Science Fiction Almanach 1982
Langsam, unerbittlich wird der Meeresgrund gehoben. Das meereigene Leben, das alle Maschinen, die die Grauen je erschreiten und nicht erschreiten können, in seinen Geschöpfen furchtbar, spielerisch, überströmend nebenbei in sich trägt, wird zugeschüttet, erdrückt, zerrissen. Der Boden wächst, rieselt weiter, steigt mehr und mehr an die Oberfläche und schickt sich an, willenlos gemacht, Kontinent, Feld, Planwirtschaft im Sinne der Grauen zu werden.
Das Meer tobt. Es reckt sich und faucht Wasserberge des Zornes aus. Es rafft sich zum Sprung zusammen und fallt über die Küsten und über die unheimlichen, aufwachsenden Felderinseln mitten in der Flut her. Materialzüge werden eingesäuft und angerostet, Maschinen in ihrem nickenden Kippen und breitmäuligen, lachenden Ausspeien erfaßt und umgestürzt.
Aber die Grauen sind nicht unter der bestraften, errafften Beute. Sie gleiten auf ihren Einmannwagen zurück. Sie haben ihren Arbeitsplatz weit ab vom Küstenkampfplatz, lenken fern nach den Wellenanordnungen der Techniker. So werden nur wenige Opfer unter den Grauen vom empörten Meer im Sprung errafft, gerollt und zu Metallbrei zerschleudert.
Dann aber kommen die Gegenstöße der Grauen durch die Luft. Öl wird herabgedrückt und über den Aufruhr des Meeres geblasen, geträufelt, zerstäubt.
Die Grauen haben dem Schiefer das Blut abgepreßt. Der Schiefer spricht: „Dies verfluchte Geschlecht läßt selbst dem Stein nicht das Leben! Erst jetzt sterbe ich, ein durchlöcherter Schwamm, ein markloses, entmanntes Stück!“
Die Grauen hören keine andere Sprache außer ihrem eigenen Bellen und Rasseln. Sie nehmen dem Schiefer das Öl, pumpen es in Leitungen, in Zerblasemaschinen und berieseln den Zorn des Meeres.
Das Öl spricht zum Meer: „Es nutzt nichts, große Schwester! Das Harte ist gekommen und zwingt uns, gegeneinander zu sein. Wir werden müde. Wir werden müde werden müssen! Man muß ruhig werden. Die beste Ruhe ist das Verwehen, das Zerstäuben, das Aufgesaugtwerden vom Nichts …“
Das Meer stutzt und duckt sich. Es zieht sich zurück und lauscht. Da kommen die langen Glutbleche heran und verdampfen den Gischt.
Platte um Platte dünnen Metalls schiebt sich aus einer Metallschicht, immer dünner, weit nach vorn, wird von elektrischen Strömen glühend gemacht und saugt in seinem unerträglichen Durst das bedrängte Feuchte ein. Die Bleche dampfen und zischen befriedigt, atmend, gekühlt. Aber immer neue Glut wird durch sie gejagt. Von neuem trinken sie das Feuchte, lechzend, dampfblasend. Durch die höhere Luft kommen Greifer gefahren. Sie haben Saugnäpfe, in viele Prismen zusammengespitzte Metallspiegel an ihren Köpfen, werden elektrisch geladen, durch künstliches Licht angestrahlt und werfen doppelte einschlürfende Glut auf das sich verzweifelt wehrende Meer. Glut trinkt, Öl überredet mit qualvoller Ruhe. Das Meer zuckt, windet sich, eingeschnürt, zerrissenen Leibes, von fremder Haut bedeckt.
Das Herz des Meeres schlägt in Zorn, in Angst. Das Meer ruft die untermeerischen feuerspeienden Berge auf. Sie schlafen schon lange. Viele haben vergessen, daß sie einmal Glut atmeten. Zuweilen träumen sie von ihrer Kraft und stoßen im Schlaf Schwefelquellen aus, oder sie atmen beruhigteres Feuer und wärmere Strömungen.
Nun ruft sie das Meer in seiner letzten Not. Sie erwachen und öffnen die Krater. Manche sind im Schlaf verdorrt und tot geworden. Aber es steigt genug Feuer empor. Die Tiefen dröhnen. Der Boden bebt mitten im Meer. Springfluten, die Hunde der Riesen, jagen an die Küsten. Neue Felder werden von ihren Pfoten zerkratzt.
Aber es bleiben viele Felder ungerissen. Die Krater atmen sich aus. Ihre Lungen zerreißen. Zerplatzte Gebirge füllen den Seegrund. Das Meer kocht und dampft auch an seinem Fuß, denn das flüssige Metallfeuer aus dem unteren Innern kommt hoch, breitet sich aus und erstarrt an der Flut. Geschleuderte Blöcke, zerblasen, irren als Gesteinsstaub auf der Fläche, werden eingefangen und Boden für Felder.
Das Meer ballt sich zusammen zum letzten Wurf. Ein blauendes Gebirge von Meer wirft sich weit hinaus über das Land. Tausende von Grauen werden zerrissen, zugedeckt, eingewassert, zucken, liegen still …
Doch das Meer hat sich übernommen. Es muß zurück, in Teichen und Rinnsälen verblutend …
Die Grauen haben eine furchtbare Tiefschlafschicht der Erschöpfung. Ihre Maschinen rauchen. Die Techniker zucken. Aber die Hälfte des Meeres ist
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