Science Fiction Almanach 1983
schnellten deswegen irrsinnig in die Höhe, so war man, hatte man sich erst einen synthetischen Körper zugelegt, der Helfenden Hand geradezu peinlich ausgeliefert. Früher, als es darum ging, den Markt aufzureißen, hatte Reisz Niedrigpreise angesetzt und die Leute dazu gebracht, ihre natürlichen Körper aufzugeben. Nun stiegen die Preise für Neu wäre und Reparatur schwindelerregend an, und wer nicht mithielt, dem drohten Siechtum und Tod. So einfach wie früher war das nicht mehr, daß man sein Automobil einfach für einige Monate stillegte, bis man wieder, durch Überstunden und Schwarzarbeit, im finanziellen Aufwind stand. Wer hier paßte, den stießen die Öfen der Krematorien bald fauchend durch ihre Schornsteine aus.
Und die Konkurrenz? Der technische Stand war so hoch, die Einrichtungen so kostspielig, daß es keine Mitbewerber auf dem Markt mehr gab, die wenigen, die am Anfang mit Reisz hatten bieten wollen, waren gleich vom Markt verschwunden oder durch die künstliche Niedrigpreispolitik an der Wand zerdrückt. Einige clevere Leute hatten immerhin versucht, ins Diagnosegeschäft einzusteigen, doch hatte es dann Pannen gegeben; da war ein Kunde elektrisch geröstet worden, ein anderer wurde unabsichtlich punktiert; so lizensierte der Staat das Geschäft, und die einzige Lizenz fiel an die Helfende Hand und damit an Jerry Reisz.
6
Ich habe viel von Robert ferngehalten. Viel von der unterbewußten Propaganda, die man im Schlaf in das Bewußtsein der Menschen einsickern läßt, viel von den Tricks aus der Verzauberten Wand, die Werbespots zwischen Filmen versteckt, so schnell, daß das menschliche Auge sie nicht bewußt wahrzunehmen vermag, und viel von bestimmten Drogen, die die Menschen gefügig, und das heißt allemal kaufbereit, machen. Dennoch sind Roberts skeptische und kritische Gedanken seine eigene Leistung, ich spanne nur den Schirm über ihm auf, damit der heiße Regen ihn nicht verbrennt, halte ihm die Schutzmaske vors Gesicht, damit er nicht zuviel Opium schluckt.
Sanft, temperiert las ich ihm die Nachrichten vor, folgte ihm mit meiner Stimme auf seinem Weg vom Geborgenheitsraum zum Frischeparadies, wo sich die Dusche schäumend über ihm ergoß, zum Schlemmergarten, indem ich ein geschmacksicheres Menü bereitete, aus synthetics freilich, oder sollte ich nicht besser sagen: Gott sei Dank! Denn Robert wußte ja nicht, was die Reichen verschlangen am Mittagstisch! So wandelte er durch seine vollelektronische Komfortwohnung, und ich auf seinen Fersen und immer bereit und zur Hand.
Das Hochdruckgebiet der letzten Tage war nach Südosten gerückt, Bremen vorübergehend vom Smog-Alarm befreit, die Luftverschmutzung erreichte kaum dreißig Einheitsgrad, für Lizenz Gelb war das Auto frei, das betraf ihn auch. Robert warf, ein Glas Wasser, in dem sich Präparate zischend auflösten, in der Hand, einen schweifenden Blick über Bremen, zäh tropfte der Verkehr in den Adern der Stadt. Hier oben klang der Straßenlärm wie das Flehen eines Riesen, den sie gebunden und dann unwürdig zur Schau gestellt hatten. In kleinen Schlucken trank Robert die bittere Notwendigkeit, Resistenzpräparate gegen den gefürchteten Hautausschlag an der frischen, nein, an der freien Luft.
Sie blendeten, obligatorisch, die neue Werbung der Helfenden Hand ins Programm. Sie ist die größte Arbeitgeberin der Welt, brach alle Umsatzrekorde der Geschichte und beschäftigt in ihren Großlabors die Creme der Intelligenz.
Jerry Reisz, der geniale Geschäftsmann, hatte vor Jahrzehnten aus sieben Weltfirmen – Algenkultur, Chemie, Atom, Medizin, Elektronik, Raumfahrt, Automobil –, deren gemeinsames
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