Science Fiction Almanach 1982
Präzision seiner Erinnerung.
Die in Augenblicke zerlegten Situationen folgten einander in der lähmenden Exaktheit oft gesehener Filme.
„Verdammt –“, sagte er laut. „Es wird Zeit, daß ich wieder auf die Station komme.“
Er tastete nervös nach der Zigarettenschachtel.
Das Knacken des Streichholzes zerriß den Faden der Erinnerung.
Ja, und nicht lange danach kam Satch wieder zu mir auf die Station, und es wurde Frühling auf Thor. Die Karchas brachen auf und blühten.
Und dann, eines Tages, es war ein Regentag, ich stand am Fenster und schaute ins Tal hinunter, da sah ich sie kommen. Es waren Eingeborene, sieben Mann.
„Satch, wir kriegen Besuch“, rief ich in die Küche …
Aber das erzählte ich ja schon.
Friedrich Freksa
Das Land der Normalmenschen
Als der Staatsanwalt Knüfelbein das Haus des christlichen Kommerzienrates verließ, schloß sich ihm der Dr. Palamedes Sakuska aus Paraguay an. Beide Herren hatten sich in ein Gespräch über die moralische Gesetzmäßigkeit der Menschennatur vertieft, und der Fremde nahm einen so lebhaften Anteil an den Anschauungen Knüfelbeins, daß er diesen aufforderte, mit ihm in seiner Wohnung bei einer südamerikanischen Importe weiterzuplaudern.
An diesem Tage hatte der Staatsanwalt Knüfelbein einen seiner größten Siege zugunsten der Moral und der Volkshygiene erfochten. Er hatte einem auf die „niedrigen Triebe der Menschennatur spekulierenden Kunsthändler“ und seinem Werkzeuge, einem durch die „entnervende Atelierluft herabgekommenen Malerkopisten“ das Handwerk gelegt. Wie ein reinigendes Gewitter war sein Plädoyer in den Sumpf der Entartung eingeschlagen. Wie der volkserrettende Wodan hatte er seinen gewaltigen blonden Bart gestrichen, als er es schlagend nachwies, wie dieser Sebastian am Marterpfahl, nach Sodoma, die Männer zum Masochismus und die Frauen zum Sadismus aufreizen müßte und also die Seele des deutschen Volkes in schwerste Gefahr geriete. Jedes Sachverständigenurteil hatte er abgelehnt und an die moralische Urteilskraft der Bauerngeschworenen appelliert. Um zu beurteilen, ob ein nackter Kerl gemein sei, brauche man nicht Sachverständige zu fragen, nur sein eigenes natürliches Schamgefühl. Klipp und klar wäre der Fall; der Normalmensch stelle sich nicht nackt in die Sonne und lasse sich von Pfeilen die Haut durchbohren, und noch weniger fände der Normalmensch an solchen exzentrischen Akten Gefallen. Und die Geschworenen hatten ihre Pflicht getan, hatten das deutsche Volk gegen solchen welschen Schmutz immunisiert, und Maler und Kunsthändler acht Monate eingesperrt und unschädlich gemacht, die Nation für diese Zeit weiter zu verderben.
Wie ein Held war an diesem Tage Knüfelbein bei dem christlichen Kommerzienrate gefeiert worden, der es so gern gesehen hätte, wenn der starke blonde Teutone ihn um die Hand seiner Tochter Gertrud gebeten hätte, um mit ihr einen deutschen Haushalt zu gründen. Allein Knüfelbein hatte seiner schweren germanischen Seele diesen Entschluß noch nicht abringen können.
„Würde es Sie interessieren“, fragte Dr. Palamedes Sakuska, als beide Herren in dem amerikanisch nüchtern eingerichteten Arbeitszimmer in Klubsesseln lagen, „würde es Sie interessieren, ein Staatswesen kennenzulernen, in dem Ihre Idee des Normalmenschen ihre höchste Ausbildung erreicht hat, wo gewissermaßen alle Bürger Normalmenschen sind?“
„Freilich, freilich“, antwortete Knüfelbein sehr überrascht über die Wendung des Gesprächs.
„Sie werden wissen“, begann Dr. Palamedes, „daß mein Vaterland Paraguay seiner Zeit unter Herrschaft der Väter Jesu stand. In der Provinz Yayaweita nun hat sich ein Teil dieses Staatswesens bis auf den heutigen Tag erhalten. Wie Sie wissen, hatten die Jesuiten alles normiert. Jede Mahlzeit, jedes Vergnügen, jede Stunde des Schlafes war durch Gesetze geregelt. Jeden Morgen um Punkt acht Uhr läutete die Ehestandsglocke, die die Bürger daran mahnte für die Vermehrung der Staatsbürger Sorge zu tragen!“ – –
Begeistert stand Knüfelbein auf. „Wirklich!“ rief er, „da mußten ja alle Vorbedingungen zu einem normierten Staatsleben vorhanden sein!“
Palamedes Sakuska nickte: „Sie können dieses eigenartige Leben binnen 24 Stunden kennenlernen!“
„Wie meinen Sie das: binnen 24 Stunden?“
„Wörtlich. Ich stehe mit meinem Lande in ständiger telepsychischer Verbindung.“ Und Palamedes Sakuska ließ den Jalousieverschluß eines Möbels
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