Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
Tunnels gebildet hatte, war zurückgeklappt, von einem komplizierten Scharnier an Ort und Stelle gehalten.
Leighs Blick löste sich von der dunklen Öffnung und heftete sich auf das Mädchen. In ihrem Wesen drückte sich in diesem Moment, kurz bevor sie seiner gewahr wurde, eine Andeutung von Unsicherheit aus. Ihr rechtes Profil, das halb von ihm abgewandt war, zeigte geschürzte Lippen und eine angespannte, bleiche Gesichtshaut. Ihr Aussehen vermittelte ihm den unmißverständlichen Eindruck von Unschlüssigkeit. Dann bemerkte sie ihn, und ihr Aussehen veränderte sich augenblicklich.
Ohne ihn weiter zu beachten, trat sie auf die oberste Stufe der kleinen Treppe, die in das Loch hinunterführte, und begann ohne das geringste Zögern hinabzusteigen. Aber sein erster Eindruck, daß sie unschlüssig geworden war, veranlaßte ihn, mit verengten Augen vorzutreten. Und plötzlich ließ die Überzeugung, daß sie für kurze Zeit Angst empfunden hatte, diesen ganzen Wahnsinn Wirklichkeit werden. Er stürzte sich vorwärts und die steile Treppe hinunter, um erst dann anzuhalten, als er sah, daß er sich tatsächlich in einem glatten, schwach erhellten Tunnel befand, in dem das Mädchen stehengeblieben war und einen Finger an ihre Lippen hielt.
„Pschscht!“ flüsterte sie. „Die Tür des Schiffes könnte offenstehen.“
Das verärgerte natürlich Leigh, und die Verstimmung durchströmte ihn wie ein hartes, kleines Rinnsal. Jetzt, da er sich dem Unternehmen angeschlossen hatte, fühlte er sich automatisch als Anführer dieser phantastischen Expedition. Die Anmaßungen des Mädchens und ihr hochmütiges Gebaren machten ihn wahnsinnig ungeduldig.
„Kommen Sie mir nicht mit ,Pschscht’, Kleine!“ zischte er scharf. „Sagen Sie mir nur, was los ist, und ich übernehme das übrige.“
Er verstummte abrupt. Die Bedeutung ihrer Worte sickerte in sein Bewußtsein. „Schiff?“ fragte er ungläubig. „Versuchen Sie mir einzureden, daß tatsächlich ein Schiff hier unter dem Hotel vergraben liegt?“
Das Mädchen schien ihn nicht zu hören. Leigh sah, daß sie sich am Ende eines kurzen Ganges befanden. Metall schimmerte dumpf vor ihnen. Dann hörte er das Mädchen sagen: „Hier ist die Tür. Also, merken Sie sich: Sie stehen Wache. Halten Sie sich verborgen und schußbereit. Und wenn ich rufe: ,Schieß’, dann schießen Sie!“
Sie bückte sich. Ein winziger purpurner Blitz flammte auf. Die Tür öffnete sich und gab den Blick auf eine zweite Tür direkt dahinter frei. Wieder dieser millimetergroße, intensive rote Blitz, und dann schwang auch die zweite Tür auf.
Es geschah ungeheuer schnell, viel zu schnell für Leigh. Bevor er überhaupt erkannte, daß die Krisis gekommen war, trat das Mädchen kühl und gelassen in den hellerleuchteten Raum jenseits der zweiten Tür.
Leigh verharrte unschlüssig, verblüfft und erschrocken über das Tun des Mädchens. An der Metallwand war tiefer, schwarzer Schatten; er verbarg sich darin mit einer einzigen instinktiven Bewegung und erstarrte zur Reglosigkeit. In Gedanken verfluchte er die törichte junge Frau, die tatsächlich mitten unter Feinde von unbekannter Zahl trat, ohne einen sorgfältigen Plan des Selbstschutzes organisiert zu haben. Oder wußte sie, wie viele von ihnen dort drinnen waren? Und wer?
Er wartete angespannt. Aber die Tür blieb offen, und nichts schien sich dahinter zu rühren. Langsam löste Leigh seine starre Haltung und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf seine Umgebung. Der Teil des Untergrundraumes, den er durch die Türöffnung erblicken konnte, zeigte das Ende einer Metallwand, die mit winzigen Lichtern blinkte, anscheinend eine Schalttafel. Er vermochte den Rand einer verhältnismäßig prunkvollen Lagerstatt zu sehen. Das Ganze entsprach so genau dem Bild eines Raumschiffes, daß Leigh erstaunt dachte: Das Mädchen hatte ihn nicht zu narren versucht. Unglaublicherweise befand sich hier unter der Erde, tatsächlich unter Constantine, ein kleines Raumschiff. Der Gedanke endete, als die Stille jenseits der offenen Tür, diese eigenartig lang währende Stille, plötzlich von der kühlen Stimme eines Mannes durchschnitten wurde. „Wenn ich Sie wäre, würde ich noch nicht einmal den Versuch machen, jene Pistole zu heben. Die Tatsache, daß Sie seit Ihrem Eindringen noch nichts gesagt haben, zeigt mir, wie enorm wir uns von dem unterscheiden, was Sie sich vorgestellt haben!“ Er lachte ein höhnisches Lachen, das klar an Leighs Ohren drang. Dann fuhr der
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