Science Fiction Almanach 1983
uns auch außerhalb des Leihbuches Fuß fassen konnte {19} .
Als Ende der fünfziger Jahre die Bundeswehr etabliert und das „Verteidigungsdenken“ regierungsamtlich angeordnet wurde und die Landser- Hefte auf den Markt kamen, erlebten die SF-Leihbücher einen ersten größeren Einbruch. Viele Leser interessierten sich mehr für Panzergefechte an der ‚Ostfront’ als für imaginäre Raumschlachten im All {20} . Die Parole für die deutschen Leihbuch-Autoren hieß Anpassung oder Untergang. Man entschied sich für ersteres – für noch mehr und noch gewaltigere Raumschlachten und Invasoren, die ein bißchen mehr als vorher an Russen und Chinesen erinnerten (wenn man sie nicht gleich beim Namen nannte).
Auch das Aufkommen des Fernsehens erwies sich als gefährlich für das Leihbuch. Es wurde in immer stärkerem Maße ferngesehen und immer weniger gelesen. Ein Trend, der bis heute anhält und durch die Video-Geräte eher noch verstärkt worden ist.
Seit den sechziger Jahren brachte die Honorarfrage die Leihbücher zusätzlich in Bedrängnis. Nur die schlechteren Autoren blieben beim Leihbuch, wer irgend konnte wechselte zu den besser zahlenden Heft-Verlagen über {21} . Ebenso gerieten die Leihbuch-Verlage durch die verstärkte Lesernachfrage nach angloamerikanischen SF-Romanen (die im Bereich des Hefts und des Taschenbuchs wesentlich rascher aufgefangen wurde) ins Hintertreffen. Aber noch trockneten die Leihbuch-Verlage nicht aus. Ständig kamen neue Autoren zu ihnen, zum Teil, um sich beim Leihbuch die ersten SF-Sporen zu verdienen. Noch 1968 debütierte Udo Biegel, der sich bis hinein in die siebziger Jahre zum Vielschreiber entwickeln konnte.
Der eigentliche Todesstoß erfolgte von den Taschenbüchern. 1960 kamen sowohl Goldmann als auch Heyne mit ihren SF-Reihen auf den Markt. Haftete auch den Heften noch der Ruch des Trivialen an, so entstand mit den Taschenbüchern zum ersten Mal die Möglichkeit, breiteste Bevölkerungsschichten an das Buch heranzuführen. Für relativ wenig Geld wurde es jedem Interessierten möglich, sich seine eigene Bibliothek aufzubauen. Das Angebot der Taschenbuchverlage erreichte nach erstaunlich kurzer Zeit ein beachtenswertes Ausmaß. Im Bereich der SF konzentrierten sich Heyne und Goldmann auf neue Werke aus dem angloamerikanischen Raum, die, bei allem Respekt, um Klassen besser waren als das, was man in den Leihbüchern fand. Dieses Niveaugefälle blieb natürlich nicht lange verborgen und verdrängte im Verein mit dem Exodus der heimischen Autoren zum Heft die Leihbücher immer mehr.
Die Leihbuch-Verlage versuchten, sich dem Publikumsgeschmack und den härter gewordenen Marktbedingungen anzupassen. Bei Gebr. Zimmermann hängte man sich an die Erfolge anderer an (vor allem an die Perry Rhodan- Serie , von der man 102 Hefte zu 51 Leihbüchern zusammenfaßte, aber auch mit verstärkten Nachdrucken von Übersetzungen ausländischer Romane). Bei Bewin blieben die Honorare niedrig (DM 300, – bis 500, – pro Manuskript), um so die Kosten aufzufangen. Das Ende konnte damit jedoch nur verzögert, nicht aber verhindert werden.
Anfang der siebziger Jahre hatte sich im Grunde genommen nur noch der Bewin-Verlag gehalten. Er produzierte lediglich einen SF-Band pro Monat, dessen Auflage auf 1000 gesunken war (später auf nur noch 800). Bald warfen auch die gewerblichen Leihbüchereien das Handtuch. Zwischen 1976 und 1978 lösten sich die meisten von ihnen auf und verkauften ihre Bestände. Es ist fraglich, ob heute überhaupt noch Leihbüchereien existieren, da der Nachschub an neuen Titeln (jeder, der den
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