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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Seine Umgebung schien noch die alte; aber die Höhle kam ihm jetzt wieder heller und geräumiger vor. Er schritt durch den langen Gang – –
    Aber schon stockte sein Fuß –
    Diese Kalkwand hatte sein Blick bisher noch nie gesehen!
    Seltsame Linien entdeckte sein forschendes Auge, in launischen Krümmungen und Verschlingungen in die Kalkwand geritzt und mit Ocker gefärbt.
    Unwillkürlich trat er zurück an die gegenüberliegende Seite, um die seltsamen Kritzeleien besser übersehen zu können.
    Was sah er? – Er schüttelte ungläubig den Kopf, rieb sich die Augen und schaute wieder.
    Diese scheinbar sinnlosen Linien setzten sich zu scharfumrissenen Bildern zusammen. Und diese rohen Zeichnungen stellten im Umriß vorzeitliche Tiere in lebendiger Naturtreue mit allen ihren charakteristischen Kennzeichen dar: das Mammut mit seinen langen Stoßzähnen und seiner dichten Behaarung, das Rentier im Kampf mit einem Nebenbuhler um ein Weibchen u. a.
    Mit grenzenlosem Erstaunen betrachtete Pierre diese uralten Zeugnisse menschlicher Kunst und Beobachtungsgabe. Er bedauerte, daß er kein Notizbuch bei sich führte, um eine Skizze dieser Naturdarstellungen festzuhalten.
    Wie aber wuchs sein Erstaunen, als er auf einer der am frischesten erhaltenen Zeichnungen sich selbst erblickte, sicher und treu skizziert in seinem Kampf mit dem Höhlenbären!
    Denn das war er zweifellos: das war sein kurzgeschorener Kopf und sein scharfgeschnittenes Profil, sogar die Kleidung, die von der Fellumhüllung der Wilden so ganz abwich, war unverkennbar angedeutet. Hinter ihm stand auf dem Bild sein Retter, in der Rechten den erhobenen Wurfspeer. Pierre stand in schweigender Verwunderung. Diese Bilderschrift war für ihn eine Urkunde, aus der er erfuhr, daß nicht alle von seinen damaligen Begleitern dem Überfall zum Opfer gefallen, daß sich einige gerettet – – und daß man ihn und sein Erscheinen unter ihnen für wert erachtet hatte, an der Steinwand verewigt zu werden.
    Aber – – die Zeichnung stellte ein Geschehnis dar, das nur die Erinnerung festhalten konnte; das Bild war jünger als Pierres Abenteuer mit dem Höhlenbären!
    Das aber bedeutete für ihn, daß ihn die Maschine auf ihrer letzten Fahrt nicht weiter zurück in die Vergangenheit – – sondern vorwärts getragen hatte!
    Vorwärts! Aber – da lag ja die Zukunft, die für ihn noch lebendige, beglückende Gegenwart war! Da stand ja die liebe, vertraute Heimat und das kleine Haus am Hügel, wo zwei Herzen um ihn bangten, wo alte und junge Augen um ihn weinten.
    Im nächsten Augenblick schon saß er wieder im Sattel der Maschine und drückte den neuentdeckten Hebel zurück – –
    Das alte Spiel begann; – – aber es trug ihn ja vorwärts, immer vorwärts! Sein Auge fiel wieder auf die Zifferblätter. Wenn er doch die Sprache dieser stummen Reisebegleiter richtig deuten lernte!
    Wenn er annahm, daß jede Ziffer auf dem vierten (letzten) Blatt einen Tag bedeutete, so verzeichnete das dritte mit jeder Ziffer je tausend Tage. Pierre steigerte die Geschwindigkeit der Maschine, daß der Zeiger auf dem letzten Blatt nur noch wie ein herumlaufender Schatten zu sehen war, aber der Zeiger des dritten deutlich wahrnehmbar von Ziffer zu Ziffer sprang.
    Als der dritte Zeiger einmal seine Runde vollendet hatte, sprang auch der des zweiten Zifferblattes um eine Ziffer; er notierte also damit eine Million Tage. – Auch das erste Zifferblatt trug die Ziffern 1-1000; aber sein Zeiger stand unbeweglich. Pierre hielt einen Augenblick an, um alle vier Zeigerstellungen ablesen zu können:
    0 … 3 … 649 … 975, das ergab also – – seine Annahme als richtig vorausgesetzt – – die Summe von 3 649 975 Tagen oder rund 10 000 Jahre!
    10 000 Jahre! Aber – – von welchem Zeitpunkt gezählt? Das erst hätte den Zahlen den Wert chronometrischer Angaben gegeben – und dazu hätte Pierre beim Beginn seiner unfreiwilligen Reise genaue Ablesungen machen müssen. – Auf die Messung der Zeit durch die Ziffern konnte er sich also nicht verlassen.
    Und aufs neue drehte Pierre den Hebel – –
    Ihm fiel ein, daß die großen geschichtlichen Epochen alle noch vor ihm lagen: die Zeit der Pfahlbauer – – die Bronzezeit – – die Römerzeit – – die Zeit der Völkerwanderung usw. bis in die letzten geschichtlichen Zeiten hinein – – und er steigerte die Geschwindigkeit noch mehr.
    Aber plötzlich überfiel ihn siedendheiß eine wahnsinnige Angst, die ihn die in rasender Hast

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