Science Fiction aus Deutschland
Reifen, als sie um die Kurven schleuderten, und mit ihrer frenetischen Sirene. Ihr Einsatzbefehl war klar: Paul Delvaux – stellen, verhaften und markieren! Mehr wußten sie nicht, und mehr fragten sie nicht. Sie waren diszipliniert, pflichterfüllt und eifrig dabei, sie waren Profis und Experten und warfen keine überflüssigen Probleme auf.
Der wachhabende Offizier reichte den Druckstreifen weiter, der Kommissar wog das Band in der Hand, tastete es ab mit Fingern und Verstand. Paul Delvaux, dachte er, man legt ihm Konsumverbrechen zur Last. Was hatte jener konkret getan? Er hatte die vorgeschriebene Summe längst angespart, und man hatte ihm einen günstigen Kredit gewährt, der Kaufpreis war damit voll, doch nun weigerte sich Delvaux, amputiert und verstärkt zu werden. Das war nicht zu begreifen. Daß es immer noch Menschen gab, die zu ihrem Glück gezwungen werden mußten!
Gierigen Bluthunden gleich, stürmten sie den Himmelsturm, sprengten die Tür des Paul Delvaux, drangen mit gezogenen Laserkarabinern, in die Wohnung ein, die Fleischerhaken baumelten an ihren Gürteln herab. Die feinsinnige Elektronik (mein unbewußter Bruder!) brachte, noch ganz auf ihren alten Herrn eingeschworen, lautstarke, schnarrende Proteste vor. Sie brachten es allgemein nicht fertig, die Elektroniken so rasch umzustellen, wie ihre Willkür umschlug und neue, unbekannte Methoden ersann. Immerhin hatten sie die Elektroniken generell so weit, daß sie nicht mehr die Menschenrechte argumentativ zu Hilfe nahmen.
Der zweite Dienstmann war drauf und dran, ihr das heißglühende Gehirn auszupusten, ihre Stimme damit zu ersticken, da schaltete der Rottenführer auf Handbetrieb, und gurgelnd ertrank die Stimme, als habe man ihr den Hals zugedrückt. Sie schnippten mit den Fingern Rundum-Mikrofone aus der Wand und gaben durch, daß ihr Raid erfolglos verlaufen war. Ehe sie gingen, vergewisserten sie sich noch einmal, daß sie keinen Fehler gemacht hatten, nahmen der Elektronik ihren Gedächtnisteil, versiegelten dann die Tür, befestigten, unter der Klinke geschickt getarnt, ein mörderisches Guillotineschloß und sanken schweigend und nachdenklich zum Ausgang hinab.
Im Polizeihaus, einer rotbraunen Backsteinfestung aus dem XX. Jahrhundert, die wie ein Raubritternest oder eine Trutzburg im Stadtkern Bremens wuchtig und drohend stand, saßen erstaunte, grimmige Männer. Sie waren an Niederlagen nicht gewöhnt und reagierten nun überhart, erfüllten ihr Soll um hundertfünfzig Prozent, Schaum vor dem Mund. Programmierte Straßensperren schossen wie Pilze nach einem warmen Sommerregen aus dem Boden, bald lag die Stadt in ihrem harten Griff, über die Sonne krochen – weiß, gelb, rot – der Schimmel und die Abfallpest.
Sie benutzten die Sonne, nachdem sie die irdische Tiefsee, den Mond und alle Planeten verseucht hatten, als letzte Abfallstation, und von dem so gepflanzten Baum fielen faule Früchte, die Sonnenflecken massierten sich wie nie, vernichteten manche wenigstens einträglich irdische Ernte, und man befürchtete nun, daß sich die Sonnenstrahlen so verändern könnten, daß die irdische Lufthülle diesem Wandel nicht mehr gewachsen war. Vor den Folgen solcher Manipulation floh keiner mehr, egal mit wieviel Geld.
III
Robert träumte von einer Wanderung im Hasbruch (inzwischen längst Sperrgebiet). Ein radioaktiver Gewitterregen war kurz zuvor niedergegangen, gewaltige, strahlende Pilze wucherten auf wispernden Flechten aus rotem Asbest, Rosen mit mächtigen Kelchen wehrten sich mit scharfen Krallen gegen Tiger, die sich behende auf sie schwangen und aus ihrem doppelten Rachen glühenden Feueratem hauchten. Fleischfressende Pflanzen verströmten opiatische Gerüche und lockten kahle, auf dem Boden hüpfende Vögel in ihre Mägen.
Ohne Sauerstoffmaske, Kettenhemd und Feuersbrunstlaser war Robert im Dschungel unterwegs, er wanderte auf Kieswegen, die vom Niederschlag zerfressen waren, zwischen Blumenfeldern, die im Fallout verdorrten, badete in blauen und violetten Seen unter gewaltigen Krokodilen, die ihn in Ruhe ließen, weil sie spürten, daß er zu einer anderen Sorte Mensch gehörte. Erst als ein Adler, der sich aus der Staatsflagge befreit zu haben schien, mit sechs blitzenden Krallenpaaren auf Robert niederstieß, suchte er Schutz unter rotem, knisterndem Laub.
Das gigantische Denkmal von Jerry Reisz in New York, dort, wo einst die Freiheitsstatue gestanden hatte, löste sich unter den heraufziehenden Giftschwaden
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