Schwur des Blutes
Ja. So sollte es sein. So war sie sicher.
„Ist es bequem?“, fragte er.
„Hm, sehr. Bei dir?“
„Wunderbar.“
Sam lachte leise. „Du übertreibst.“
„Nein. Du fühlst dich gut an.“
Sam schwieg.
„Ich meine das ganz ehrlich. Es erfüllt mich, dich im Arm halten zu dürfen.“ Timothy räusperte sich und verdächtigte Ethos, seine Zunge geführt zu haben. Doch er wusste, dass er ausgesprochen hatte, was er fühlte. Er fühlte … er ließ zu, dass er fühlte … Er versteifte sich.
„Möchtest du etwas über mich erfahren?“
Ihre Frage verwirrte ihn, sodass er etwas zum Nachdenken hatte und sich entspannte. „Sehr gern. Ich wollte nicht neugierig sein.“
„Du hättest einfach fragen können.“
„Hm. Ich bin darin nicht so bewandert. Aber du hilfst mir ja oft aus der Patsche.“
Sam lachte leise. „Na, du mir ja auch.“ Sie kuschelte sich tiefer ein, legte ihre Hand auf seinen Bauch. „Okay?“
Timothy lachte. „Nee, nee. Auf deine Okay-okay-Tour falle ich nicht noch mal rein.“
Sie stimmte ein wenig verlegen in seine Erheiterung ein. „Entschuldige.“
„Schon vergessen. Trotzdem kannst du mir irgendwann mal erzählen, weshalb du einfach abgedampft bist.“ Zu dem beschissensten Zeitpunkt, den es gab.
Sam räusperte sich. „Lieb, dass du es mir überlässt. Ich sag’s dir demnächst.“
Eigentlich war es ihm fast egal, jetzt, wo er neben ihr lag. „Nun schieß los. Ich bin neugierig, was klein Sam so alles angestellt hat.“
„Ne ganze Menge …“
Samantha war in München aufgewachsen. Ihr Vater Heinz Wolters arbeitete als Flugzeugmechaniker am Franz Josef Strauß Flughafen und Mutter Ursula war mit dem Aufpassen auf ihren zwei Jahre älteren Bruder Christian und sie vollauf beschäftigt. Nach dem Abitur mit neunzehn eröffnete sie mit Chris eine Sportschule für Extremsportarten. Keine zwei Jahre später gingen sie mit ihrem gut laufenden Geschäft zurück nach San Francisco, weil sie The North Face, eine OutdoorBekleidungsfirma, als Sponsor an Land gezogen hatten.
„Weshalb zurück? Kommst du von hier?“
„Ja. Ich wurde in Kalifornien geboren. Mein Vater verdiente lange Zeit am San Francisco International Airport seine Brötchen und hatte deshalb auch einen guten Draht zu einem hohen Tier bei unserem ersten Geldgeber. Als ich sechs war, wanderten wir leider nach Deutschland aus, weil dort ein höheres Gehalt für Papa lockte. Aber hier ist’s besser, wenn man in der Sportbranche was aufbauen will.“
„Wann kamt ihr in die USA?“
„Vor zwei Jahren, 2009.“
„Und wie kam es zu dem Anschlag auf Chris?“
Durch Sam floss ein Ruck, der ihren Körper versteifte wie bei einem Stromschlag. Ihr Herz schlug schneller. Timothy legte seinen Kopf schräg, berührte mit den Lippen ihr feuchtes Haar. Verteilte zarte Küsse. Er schob seine bisher untätig gehaltene Hand über ihre auf seinem Bauch und strich sanft mit dem Daumen über ihren. Am liebsten hätte er seine Worte zurückgenommen, doch er vermutete, dass es wichtig war, zu wissen, was vorgefallen war. Vielleicht konnte er Schlimmeres verhindern, wenn er durchblickte.
„Bist du noch fit?“, fragte sie in die Dunkelheit hinein.
„Ja. Ein wenig aufgeregt durch deine Nähe.“ Timothy verschluckte sich an seinem Satz und räusperte sich.
„Du bist süß.“
„Männer sind nicht süß.“
Sam grinste hörbar.
„Was wolltest du denn?“, flüsterte er in ihr Haar.
„Och …“
„Sag schon.“
„Kannst du mir den unteren Rückenbereich massieren? Deine Hand liegt da und der Rucksack …“
In Timothy stieg ein Grollen auf, das ihm wie ein Knurren über die Zunge rollte. Er witterte die Hitze an den wund gescheuerten Druckstellen. „Morgen nehme ich den.“
„Okay.“
„Keine Wider…“ Oh. Ethos kicherte. Timothy drückte Sam einen Kuss auf das Haar und brummte zufrieden. „Gut. Nun entspann dich. Ich bin dir auch nicht böse, wenn du einschläfst.“
„So gut kannst du gar nicht …“ Ihr Satz endete in einem losgelösten Stöhnen, weil er genau den verhärteten Muskel fand, den es am ärgsten getroffen hatte.
Timothy ließ seine Fingerkuppen zärtlich mit exakt bemessenem Druck über die geschundenen Hautstellen auf ihrem Rücken gleiten. Er widmete sich jedem Wirbel, jeder Sehne, jeder Hautpartie mit Ausdauer und Hingabe, die ihn innerlich zum Aufblühen brachte. Er reagierte in ihrer Nähe ruhig und natürlich. Seine innere Anspannung, die ihn seit dem Mord an Dad verfolgte und ständig wuchs, wich einer erlösenden
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