Science Fiction Almanach 1983
aber niemals auszuschließenden Computerfehlers werden und unter dem Feuer der automatischen Selbstschußanlage des Cronenberger Wohnturms Schwäbisch-Alb auf greuliche Weise ums Leben kommen sollte. * * *
„Ah“, machte Alf anerkennend. „Das war ja genial.“
Gerlinde Oh hob argwöhnisch äugend den trunkenen Kopf. „Was geht hier vor?“ brabbelte sie und zerknüllte die leere, zweckentfremdete Milchtüte. „Ist das ein Überfall?“
„Alles geschieht im Namen der Pressefreiheit“, sagte Alf mit einem knappen Lächeln. „Wir müssen die furchtbare Wahrheit über die Gen-Versuche drahtlos und ohne Zeitverlust der Allgemeinheit übermitteln, wollen wir eine Katastrophe verhindern, neben der die Sache mit Brokdorf ein Klacks wäre. Zu der atomaren Bedrohung hat sich nun die genetische Gefahr gesellt – eine Tatsache, die von der Friedensbewegung bisher übersehen und sträflich vernachlässigt wurde. Das bekommt Heilbronn jetzt zu spüren, und wir müssen alles unternehmen, um Ruhr Stadt ein ähnlich dramatisches Schicksal zu ersparen.“
Robby nickte nachdrücklich, und Ger linde Oh nahm einen tiefen Schluck aus der zweiten Rumflasche. * * * Parallel dazu versuchte Hubert Andreas Galle vergeblich, in den Analtrakt seines Privatsekretärs einzudringen. Daß der Hausdetektiv ihnen über die geheime Videoüberwachungsanlage dabei zusah, wußten die beiden schwitzenden Männer, und dies erhöhte noch den exquisiten Reiz ihres Treibens. * * *
„Alle friedliebenden Bürger Ruhrstadts“, diktierte Robby konzentriert, „sind dazu aufgerufen, gegen den atomaren Rüstungswahnsinn und gegen die selbstmörderischen genetischen Experimente geltungssüchtiger Dunkelmänner vorzugehen. Heilbronn ist ihr erstes Opfer. Muß es noch weitere geben, ehe wir einschreiten?“
Alf gähnte. „Du läßt nach“, stellte er kritisch fest. „Wo bleibt der Pfeffer?“
„Schreibe!“ verlangte Robby. „Leute, macht den Burschen Feuer unter den Hintern. Jagt sie in die Wüste. Besetzt ihre Tessiner Villen und ihre oberbayerischen Skihütten. Für ein einziges Taifun -Flugzeug können wir viertausend Wohnungen bauen. Also bauen wir sie!“
„Das ist ja revolutionär“, kreischte Gerlinde entsetzt. „Ihr Bastarde ruiniert mir meinen Job.“
„Wenn die Bomben fallen“, entgegnete Alf, „wird mehr als nur dein Job ruiniert.“ * * * Ohne daß sich einer von ihnen darüber im klaren war, hatte sich auf dem Platz der Kultur eine riesige Menschenmenge versammelt. Die Neuigkeiten über die Verseuchung Heilbronns und die Verknollung zahlloser unschuldiger Bürger brachte in vielen stillen Seelen das Faß zum Überlaufen. Die Szenen, die sich anschlossen – und das nicht nur in Ruhrstadt, sondern in der ganzen Welt –, veranlaßten den pensionsreifen Chef des Bundeskanzleramtes zu der historischen Bemerkung: „Diese Arschlöcher machen uns alles kaputt.“ Ein Kommentar erübrigt sich. * * * „Ich möchte nur gern wissen“, fuhr Alf fort, „was derzeit in Heilbronn los ist.“
* * * Diese Frage läßt sich relativ leicht beantworten. Der erstaunliche Verknollungsprozeß hatte über neunundneunzig Prozent der ahnungslosen Bürger erfaßt. Mit dem fatalen Resultat, daß die nachwachsenden Sporen auf der Suche nach neuer Beute über die Stadtgrenze hinausschwärmten und bereits die ersten Bundeswehreinheiten ihrer Kampfkraft beraubten. Ob General oder Latrinenwart – keiner der olivgrün Uniformierten blieb von dem schauerlichen Los verschont. Knollen in den Panzern und in den Geländewagen, Knollen hinter dem NATO-Stacheldraht und Knollen im Stabszelt und
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