Science Fiction Almanach 1983
Jungjäger zu tun sei.
Er wollte ihm noch eine Chance geben. Aber nur eine.
4
Nach der Zeremonie versuchte Tarak rasch zu verschwinden. Er wollte sich einen Platz neben Malia sichern, da es gleich ans gemeinsame Abendessen ging. Doch Bernar hatte ihn nicht aus den Augen verloren.
„Tarak!“
Der Ruf war ein Befehl, und eine winkende Hand bedeutete ihm, dem Oberpriester zu folgen.
Die Rindenschachtel vorsichtig tragend betrat Bernar die Hütte der Verehrung. Tarak war draußen stehengeblieben, doch der Ältere zog ihn hinein, nachdem er die Schachtel vorsichtig auf dem Tisch im Innern abgestellt hatte.
„Tarak, ich mache mir Sorgen um dich“, begann der Oberpriester.
Tarak sah ihn nur stumm an; in seinen Augen glomm Auflehnung, die trotz des schummrigen Lichts, das von einer Kiefernfackel herrührte, erkennbar war.
Bernar ließ sich nicht beirren.
„Wenn ich dich so sehe, dann muß ich an den unglücklichen Jew denken …“
Tarak durchzuckte es wie ein Stich. Nein, wie Jew wollte er nicht enden. Er dachte an Malia, dann blickte er Bernar offen an.
„Was betrübt dich, Bernar?“
„Erzähl mir etwas über das Objekt der Verehrung“, forderte der Oberpriester den Jungjäger auf.
„Nun“, Tarak fühlte sich überrumpelt, darauf war er gewiß nicht vorbereitet. „Jahrhunderte nach der Katastrophe fanden Jäger des Stammes der Hundskrieger in einer Höhle eine Metallkassette. Darin waren Druckschriften, die über den Großen R erzählten. Bis dahin war den Stämmen der Ebene nichts von dem Großen R bekannt gewesen. Nun wurden die Fundstücke gesichtet und schließlich auf die einzelnen Stämme verteilt. Doch bei der Verteilung kam es zum Streit; seitdem gibt es zwar noch den Großen Rat, doch der ist nur noch für die religiösen Belange zuständig. Sonst herrscht Krieg auf der Steppe.“
Bernar nickte beifällig zu Taraks Darstellung.
„Einiges hast du aus der ‚kleinen Unterweisung’ richtig behalten, aber natürlich ging das mit der Auswertung und der Verteilung nicht so schnell. Darüber allein vergingen etwa 20 Jahre, bis sich die Weisen der Stämme über den Wahrheitsgehalt der Papiere im klaren waren.“
Der Oberpriester zeigte auf die Schachtel:
„Was, meinst du, ist da drin?“
Tarak zögerte mit der Antwort.
„Ich weiß nicht. Wenn Schriften darin sind, heilige Schriften – ich kann sie nicht lesen. Nur Priestern ist es erlaubt, diese Kunst zu erlernen.“
„So ist es. Da ich seit einiger Zeit den Eindruck habe, daß du Zweifel hegst, ob überhaupt etwas darin ist, will ich dir den Inhalt zeigen.“
Bernar öffnete den Deckel der Schachtel und erklärte:
„Vielleicht kannst du dich erinnern: In der Höhle fand man insgesamt fünfzig Schriften in jener Metallkassette; dazu noch einen Brief desjenigen, der dafür gesorgt hat, daß die Kunde vom Großen R uns erreicht hat. Es ist fast ein Wunder, daß dies alles den Feuersturm der Katastrophe überdauern konnte. Jene fünfzig Schriften sind die Aufzeichnungen der Chronisten Khascher, Cladatn, Kutma, Weweh und Kubran – die einzigen schriftlichen Dokumente aus der Zeit vor dem Untergang der alten Welt.“
Bernar entnahm der Schachtel zwei Papierstücke.
„Diese zwei Teile erhielt der Stamm der Hundskrieger. Es sind wichtige Beweisstücke für die wahre Existenz des Großen R. Dies hier ist die erste der insgesamt fünfzig Schriften; sie ist allerdings im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte immer mehr beschädigt worden. Das Papier zerfällt – auch bei den anderen Stämmen wurde das festgestellt. So ist uns nur noch dieses letzte Stück des Umschlages geblieben. Hier!“
Vorsichtig nahm Tarak den Beweis für die Existenz des Großen R in Empfang.
5
Das Bild zeigte drei Männer, die seltsam
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