Science Fiction Almanach 1983

ei­ner Hun­dert­schaft der Spo­re KMK-37 an­ge­fal­len und in­fi­ziert wur­de. Es soll­te ein bö­ses Er­wa­chen ge­ben. Was On­ne­de­cker an­geht, so er­eig­ne­te sich nur we­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter ei­ne ver­blüf­fen­de Ver­än­de­rung. Die bor­del­lei­ge­nen Sprenk­ler­an­la­ge trat in Ak­ti­on, aus­ge­löst von der glim­men­de Zi­ga­ret­ten­kip­pe ei­nes Stamm­gas­tes aus dem Nord-Duis­bur­ger Vil­len­be­zirk, der im­mer mit dem Pri­vat­flug­zeug nach Heil­bronn kam und in Ber­nie’s Big Pub ei­ni­ge lust­vol­le Ta­ge ver­leb­te, be­vor er an sei­nen Ma­na­ger­schreib­tisch in ei­ner Le­ber­pas­te­ten­spe­zi­al­fa­brik zu­rück­kehr­te. Aus fei­nen Dü­sen spritz­te das Was­ser. On­ne­de­cker wur­de von den ers­ten Trop­fen be­netzt, und sei­ne ver­knoll­te schwar­ze Ge­stalt be­gann zu zu­cken. Nicht an­ders er­ging es Ber­nie nach der Co­gnac­du­sche. Hin­zu ge­sell­te sich ei­ne Ge­wit­ter­front, die Heil­bronns Vor­or­te ver­düs­ter­te. Das Zu­cken pflanz­te sich in der gan­zen Stadt fort. * * *
    „Ich wer­de jetft die Pi­li­fei ru­fen“, ver­kün­de­te der Haus­de­tek­tiv. „Blei­ben Fie ganf ru­hig, Fräu­lein Oh. Wir wer­den Fie bald auf der Ge­walt die­fer Schwerft­kri­mi­nel­len be­freit ha­ben.“
    „Der meint uns“, be­merk­te Rob­by. Er lausch­te dem fei­nen Klap­pern, mit dem sich die Schrit­te ent­fern­ten. „Und was nun?“
    „Wir tre­ten den Rück­zug an“, ent­schied Alf nach reif­li­cher Über­le­gung. „Der Frie­dens­be­we­gung nüt­zen wir nur, wenn wir uns auch wei­ter­hin auf frei­em Fuß be­fin­den. Nur der Teu­fel weiß, was die­ser Hans­wurst dem Mo­bi­len Ein­satz­kom­man­do al­les er­zäh­len wird. Ver­schwin­den wir.“
    Das er­neu­te Rat­tern des Te­le­fax ver­zö­ger­te die Ab­setz­vor­be­rei­tun­gen kurz­fris­tig.
    Via Sa­tel­lit, so las Alf mit po­chen­dem Her­zen, hat­te man das durch al­le so­zia­len Schich­ten ge­hen­de Zu­cken der ver­knoll­ten Heil­bron­ner Bür­ger be­ob­ach­tet. Der Ver­knol­lungs­pro­zeß, so­viel stand fest, wur­de durch die Ein­wir­kung von Was­ser – re­spek­ti­ve Re­gen – rück­gän­gig ge­macht.
    * * * In ei­nem spä­te­ren State­ment teil­te Pro­fes­sor On­ne­de­cker der Öf­fent­lich­keit mit, daß die be­mer­kens­wer­te Spo­re KMK-37 vor al­lem für den Ein­satz in Wüs­ten­ge­bie­ten ent­wi­ckelt wor­den war und des­halb auf Feuch­tig­keit mit Ab­ster­ben rea­gier­te. Al­ler­dings ver­schwieg er, daß es sich bei je­nen ‚Wüs­ten­ge­bie­ten’ um die Öl­fel­der des Per­si­schen Gol­fes han­del­te. Trotz­dem gab es zor­ni­ge Pro­tes­te der 39. Is­la­mi­schen Welt­kon­fe­renz und einen auf zwölf Ta­ge be­fris­te­ten Öl­lie­fer­stopp. On­ne­deckers be­ruf­li­cher Kar­rie­re konn­te die­ser glück­li­che Aus­gang nicht mehr hel­fen. Sei­ne an­ste­hen­de Ge­halts­er­hö­hung wur­de um ein hal­b­es Jahr ver­scho­ben, und er be­kam zahl­lo­se an­ony­me Droh­brie­fe, die ihn zu ei­nem Orts­wech­sel zwan­gen. So­weit be­kannt, ar­bei­tet er nun in den bra­si­lia­ni­schen La­bo­ra­to­ri­en der phan­tas­ti­schen Ray­er-Che­mie, die ih­re An­la­gen in Heil­bronn auf­grund mas­si­ven Drucks der Be­völ­ke­rung schlie­ßen muß­te. * * *
    Alf und Rob­by, die die sturz­be­trun­ke­ne Ger­lin­de Oh stüt­zen muß­ten, ge­lang un­er­kannt die Flucht aus dem Nach­rich­ten­bü­ro des Kauf + Spar -Su­per­mark­tes. Die bei­den sind noch im­mer in der Frie­dens­be­we­gung ak­tiv und woh­nen nach wie vor auf dem Ho­lun­der­berg. In Heil­bronn weht nun ein an­de­rer Wind. Die Stadt ist ei­ne Hoch­burg in der Front ge­gen die ato­ma­re Rüs­tung und den Miß­brauch ge­ne­ti­scher For­schun­gen. Ber­nie und sei­ner Crew wur­de ge­kün­digt, und der Big Pub soll zu ei­nem Bü­ro der Frie­dens­be­we­gung um­ge­stal­tet wer­den, der sich tag­täg­lich im­mer mehr Men­schen an­schlie­ßen.
    Wer von Ih­nen wird der nächs­te sein?

 
Wolf­gang Jesch­ke Zwölf Minuten und einiges mehr
     
    Er­bar­mungs­los brü­te­te die Son­ne über dem Flug­feld.
    Kia­ra.
    Al­te Er­de, aus­ge­dörrt,