Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
Pause. Unter ihnen erstreckte sich ein sehr schönes Tal.
„Hübsch, nicht wahr?“ bemerkte Paradine.
Scott untersuchte die Szene ernsthaft. „Es ist alles falsch“, sagte er.
„Hee?“
„Weiß nicht.“
„Was ist daran falsch?“
„Huuii …“ machte Scott in die verblüffte Stille hinein. „Weiß nicht.“
Die Kinder hatten ihre Spielsachen vermißt, aber nicht für lange. Emma erholte sich zuerst, obschon Scott immer noch den Kopf hängen ließ. Er führte mit seiner Schwester unsinnige Gespräche und studierte intensiv sinnlose Kritzeleien, die sie aufs Papier brachte. Es war fast so, als frage er sie bei schwierigen Problemen um Rat, die er selbst nicht in den Griff bekam.
Wenn Emma mehr Verstand entwickelte, besaß Scott eine größere praktische Intelligenz und auch handwerkliche Geschicklichkeit. Er baute mit seinem Stabilbaukasten eine Maschine, war aber unzufrieden damit. Der offensichtliche Grund seiner Unzufriedenheit verschaffte Paradine Erleichterung, als er die Konstruktion in Augenschein nahm. So etwas machte jeder normale Junge, es erinnerte verschwommen an ein kubistisches Schiff. Es war ein bißchen zu normal, um Scott Freude zu machen. Er stellte Emma noch mehr Fragen, jedoch nur, wenn sie allein waren. Sie dachte eine Weile nach, packte dann den Bleistift mit ungeschicktem Griff und machte einige weitere Kritzel.
„Kannst du das lesen?“ frage Jane ihren Sohn eines Morgens. „Nicht richtig lesen. Ich kann verstehen, was sie meint. Nicht immer, aber meistens.“
„Schreibt sie?“
„N-Nein. Es bedeutet nicht das, wo es nach aussieht.“
„Symbolismus“, meinte Paradine über seine Kaffeetasse hinweg. Jane blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Denny …“
Er zwinkerte ihr zu und schüttelte den Kopf. Später, als sie allein waren, sagte er: „Laß dich von Holloway nicht verrückt machen. Ich will doch gar nicht andeuten, daß die Kinder sich in einer unbekannten Sprache verständigen. Wenn Emma einen Krakel hinmalt und sagt, das sei eine Blume, dann handelt es sich um eine willkürliche Regelung – Scott behält das im Gedächtnis. Beim nächstenmal malt sie den gleichen Krakel, oder sie versucht es zumindest – das ist alles.“
„Sicher“, sagte Jane zweifelnd. „Hast du bemerkt, daß Scott in letzter Zeit viel mit Lesen beschäftigt war?“
„Ich hab’s bemerkt. Aber nichts Ungewöhnliches. Weder Kant noch Spinoza.“
„Er schmökert, mehr nicht.“
„Nun, das habe ich mit Sicherheit in dem Alter auch getan“, sagte Paradine und ging zu den Vormittagsvorlesungen. Er aß zusammen mit Holloway zu Mittag (das wurde ihm allmählich zur täglichen Gewohnheit) und erzählte von Emmas literarischen Bemühungen.
„Hatte ich recht, als ich auf Symbolismus tippte, Rex?“
Der Psychologe nickte. „Völlig richtig. Unsere eigene Sprache stellt auch nur einen willkürlichen Symbolismus dar. Zumindest in ihrer Anwendung. Sehen Sie!“ Er zeichnete eine sehr enge Ellipse auf seine Serviette. „Was ist das?“
„Sie meinen: Was stellt es dar?“
„Ja. Was stellen Sie sich darunter vor. Es könnte eine primitive Darstellung von – was sein?“
„Da gibt’s eine Menge“, sagte Paradine. „Der Rand eines Glases. Ein Spiegelei. Ein französisches Stangenbrot. Eine Zigarre.“ Holloway fügte seiner Zeichnung ein kleines Dreieck hinzu, dessen Spitze mit dem einen Ende der Ellipse verbunden war. Er schaute Paradine an.
„Ein Fisch“, sagte der prompt.
„Unser vertrautes Symbol für Fisch. Selbst ohne Flossen, Augen und Maul ist es erkennbar, denn wir sind konditioniert, diese bestimmte Form mit unserem geistigen Bild eines Fisches gleichzusetzen. Die Grundlage eines Bilderrätsels. Ein Symbol bedeutet für uns viel mehr als das, was wir tatsächlich auf dem Papier sehen. Was geht in Ihrem Kopf vor, wenn Sie diese Skizze sehen?“
„Nun ja – ein Fisch.“
„Machen Sie weiter. Was stellen Sie sich vor – alles!“
„Schuppen“, sagte Paradine langsam, während er in die Luft blickte.
„Wasser. Gischt. Ein Fischauge. Die Schwanz- und Seitenflossen. Die Farben.“
„Also stellt das Symbol viel mehr als nur die abstrakte Idee Fisch dar. Achten Sie darauf, daß es sich um den Bedeutungsinhalt eines Substantivs dreht, nicht um den eines Verbs. Handlungen sind mit Symbolen sehr viel schwerer auszudrücken. Ganz gleich – kehren Sie diesen Prozeß um. Stellen Sie sich vor, Sie wollen ein Symbol für ein bestimmtes Substantiv malen, sagen wir Vogel. Zeichnen Sie
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