Science Fiction Almanach 1981
von neuen Seuchen heimgesucht, aus dem einzigen Grund, weil es zu viele von ihnen gab und weil sie versuc h ten, in einer Umwelt zu überleben, die zum Überleben ung e eignet war.
„Setzen Sie sich in Bewegung, Doktor“, befahl Sande r son. „ Telephonieren Sie wegen der Tiere, und das sofort!“
Dai ließ die Hände sinken und ballte die Fäuste. „Haben Sie meine Berichte der letzten zwei Wochen nicht gelesen? Habe ich alles für den Reißwolf geschrieben? Ich hatte sie der obersten Dringlichkeitsstufe zugeordnet!“
„Lassen Sie sich nicht durch Ihren Ärger hinreißen“, warnte der Controller und blies sich vor Arroganz auf. „Wenn Sie sie eingereicht haben, werden sie mich auf dem üblichen Weg erreichen. Zwei Wochen sind nicht genug. Der Dienstweg ist langwierig – außer im Falle eines No t standes, wie Sie ihn mit Ihren Forderungen haben. Und jetzt gehen Sie an den Bildschirm und wählen Sektor Zwei an, damit Sie Ihre Tiere bekommen.“
„Sektor Zwei hat keine mehr, und Sektor Drei auch nicht. Genauso wenig wie Vier! Und ich habe auch keine!“ Dai zog die Wörter auseinander und drückte in diesen fünf ei n fachen Lauten seine ganze Erschöpfung, seinen Zorn und seine Trauer aus. „Kommen Sie endlich von Ihrem pomp ö sen bürokratischen Podest herunter, und hören Sie zur A b wechslung einmal zu! Auf der gesamten Erdoberfläche ist nur ein einziges Tier übriggeblieben, und es befindet sich im Raum nebenan, und es stirbt’.“
„Lächerlich! Seit Generationen haben wir diese Tiere g e züchtet und aufgezogen, um Notfällen wie dieser Seuche entgegentreten zu können. Jetzt wollen Sie mir erzählen, daß alle tot sind? Das ist aberwitzig!“
„Gehen Sie durch diese Tür und sehen Sie ihm beim Sterben zu – vielleicht glauben Sie mir dann.“
Dai brach auf seinem Arbeitsstuhl zusammen; er war zu müde, um weiter seine Stimme zu erheben oder sich darüber zu wundern, daß er es gewagt hatte, den Controller herau s zufordern.
„Ich gebe ihr noch ungefähr drei Stunden“, murmelte er. „Es ist der letzte weibliche Schimpanse. Der letzte auf der Welt!“
„Ich verstehe“, sagte Sanderson wichtigtuerisch und überzeugt von seiner eigenen Einsicht. „Sie brauchen Schimpansen für diese Experimente, und Schimpansen gibt es nicht mehr. Ich will Ihre Unverschämtheit entschuldigen, denn ich begreife Ihre Frustration.“
„Wirklich?“ höhnte Dai. „Dann sehen Sie wahrscheinlich auch, daß es mehr als nur Frustration ist.“
„Was immer es ist, sehen Sie zu, daß Sie darüber hinwe g kommen, und gebrauchen Sie Ihr Hirn. Nehmen Sie Hunde als Ersatz – oder Katzen. Bestimmt kann jedes Säugetier …“
„Welche Hunde und Katzen?“ Dai brüllte wieder. „We l che Ratten oder Mäuse? Welche Affen? Welche Pferde? Ich habe es Ihnen schon gesagt, Controller – alle diese Tiere sind ausgestorben! Diese kleine Schimpansin nebenan – E s sie – ist das letzte nicht-menschliche Lebewesen, das auf der Erde übriggeblieben ist! Und ich kann auch sie nicht retten.“ Sanderson atmete geräuschvoll aus und setzte sich hin. Er fing gerade an zu begreifen, was er gehört hatte. Und als er sprach, verriet seine Stimme, daß er nun eher gewillt war, zuzuhören und zu verstehen. „Sie sagen also, daß Sie keine Tests durchführen können. Daß diese neue Seuche wah r scheinlich uns alle umbringen wird.“ Er sackte unter dieser plötzlichen Niederlage zusammen. „Was ist geschehen? H a ben Sie die geringste Ahnung?“
„Nichts, das sich erklären ließe“, gab Dai zu. „Nichts auf wissenschaftlicher Basis. Ich habe nur das Gefühl, daß sie einfach aufgegeben haben. Sie wurden auf unnatürliche Weise geboren, lebten unnatürlich – sie wurden einfach schwächer, verloren ihren Willen und … Auch hier hat ein unbekanntes Virus zugeschlagen. Es tauchte zuerst bei Se k tor Drei auf und wurde durch den Austausch von Mäusen u n bemerkt auf die anderen Labors übertragen. Es hat sich so schnell in den Labors verbreitet, daß wir nicht einmal die Tierleichen schnell genug verbrennen konnten, um eine sterile Umgebung zu erhalten. Seit zwei Wochen haben wir ohne Pause dagegen angekämpft, doch es hat alle vernichtet.“
„Unglaublich.“
„Wohl kaum. Was, glauben Sie, passiert mit den Me n schen? Wir werden gezüchtet, wachsen heran und sind g e zwungen, auf die gleiche unnatürliche Weise zu leben, und auch wir lassen nach. Jedes Jahr entstehen neue Krankheiten und verheeren uns wie eine
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