Science Fiction Almanach 1982
Sterzinger
Der Edison der Tierwelt
Ich war Reporter für die Tagesausgabe des großen Stundenblattes: „Die Stunde“.
Als solchem war mir ein Besuch bei Satan Butterblank, dem großen kalifornischen Tierzüchter, gestattet worden. Wie alle großen Amerikaner hatte auch er sich aus kleinen Anfangen emporgeschwungen. Ursprünglich Abdecker, hatte er sich, angeregt durch seinen Landsmann Luther Burbank, der die kernlose Pflaume und andere Merkwürdigkeiten gezüchtet hat, als solcher viel mit verwandten zoologischen Versuchen beschäftigt und eine Hunderasse zustande gebracht, welche um den Hals eine wulstige Hundeketten-Rinne trug, so daß ein Verlieren der Kette und der Marke von da ab ausgeschlossen war. Dadurch war es ihm gelungen, die Aufmerksamkeit und Unterstützung des großen Menschen- und Tierwohltäters Carnegie zu erhalten, bevor dieser noch sein ganzes ungeheures Vermögen zu Prämien für das Einfangen vom Winde fortgewehter Hüte verschenkt hatte. Als ich vor seiner Farm angelangt war, staunte ich über die ungeheure Größe seines Besitztums. Die Umfassungsmauern schienen wie mit wieselartiger Geschwindigkeit in die Ferne zu laufen und dennoch kein Endziel zu erreichen. Das Portal aber stellte einen riesenhaften Plesiosaurus und ein ebenso riesenhaftes Kamel dar, die sich als Symbol der alten und der neuen Zeit in der Höhe mit einem innigen Bruderkusse vereinigten. Die Tür öffnete sich von selbst und schloß sich nach meinem Eintritt wieder hermetisch. Eine Art Läutewerk ertönte und rief mir zu:
„Bitte ablegen, drittes Zimmer rechts!“ Als ich dort eingetreten war, ging mir Satan Butterblank sofort entgegen und begrüßte mich auf das herzlichste. Fast wäre ich dabei über einige merkwürdig lange braune Würste gestolpert, die sich heiser kläffend im Zimmer herumwälzten. „Sie machen gleich schon Bekanntschaft mit meinen Schöpfungen!“ lachte Butterblank. „Das sind meine sechsbeinigen Dackel. Sie haben sicher schon einzelne dieser Tiere gesehen, deren Leib so lang war wie eine 10-Mark-Wurst. Ich wählte immer die längeren aus, schließlich berührten die mittleren Zitzen eines Weibchens den Boden, sie verhärteten sich, verloren ihre ursprüngliche Funktion und wurden zu Füßen. Die ließen sich dann leicht auf die Männchen fortpflanzen und das Ergebnis sehen Sie hier. Es ist eigentlich mehr eine Spielerei, aber kommen Sie, Sie werden schon wertvollere Schöpfungen zu sehen bekommen“, und führte mich in seine Gärten.
Auf den Wiesen hinter dem Hause weidete eine Herde Rinder, deren ganzer Leib mit großen, grauen, hornartigen Schuppen bedeckt war. „Das sind unsere Panzerochsen“, sagte Butterblank, „denen als Zugvieh für unsere Armee eine große Zukunft bevorsteht. Ich war einmal einen Sommer in Tirol und erblickte dort sehr viele Kühe, deren Füße und Lenden ganz mit großen und dicken Schuppen bedeckt waren; durch Veredelung dieser Eigenschaft und deren Ausdehnung über den ganzen Körper gelang es mir dann, diese kugelsichere Rasse hervorzubringen.“
„Was haben denn deren Wärterinnen für glänzenden Schmuck in ihren Haaren?“
„Das ist gleichfalls ein Produkt, dessen Stammland Österreich ist. Das sind die Diamantenläuse. Sie entstanden durch Kreuzung der gemeinen Kopfläuse mit einer bestimmten Art von Schildläusen. Die slawischen Völker des Südens und Ostens Europas sind meine besten Kunden. Der König Nikita selbst – Sie sehen“, unterbrach er sich, „man kann das Angenehme nicht nur mit dem Nützlichen, sondern auch mit dem Unangenehmen verbinden.“
Einige Hunde liefen an uns vorüber. „Das sind aber doch gewöhnliche Hunde“, bemerkte ich.
„O nein!“ erwiderte Butterblank, „das ist der canis acactilis, der exkrementenlose Hund. Es ist mir durch meine Studien gelungen, den Chemismus der Eingeweide des Hundes derart zu verändern, daß die Ausscheidungsprodukte gasförmiger Natur sind. Ein ähnliches Problem beschäftigte mich auch bei einem anderen Tier“, fuhr er fort, „die Pferde, die dort grasen, sind das Apfelpferd, equus deferens malum. Dessen Dejekte sind wirkliche Äpfel.“
Ich drückte ihm mein ungeteiltes Erstaunen aus, er aber lächelte nur und führte mich weiter.
So zeigte er mir, jedes in dem erforderlichen Landschaftsmilieu, den fliegenden Polizeihund und das Briefkasten- oder Postbeutel-Känguruh, dessen Zucht von der österreichischen Postverwaltung zur Minderung des deutsch-tschechischen Sprachenstreites
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