Science Fiction Almanach 1983
Außenregionen, wo es keine automatischen Müllschlucker gab, besaßen verstärkte, federnde Beine, und die Lebensmittel- und Brauereiarbeiter wurden mit Spezialmägen versehen, damit sie nicht in Versuchung gerieten, ihre Arbeitgeber zu betrügen. Das krasseste Beispiel, so hörte man, waren wohl die Bergleute in den Gold-, Silberund Diamantenminen in Südafrika. Um der Gefahr des Diebstahls zu begegnen, wurden sie nur eingestellt, wenn sie es sich gefallen ließen, ohne natürliche Körperöffnungen zu leben, also mußten sie ihre Mahlzeiten durch künstliche, anschraubbare Trichter einnehmen und Schallwellen über verstärkende Membranen empfangen, von der Art, wie sie ihre Exkremente von sich gaben, schweigen wir besser ganz.
Diese Gedanken schossen Robert durch den Kopf, und ihn graute vor dem Gedanken an die Mittellosigkeit, die ihn zwingen konnte, solche Nachteile in Kauf zu nehmen. Gleichwohl fühlte er sich, 24 Jahre alt, noch zu jung, um sich jetzt schon von seinem natürlichen Körper zu trennen.
Ein Krankenwagen fuhr vor, einige bullige Kran Wächter sprangen auf die Fahrbahn und auf den Gehweg, beugten sich über den Alten, schlugen ihm je einen Haken in Brust und Rücken und hievten seinen Sozialkörper auf die Pritsche, auf der noch mehrere andere Körper lagen. Sie hatten am frühen Morgen den Zentralpark am Wall abgesucht und sich genötigt gesehen, das übliche Dutzend Körper zu bergen. Robert gab Gas.
9
In Eilmärschen zogen dicke, giftiggrüne Wolken – ein schöner Gruß von den Produktionsstätten Grönlands – am Himmel auf, dann brach fast schlagartig Finsternis über die Stadt herein, Sekunden später jagten pfeifend Raketen zwischen die Wolken, versprühten, explodierend, ihre Ladungen Silberjodid, doch der Wettersturz war nicht mehr aufzuhalten. Dann regnete es Stickstoff und Schwefel, die Erde kreischte auf, in der Ferne glühten die Feuer der Werften und Fabriken wie fiebernde Augen in der Nacht.
Die Fußgänger waren auseinandergespritzt, als wäre unter ihnen eine Bombe aus dem Hinterhalt explodiert. In die Schutzbunker, von denen noch viele aus dem letzten Krieg standen, ging die Flucht, Sirenen quäkten von den Dächern. Ganz langsam fuhren die Autos, vorsichtig, im flackernden Laternenlicht versuchten ihre Chauffeure durch schmierige Scheiben zu erkennen, was ihnen die trüben Scheinwerfer wiesen.
Robert hatte es bis in die Nähe der Großen Weserbrücke geschafft, als er dort warnende Blaulichter aufragen sah wie von Leuchttürmen, die einäugig in die Runde blitzen. Mitten auf der Brücke hatten sie eine Sperre improvisiert, ein mächtiges Bollwerk aus Gefangenentransportern und Chemikalientanks, sie, Gestalten in hohen, waffenstarrenden Rüstungen, Rittern gleich, mit Atemmasken, fugenlosen Raumfahrtpanzern und bedrohlich wirkenden Laserkanonen zwischen den Fäusten. Dabei bestanden ihre Körper aus Spezialsynthetikfleisch, der neuesten und stabilsten Kreation, sie hätten gewiß auch ganz ohne ihre Ausrüstung dem Unwetter standgehalten. Man erzählte sich, daß normale Kugeln ihre neuen Körper nicht mehr zu beschädigen vermochten und daß nur Laserlicht ihnen gefährlich war. Der Preis, den der Steuerzahler für diese hochleistungsfähigen Modelle zu bezahlen hatte, war unbekannt, war sicherlich nur ein Tropfen im Meer der Rüstungsausgabenflut. Und weil sie wußten, daß jene Leute, die ihnen in die Hände fielen, nicht so glänzend ausstaffiert waren, hatten sie neben der Straßensperre immerhin ein provisorisches Dach gebaut, das mit drei Plexiwänden notdürftigen
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