Science Fiction Almanach 1981
Rechteck, darin einen gelben Di a manten und einen blauen Kreis, durchsetzt mit Sternen. Ein Band mit Schriftzeichen wölbte sich über dem Himmel. „Aber das …“ – er deutete auf das Rechteck – „… ist die brasilianische Flagge!“
„Was ist Brasilien?“
„Ein Ort. Ein Land.“
„Wo? Hinter den Bergen? Ist es etwas Ähnliches wie die Domäne des Bürgermeisters?“
„Keine Ahnung.“ Er runzelte die Stirn. „Das ist alles, an das ich mich erinnern kann. Aber die Worte Ordern e Progresso bedeuten ‚Ordnung und Fortschritt’ … glaube ich. Brasilianisch muß die andere Sprache sein, die ich spreche – was auch immer mir das Gutes bringen mag.“ Er stand auf.
Hund kam zu ihnen gelaufen, etwas Großes, Braunes im Maul. Amanda schnitt eine Grimasse. „Hund! Du sollst mir nicht diese Kadaver bringen …“
„Nein, warten Sie, es ist kein Tier. Komm her, Hund! Bring es mir, guter Junge …“ Der Fremde streckte eine Hand aus, und Hund kam gehorsam zu ihm, sein Schwanz wedelte. Sie fragte sich, ob er einen Außenseiterkumpel i n stinktiv erkannte oder warum er sonst dieser fremden Person sein Vertrauen schenken mochte. „Sieht aus wie ein Hut …“ Der Fremde nahm ihn aus Hunds gewaltigen Kiefern und tätschelte dankbar seinen Rücken. Hund lächelte hechelnd. „Kann er aus dieser Gegend stammen?“
Amanda besah sich die alte lederne Kopfbedeckung mit der weiten, schlappen Krempe und schüttelte den Kopf.
Er drehte ihn in seinen Händen. „Das muß meiner sein“, sagte er und sah hinein. Er hielt den Atem an. „,Cristovão Hoffmann’“, sagte er leise. „Cristovão Hoffmann … ich bin Cristovão Hoffmann!“
„Erinnert Ihr Euch …?“
„Nein.“ Er zog die Mundwinkel herab. „Nein, ich erinn e re mich nicht! Zur Hölle, soviel ich weiß, ist Cristovão Hoffmann der Mann, der den Hut gemacht hat!“ Verzweifelt sah er zu ihr zurück und setzte den Hut auf seinen Kopfve r band; er fiel herunter. „Aber das macht nichts … ich werde Cristovão Hoffmann sein, das ist nicht das Schlechteste. Ich muß ja schließlich irgend jemand sein. Christus, vielleicht habe ich den Hut gemacht.“ Er ging durch das Feld zum Herzen der Trümmerstelle, dem rußigen Skelett des fliege n den Schiffes. Sie hob seinen Hut auf und begann, ihn mit Weizen zu füllen. Als sie den zerschmetterten Rumpf des fliegenden Schiffes erreichte, fand sie ihn besinnungslos im Gras liegend.
Wolken umfingen ihn wie sanfte Schwingen, als er das Wrack erreichte, rissen ihn heraus aus der Traumwelt seiner wachen Realität, zurück in die Realität seiner Träume. Er wählte eine Pforte, die Wolken verwehten, er flog …
Hoffmann folgte dem gewundenen, braungrünen Band des Flusses durch das Gebirge, er sah hinab auf die so n nenbeschienene Öde, die nur von gelegentlichen, skelet t ähnlichen Sträuchern unterbrochen wurde, die Wüste, die sich bis zum See erstreckte. „Wenn jemand verrückt genug ist, hier zu leben, dann muß er vernünftig genug sein, in der Nähe des Wassers zu bleiben …“ Zu beiden Seiten, so weit er sehen konnte, durchzog ein dünnes Gitter die Ei n samkeit. Gelegentlich sah er blendende Weiße flackern, wenn das Sonnenlicht von Metall oder Glas reflektiert wurde. Dies war das Los-Angeles-Becken: Hunderte von Quadratmeilen ausbeutbarer Bodenschätze … Aluminium, Stahl und Eisen, Kupfer, Wolfram, seltene Erden … all die Reichtümer einer wohlwollenden Natur; sie warteten ger a dezu auf Entdeckung und Ausbeutung. Sie warteten auf ihn. Warteten auf ihn … Sein Körper prickelte unter der Vorfreude. Morgen würde er mit seinen Erkundungen b e ginnen.
Doch mit einem hoffnungslosen Mangel an einem Ro h stoff – fossilem Brennstoff – konnte man niemals Nutzen aus dem erkundeten Gebiet ziehen, wenn es nicht eine Gruppe lokaler Arbeiter gab, die jene Arbeit verrichteten, die Maschinen nicht verrichten konnten. Er wußte, daß sich kleine Dörfer und Kolonien nordwärts vom südamerikan i schen Kontinent die Küste entlang erstreckten, vollkommen von der Welt abgeschnitten, von gelegentlichen, höchst se l tenen Zusammentreffen mit der brasilianischen Hegemonie einmal abgesehen. Heute würde er nach diesen suchen. Wenn es eine nennenswerte Agrikultur gab, konnten die Spezialisten sie ebenso wie die lokale Population steigern, und sogar importierte Arbeitskräfte konnten zur Arbeit in den zerstörten, möglicherweise radioaktiv verseuchten Ru i nen herangezogen werden. Die Leute würden
Weitere Kostenlose Bücher