Science Fiction Almanach 1983
fremden, überlegenen Sternenreich behaupten müssen) –, sondern läßt Dr. Powell und seine Kameraden Erfahrungen machen, die sie zum Nachdenken anregen.
Materielle Hilfe statt ein ethisches Vorbild erhält ein irdischer Raumfahrer in W. Keyens Jenseits vom Licht (Borgsmüller, 1958), wenn er dort in das Geheimnis des überlichtschnellen Fluges eingeweiht wird (ohne den ein Verlassen des Sonnensystems kaum möglich wäre) – eine Art kosmisches Care-Paket. Doch nicht nur das Nehmen, sondern auch das Geben findet seinen literarischen Niederschlag. Das von US-Präsident Kennedy ins Leben gerufene Peace Corps (gegründet 1961) und die Entwicklungshilfe der westlichen Welt (wo sich seit 1950 die Bundesrepublik besonders hervorgetan hat) mögen geistig Pate gestanden haben, wenn im Leihbuch die Erde Wissenschaftler zu den Ganymedern entsendet, die an ihrer Sterilität zugrunde gehen (F. Berning, Sterbender Ganymed; Bewin, 1961). Bei U. Biegel bereist sogar ein Inspektor mit der Aufgabe die Galaxis, bedrohten Russen zu helfen (Inspektor der Galaxis; Bewin, 1970). Der oben schon erwähnte Dr. Powell ist ebenfalls in Sachen Entwicklungshilfe unterwegs, wenn er auf eine mittelalterliche Welt gerät und dort ‚bessere’ Zeiten ausbrechen lassen will (M. Janus, Der Stern der Väter; Iltis, 1959). Bei allem guten Willen der Autoren haftet diesen Romanen jedoch eine gewisse Naivität an. Sicher, erst heute wissen wir, daß ökonomische Hilfe oder technologisches ‚Unter-die-Arme-Greifen’ allein die Probleme eines weniger entwickelten Volkes (seien es nun Menschen oder Angehörige kosmischer Rassen) nicht lösen können. Trotz massiver Wirtschaftshilfe registriert man auch heute ein ‚Nord-Süd-Gefälle’ in der Welt. So vermag sich beim heutigen Lesen dieser Romane die rechte Dramatik nicht mehr einzustellen. Mehr zu bieten haben da die Geschichten, die sich auf kosmische Panoramen oder Gefahren konzentrieren. Der sense of wonder läßt sich zumindest ahnen, wenn die Autoren sich an der Fremdartigkeit anderer Sonnensysteme oder entfernter Regionen der Galaxis versuchen (z.B. H. Bings/C. Darlton, Der Sprung ins Nichts; Balowa, o. J.; R. Clear, Unbekannte Galaxis; Bewin, 1966; C. Choice, Das Geheimnis der Schneemenschen; Andra, 1958).
Der Fortschrittsglaube, das Gefühl, bei der nötigen Entschlossenheit alles zu erreichen, spiegelt sich wider, wenn die Terraner sich mit den geophysikalischen Absonderheiten eines ‚verrückt spielenden’ Planeten herumschlagen müssen (W. Newhome, Problem Starara; Bewin, 1967), kosmische Barrieren wie den Stählernen Nebel (A. Jeffers; Hönne, 1953) überwinden, sich Antimaterie, Supernovae und einer „Atomhölle“ stellen (J. v. Scheidt, Männer gegen Raum und Zeit; Wieba, 1958) oder die Zeit bezwingen (G. Torgas, Nach 250 Jahren zurück; Luro, 1959; W. Keyen, Sprung über die Zeit; Borgsmüller, 1959). Hier drückt sich in Ansätzen das Abenteuerliche in unerwarteter Umgebung und exotischen Szenarien aus, das seit jeher zu den wesentlichen Merkmalen der Science Fiction gehörte. Harmlose Vergnügen meist, wenn auch leider zu oft mit deutlicher Tendenz zur Vereinfachung; denn damals legten die Autoren großen Wert darauf, ihre Protagonisten vor allem weiter fliegen zu lassen als die ihrer Kollegen (kein rein deutsches Phänomen). Daß dabei einiges an Exotik und schriftstellerischer Brillanz auf der Strecke geblieben ist, versteht sich eigentlich von selbst – Folge der vornehmlich technisch-wissenschaftlichen Weiterentwicklung in der Bundesrepublik, die sich auf das
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