Science Fiction Almanach 1981
mußte er mich doch hassen! Aber ich haßte ihn sicher doppelt so stark. Ich verfluchte ihn. Und abgesehen von allem anderen hatte er auch noch Kyla be i nahe zu Tode erschreckt!
Als ich sie so nahe vor mir knien sah, kam mir plötzlich der Einfall, auf welche Weise ich diesen kalten Fisch von einem Allison aus mir vertreiben und winselnd in die tie f sten Tiefen der Hölle zurückjagen konnte. Er war ein Mensch, der alles haßte – ausgenommen die kalte Welt, die er sich im Laufe seines Lebens selbst zurechtgezimmert ha t te. Kyla schaute zu mir auf. Ihr Gesicht erschien mir weich und schien gleichzeitig eine Bitte und Entschlossenheit au s zudrücken. Ich streckte meine Arme nach ihr aus, zog sie an mich und küßte sie wild. „Könnte dies ein Gespenst tun?“ fragte ich. „Oder das?“
„Nein – oh, nein“, flüsterte sie und hob die Arme, um sie um meinen Hals zu legen. Als ich sie auf das süß duftende Moos zog, das dem Raum als Teppich diente, spürte ich, wie das dunkle Ebenbild Jay Allisons zerfloß, verwehte und sich auflöste.
Regis hatte recht gehabt. Es war die einzige Möglichkeit gewesen.
Der Waldläufer, den man den Alten nannte, war in Wir k lichkeit überhaupt nicht alt. Sein Titel beruhte auf rein z e remoniellen Gründen. Er war sogar jung, nicht viel älter als ich, aber er besaß das sichere Auftreten, die Erhabenheit und den gleichen eigenartigen, undefinierbaren Charakter, der mir schon an Regis Hastur aufgefallen war. Sie strahlten etwas aus, das dem Terranischen Imperium meiner Meinung nach während seiner Ausbreitung von einem Stern zum a n deren verlorengegangen ist: das Gefühl, seinen eigenen Platz im Universum zu kennen, und eine Würde, die keiner b e sonderen Betonung bedurfte, weil sie niemals in Frage g e stellt worden war.
Wie alle Waldläufer hatte auch dieser ein fliehendes Kinn und läppchenlose Ohren, und sein starkbehaarter Körper wirkte kaum weniger menschlich als die unserigen. Da die Waldläufer über ein ausgezeichnetes Gehör verfügen, sprach er sehr leise, und ich mußte mich einerseits anstrengen, ihn zu verstehen, und andererseits darauf achten, selbst nicht zu laut zu werden.
Er reichte mir seine Hand, und ich beugte den Kopf und murmelte: „Ich unterwerfe mich dir, Alter.“
„Das brauchst du nicht“, erwiderte er mit freundlich zwi t schernder Stimme. „Nimm Platz, mein Sohn. Du bist wil l kommen bei uns, aber ich habe das Gefühl, als hättest du das Vertrauen, das wir in dich setzten, enttäuscht. Wir brachten dich zu deinen Leuten zurück, weil wir der Ansicht waren, es würde dich glücklicher machen, wieder unter deinesgle i chen zu sein. Haben wir dir während all der Jahre so wenig Freundlichkeit entgegengebracht, daß du nun mit bewaffn e ten Männern zurückkehrst?“
Der fragende Blick seiner roten Augen war kein günstiges Vorzeichen für einen Anfang. Hilflos sagte ich: „Meine B e gleiter sind nicht bewaffnet, Alter. Eine Gruppe derjenigen, die die Städte nicht betreten dürfen, überfiel uns, und wir mußten uns verteidigen. Ich bin nur deshalb mit so vielen Leuten gekommen, weil ich mich davor fürchtete, allein die Pässe zu durchqueren.“
„Aber erklärt das, warum du überhaupt zurückgekehrt bist?“ Sein Vorwurf war verständlich.
„Wir sind als Bittsteller gekommen, Alter“, erwiderte ich schließlich. „Mein Volk appelliert an das deine in der Hof f nung, daß es sich …“ Ich hatte als so menschlich sagen wo l len, hielt jedoch inne und fuhr fort: „… uns gegenüber ebe n so freundlich verhalten wird, wie es sich einst mir gegenüber zeigte.“
Sein Gesicht blieb undurchdringlich. „Was erbittet ihr?“
Ich erklärte es ihm. Ich setzte es ihm unbeholfen, sto t ternd und nach den richtigen Ausdrücken suchend auseina n der und wußte gleichzeitig, daß es für die meisten der von mir benutzten Wörter in seiner Sprache keine Entsprechu n gen gab. Er hörte mir zu und stellte hin und wieder eine ei n dringliche Frage. Als ich das Angebot des terranischen L e gaten, die Waldläufer fortan als eigenständige und unabhä n gige Nation anzuerkennen, erwähnte, runzelte er die Stirn und unterbrach mich.
„Das Himmelsvolk hat mit den Terranern nichts zu scha f fen. Es ist ihm gleich, ob die Terraner es anerkennen oder nicht.“
Auf diese Feststellung fiel mir keine Antwort ein, und der Alte fuhr freundlich, aber unnachgiebig fort: „Es berührt uns allerdings, daß das Fieber, das für uns nur eine Kinde r
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