Science Fiction Almanach 1983
auf den eilig herangekarrten Trockentoiletten. Selbst den Verteidigungsminister, der seinen Urlaub auf den Bahamas unterbrach und zurück zum heimatlichen Heilbronn jettete, erwischten die Sporen. „Das sagt mehr über das Versagen dieser Regierung als alle Worte“, kommentierte ein oppositioneller Journalist mit unüberhörbarer Häme den tragischen Zwischenfall und schlug gleich darauf Neuwahlen vor. Im Gegenzug solidarisierte sich das Kabinett mit dem verknollten Ressortminister. Die Lage wurde von Minute zu Minute undurchsichtiger. Eine weitere Komplizierung des Geschehens erreichte der amerikanische Präsident, als er sich noch einmal von seinem Totenbett erhob und in einer Protestnote die Europäer unflätig beschimpfte und den desolaten Zustand der NATO beklagte. Sein Appell, sich von einigen Knollen nicht in der Wachsamkeit gegenüber dem Osten irritieren zu lassen, verhallte ungehört. Es kam zu Massendemonstrationen, in denen die sensationelle Meldung der NASA unterging, daß die Plutosonde tatsächlich von unbekannten Flugobjekten mit obszönen Funksprüchen belästigt wurde. * * *
„Außerirdische?“ echote Alf, nachdem Robby die neueste Meldung des Telefax vorgelesen hatte. „Soll das ein Witz sein?“
„Mitnichten“, entgegnete Robby ernst. „Ich vermute eher, daß sich die NASA wieder ins Gespräch bringen will.“
Es klopfte an der Tür.
Gerlinde Oh verschluckte sich an ihrem Rum und rutschte unter den Schreibtisch, wo sie lallend liegenblieb. Alf und Robby wechselten einen Blick.
„Machen Fie auf!“ ertönte von draußen eine lispelnde Stimme. * * * Sie gehörte dem Hausdetektiven, einem verkrachten ExZahnarzt, der aus ästhetischen Gründen den Anblick kariöser Gebisse nicht mehr hatte ertragen können und nach einem Abstecher in der Gosse den verantwortlichen Posten innerhalb von Kauf + Spar zur Zufriedenheit aller ausfüllte. Sein Name soll an dieser Stelle schamhaft verschwiegen werden, allerdings zwingt die publizistische Sorgfaltspflicht zu dem Hinweis, daß derselbe Mann auch in die Machenschaften des berüchtigten Elmar Hintermstein verwickelt war. Die Zollfahndung und die Lebensmittelüberwachungsämter der Städte Würgassen und Langenberg haben ihre Ermittlungen allerdings noch nicht abgeschlossen. Weitere – peinliche – Enthüllungen sind demnach zu erwarten. * * * „Im Namen des Gefetfes“, rief der Hausdetektiv und hämmerte gegen die verriegelte Tür. „Öffnen Fie!“
Der Telefax ratterte.
„Ich will verdammt sein“, sagte Robby überrascht. „Diese widerliche Spore nähert sich zügig Ruhrstadt. In Bonn sind Überlegungen im Gange, die Außenviertel zu evakuieren. Nur weiß keiner, wohin mit den drei Millionen Menschen.“
Alf nickte düster und setzte die Rumflasche an, ohne auf das Geschrei des Hausdetektivs zu reagieren. „Das erinnert mich fatal an die Sylvesterprophezeiung der Würzburger Seherin Babette III. ‚Eine große Verknollung wird ins Land ziehen und allgemeines Heulen und Zähneklappern beginnen.’ Das ist exakt die Beschreibung unserer Situation. Dabei habe ich immer an der Existenz der Präkognation gezweifelt.“
„Die Welt geht unter“, brabbelte Gerlinde Oh unter dem Schreibtisch. „Aber ich habe noch nicht einmal meine Probezeit in diesem Saftladen hinter mir.“
„Fräulein Oh“, brüllte der Hausdetektiv, „leben Fie noch?“
„Was geht dich das an?“ brüllte Gerlinde wütend zurück.
* * * Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß Alfs ehemalige Freundin, Erika, zu diesem Zeitpunkt von
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