Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
dachte Scott laut nach. „Sie würden nur ihre Eier schicken …“
„Dazu brauchten sie eine lange Legeröhre“, sagte Paradine und ließ sich zu einigen gewählten Bemerkungen über die Fortpflanzung durch Eierlegen herab.
Sein Sohn war nicht völlig zufriedengestellt. Blumen, so argumentierte er, schickten doch auch ihre Samen über weite Entfernungen.
„Sie leiten sie aber nicht. Nur wenige fallen auf fruchtbaren Boden.“
„Blumen haben auch kein Gehirn. Vati, warum leben die Leute hier?“
„In Glendale?“
„Nein – hier. Der ganze Ort. Ich wette, das ist nicht alles, was es gibt.“
„Meinst du die anderen Planeten?“
Scott zögerte kurz. „Das ist nur … ein Teil … eines großen Ortes. Wie der Fluß, den die Lachse hinaufschwimmen. Warum gehen die Leute nicht hinunter ans Meer, wenn sie erwachsen werden?“
Paradine begriff, daß Scott im übertragenen Sinne sprach. Er fühlte einen kurzen Schauder. Das – Meer?
Die Jungen dieser Spezies sind nicht dafür konditioniert, in der Welt ihrer Eltern aufzuwachsen. Erst wenn sie sich genügend entwickelt haben, betreten sie diese Welt. Später legen sie Eier. Die befruchteten Eier werden im Sand vergraben, weit oben am Fluß, wo sie heranreifen. Schließlich schlüpfen die Jungen aus, beginnen zu wachsen.
Und sie lernen. Reiner Instinkt ist verhängnisvoll langsam. Vor allem im Fall einer Art, die nicht einmal dieser Welt gewachsen ist. Unfähig, zu essen oder zu trinken oder zu überleben, wenn nicht jemand mit Voraussicht für diese Bedürfnisse gesorgt hätte.
Die Jungen, die gefüttert und angeleitet werden, würden überleben. Es müßte Inkubatoren und Roboter geben. Sie würden überleben; aber sie würden nicht wissen, wie sie flußabwärts zu der größeren Welt des Meeres schwimmen könnten.
Also muß es ihnen beigebracht werden. Sie müssen auf viele Arten geübt und konditioniert werden.
Ohne Schmerzen, behutsam versteckt. Kinder lieben Spielzeug, das etwas macht. Und wenn dieses Spielzeug sie gleichzeitig unterrichtet …
In der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts saß ein Engländer auf der grasbewachsenen Böschung nahe bei einem Fluß. Neben ihm lag ein zierliches Mädchen, das in den Himmel starrte. Sie hatte ein merkwürdiges Spielzeug zur Seite gelegt – und jetzt flüsterte sie ein wortloses kleines Lied, dem der Mann mit halbem Ohr lauschte.
„Was war das, mein Liebes?“ fragte er schließlich.
„Nur etwas, was ich mir eben jetzt ausgedacht habe, Onkel Charles.“
„Sing es noch einmal.“ Er zog ein Notizbuch hervor.
Das Mädchen gehorchte.
„Hat es irgendeine Bedeutung?“
Sie nickte. „Genau wie die Geschichten, die ich dir schon erzählte.“
„Das sind wunderschöne Geschichten, Liebes.“
„Und du wirst sie eines Tages in ein Buch schreiben?“
„Ja, aber ich muß sie ganz schön verändern, sonst würde sie niemand verstehen. Aber dein kleines Lied werde ich wohl nicht verändern.“
„Das darfst du auch nicht. Wenn du das tätest, hätte es keinen Sinn mehr.“
„Ich werde die Strophe auf keinen Fall verändern“, versprach er. „Doch was bedeutet sie?“
„Es ist der Weg nach draußen, glaube ich“, sagte das Mädchen zweifelnd. „Aber ich bin nicht sicher. Mein Zauberspielzeug hat mir das gesagt.“
„Ich möchte zu gern wissen, welche Geschäft in London dieses herrliche Spielzeug verkauft.“
„Mama hat es für mich gekauft. Sie ist tot. Papa kümmert sich nicht darum.“
Sie log. Sie hatte die Spielsachen eines Tages in einem Behälter gefunden, als sie an der Themse spielte. Und sie waren in der Tat wunderbar.
Ihr kleines Lied – Onkel Charles dachte, es hatte überhaupt keine Bedeutung. (Er war nicht ihr richtiger Onkel, ergänzte sie für sich. Aber er war nett.) Das Lied bedeutete sehr viel. Es zeigte den Weg.
In diesem Augenblick würde sie tun, was das Lied sagte, und dann …
Aber sie war schon zu alt. Sie fand den Weg niemals.
Paradine hatte Holloway links liegen lassen. Jane hatte eine tiefe Abneigung gegen ihn entwickelt. Das war ganz natürlich, denn sie wollte vor allem ihre Ängste beruhigt sehen. Da Scott und Emma sich jetzt normal verhielten, war Jane zufrieden. Es war zum Teil Wunschdenken, dem sich Paradine nicht völlig anschließen konnte.
Scott brachte Emma immer noch alle möglichen Gegenstände und wartete auf ihre Zustimmung. Meist schüttelte sie den Kopf. Manchmal sah sie zweifelnd drein. Und ganz selten gab sie ihr Einverständnis zu erkennen. Dann folgte eine
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