Nyls Bass aus dem Salon nach draußen.
Timothy behielt seine Fassade aufrecht. „Siehst du, Jonas, du gibst, ich gebe. Wir sind quitt.“
„Damn! Ich nehm’s nicht.“
„Es wird so oder so auf deinem Konto landen. Also lass das Gerede, es ist müßig. Und du Ny’lane, bedien dich ruhig.“ Ohne zu zögern, öffnete der Schwarze die Scotchflasche, die er bereits in den Händen gehalten hatte, und trank einen langen Zug. Es glich einem Wunder, dass sie in seiner Zerstörungswut vor zwei Tagen heil geblieben war. Gut, dass es dem ‚Silver Angel‘ an Benehmen fehlte und er ihm den Alkohol nicht anbot.
Nyl trat auf die Terrasse und hielt ihm die Flasche demonstrativ vor die Brust. Provokation? Friedensangebot? Nyls Blick
wanderte von seinen Schuhen bis zu seinem Gesicht. Er lächelte süffisant, als Timothy nicht zugriff. „Zu früh?“ Verflucht! Diese bernsteinfarbene Flüssigkeit versetzte ihn regelrecht in Angst. Er wusste, wie er auf jegliche Art von Spirituosen reagierte. Deshalb stand dieses blöde Ding noch dort auf der Anrichte, nachdem er Jonas vor etwas über drei Wochen
einen Drink angeboten hatte, um ihn gastfreundlich aus seinem Haus zu komplimentieren. Er hatte das Zeug nicht getrunken, auch wenn er den Anschein erweckt hatte. Vampire definierten sich viel zu sehr über ihr Äußeres, ihre Fähigkeiten und
ihre Abstammung. Ein Glas – und seine Wahrnehmung spielte verrückt, sein Geist verabschiedete sich und … er wusste
nicht mehr, was er tat. Wäre vielleicht der einfachste Ausweg.
Seine linke Faust schloss sich durch das Hemd um den Diamanten. Er würde sich nicht vor diesem aufgeblasenen Schwarzen zum Affen machen. „Nein, es ist nicht zu früh am Tag. Nur reine Gastlichkeit von mir. Ich dachte, ich überlasse dir den
Rest, weil du nichts berührst, was weiße Lippen bereits berührt haben.“
Nyl stieß ihm die Flasche vor die Brust. „Trink.“
Langsam ging der ihm tierisch auf den Sack. Ein Knurren entrang sich seiner Kehle.
„Hey Schatz, bleib ganz ruhig.“
Toll. Ethos. Die hatte ihm gerade noch gefehlt mit ihrem scharfen Senf.
Timothy starrte Nyl tief in die Augen. „Kannst du dich eigentlich noch selbst im Spiegel sehen?“
Ny’lane holte aus, doch Jonas war dieses Mal schneller. Er packte seinen Kumpel am Kragen und fletschte die äußerst langen Reinblüterreißzähne. „Schluss jetzt! Verdammt noch mal. Wenn’s wenigstens um eine Frau gehen würde.“ Jonas versetzte Ny’lane einen Stoß Richtung Ausgang und drückte Timothy das zerquetschte Handy aus den Trümmern in die Handflä
che. „Besorg dir ein neues.“
Timothy nickte. Shit, er kam sich schlecht vor, weil er Jonas in seine Angelegenheiten reinziehen und belügen musste. Das
Arschloch Nyl konnte ihn mal kreuzweise, aber Jonas … „Wie geht’s Cira?“
Nyl rupfte Unkraut aus dem zugewucherten Beet und schnupperte daran, als hätte er eine Orchidee in der Hand. „Du hast
null Schimmer von den Überfällen, hm?“, provozierte er und fuhr sich über die Glatze. „Kümmerst dich lieber um dich
selbst.“
Timothys Muskeln zuckten. Er hatte wirklich nichts davon läuten hören. Wie auch? Sein Universum war zu einem harten
Diamanten geschrumpft. Er zog die Brauen hoch und sah Jonas an.
„Danke, ihr geht’s einigermaßen. Unser Gärtner liegt auf der Intensiv. Wir nehmen jede Hilfe an.“
Sicher nicht von mir, dachte er und sah Nyl an, der keine Miene verzog. Fuck, er konnte nicht
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