Science Fiction Almanach 1981
die Augen. Ich fragte ihn zärtlich, ob er sich aus seiner Ohnmacht erholt habe.
„Ohnmacht?“ fragte er verblüfft. „Ich, Ohnmacht? Laß dich belehren. Ich habe mich lediglich nach unseren A n strengungen ausgeruht.“ Mit diesen Worten stand er schwankend auf.
Noch einen Augenblick später hörten wir die Stimme der Hexe, die uns von ihrer Hütte her aufforderte, zu ihr zurüc k zukehren. In ihrer Stimme klang eine gewisse Vorfreude mit. Als sie keine Antwort erhielt, erschien sie bald darauf mit ihrer grünen Lampe in der Hand auf der anderen Seite des Abgrunds. Als sie sah, daß wir noch am Leben waren, glänzte ihr Gesicht vor Freude, und sie winkte uns mit gl ü henden Augen zu.
„Schöne Dame“, sagte ich, „wir sind leider nicht mehr in der Lage, Euch in der interessanten Art für Eure Dienste zu bezahlen, die Ihr angedeutet habt.“
„Kommt, kommt“, sagte sie, „nur nicht so schüchtern. Ich habe mich mit dem besten Krötenfett auf dem Markt eing e rieben, was, wie ihr zugeben werdet, eine äußerst stimuli e rende Salbe ist.“
„O schönste Dame“, beharrte ich, „obwohl wir mit dem Leben davongekommen sind, hat uns jeder der Statuengötter bei seinem Fall zu einer entsetzlichen Krankheit verflucht, die auch der machtvollste Zauberer nicht von uns nehmen kann.“
„So ist es“, fügte Nazarn mit bestimmter Stimme hinzu.
Die Hexe runzelte die Stirn.
„Dreizehn Krankheiten? Bitte zählt sie auf.“
„Zittern“, sagte ich, „Schütteln und Kratzen.“
„Schwindel“, sagte Narzan schwankend, „Zipperlein, Würgen, Schwachsinn.“
„Ah …“ unterbrach die Hexe.
„Taubheit“, fuhr ich mit fester Stimme fort, „Kurzsichti g keit.“
„Kopfweh“, fiel Nazarn noch ein, „Läuse, Mäuse.“
„Und“, führte ich die Aufzählung zu Ende, „schlimmer als alles andere: völlige Impotenz.“
Die Hexe sprang mit einem Wutschrei zurück.
„Werft mir sofort meine Gnixenfedern herüber und macht euch davon. Soll ich meine Zeit mit Kastraten verschwe n den?“
Wir warfen die Federn hinüber, die Hexe nahm sie wieder an sich, drehte sich auf einem Fuß voller Hühneraugen he r um, verschwand in ihrer Hütte und warf die Tür hinter sich zu, die daraufhin abfiel.
Als wir dort in den Bergen in der Dunkelheit kauerten, machte Nazarn, dessen Kraft zurückgekehrt war, meine Pe r son betreffend bestimmte Entdeckungen, die ihn überrasc h ten, aber nicht notwendigerweise sein Mißfallen erregten. Nachdem auch diese A ngelegenheiten zur allseitigen Z u friedenheit zu ihrem Abschluß gebracht worden waren, fra g te er mich endlich nach meinem Namen.
„Mein Name ist Wahrheit“, sagte ich. Er nickte ernst und sprach höflich von anderen Dingen.
Joan C. Holly
Versuchskaninchen
Nachdem er zwei Wochen hindurch vierundzwanzig Stu n den am Tag gekämpft und sich gequält hatte, war Dai e r schöpft. Und außer ihm waren es alle anderen, die unter se i ner Leitung in dem ausgedehnten Laboratorium arbeiteten. Erschöpft und verzweifelt, weil der schreckliche Kampf vergeblich gewesen war.
Er stand vor dem Käfig, die Hände in das Drahtgeflecht gekrallt, als ob er der Gefangene wäre, und er stellte fest, daß er jetzt Mitleid mit diesem Wesen hatte; daß er es liebte und daß keine professionelle Objektivität mehr vorhanden war, um ihn zur Vernunft zu bringen. Es war ein Privileg, dieses Wesen zu kennen, es zu berühren, neben ihm zu ex i stieren, und niemals zuvor hatte er sich diese Dinge überlegt. Es war kein bloßer Gegenstand mehr, es war ein Leben.
Sue Haymes, seine Chefassistentin, stellte sich neben ihn, vor Übermüdung hatte sie schwarze Ringe unter den Augen. „Wie geht es ihr?“ fragte sie, ohne daß es nötig war.
Dai schüttelte nur den Kopf.
Sie löste seine Finger aus dem Draht und führte ihn weg von jener Kreatur, die er beobachtet hatte. „Sie können nicht den ganzen Tag hier stehenbleiben, Doktor.“
Er rieb sich mit einer müden Hand über die Stirn und sa g te, seltsam betont: „Ich glaube, ich muß hierbleiben. Dies ist eine folgenschwere Sache, und ich glaube, daß ich warten muß, bis alles vorbei ist.“ Er richtete sich auf, so gut er konnte, und er war sich dessen bewußt, daß seine Schultern vor Ermüdung eingefallen waren. Vierzig Jahre war er alt, und in bester körperlicher Verfassung, aber er kam sich vor wie neunzig. „Gehen Sie wieder an Ihre Arbeit und machen sich um mich keine Sorgen.“
„Was für eine Arbeit?“ fragte
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