Science Fiction aus Deutschland
der auslösehebel«, krächzte er, »das ist er!« Schweiß tropfte ihm von nase und kinn.
Kurtz streckte die hand aus – wie vertraut war ihm diese anläge noch aus der zeit, als er mitgeholfen hatte, den flugplatz zu bauen! – und seine finger huschten in rascher manipulation über das paneel; den Schalter jedoch berührte er nicht.
Für einen endlos erscheinenden augenblick geschah gar nichts; die drei männer standen erstarrt.
Dann erbebte der turm wie unter einem schlag, und hoch über dem beton des landestreifens und neben dem kesselhaus erschienen etliche weiße, sich rasch ausdehnende kegelförmige dampfsäulen. Machtvoll dumpfes tosen erschütterte die luft.
»Er – er hat die notventile geöffnet!« schrie Herzthaus mit überschnappender stimme. Er schlug Kurtz ins gesicht und rannte hinaus.
Kurtz wischte sich blut von den lippen und begegnete Dansiens blick.
»Warum denn?« fragte Dansien leise. »Warum?«
Doch als Kurtz antworten wollte, winkte der andere ab.
»Ich weiß«, murmelte er, »nicht einmal aus angst vor dem tod – oder für Heimatland – nur wegen Martha, nur ihretwegen.«
Er ging langsam hinaus, mit müdem, schlurfendem schritt und vornübergesunkenem kopf.
Das summen der kommunikationsanlage ertönte, und Kurtz schaltete auf empfang. Kaspaks gesicht erschien auf dem bildschirm.
»Du hättest die IMPERATOR zerstören können«, sagte er langsam, »wir waren nicht aufmerksam genug.«
»Ja«, meinte Kurtz gleichgültig.
»Damit das nicht noch einmal möglich ist, werden wir das kesselhaus beschießen«, erklärte Kaspak. Er betrachtete Kurtz nachdenklich und schüttelte dann bedächtig den kopf.
»Ihr hattet die möglichkeit«, verwunderte er sich, »warum habt ihr euch anders entschlossen?«
»Sei doch still«, sagte Kurtz müde, »sei doch endlich still.«
Der bildschirm erlosch. Kurtz begann zu weinen.
Gerhard Zwerenz
Nicht alles gefallen lassen …
Wir wohnten im dritten Stock mitten in der Stadt und haben uns nie etwas zuschulden kommen lassen, auch mit Dörfelts von gegenüber verband uns eine jahrelange Freundschaft, bis die Frau sich kurz vor dem Fest unsre Bratpfanne auslieh und nicht zurückbrachte.
Als meine Mutter dreimal vergeblich gemahnt hatte, riß ihr eines Tages die Geduld und sie sagte auf der Treppe zu Frau Muschg, die im vierten Stock wohnt, Frau Dörfelt sei eine Schlampe.
Irgendwer muß das den Dörfelts hinterbracht haben, denn am nächsten Tag überfielen Klaus und Achim unsern Jüngsten, den Hans, und prügelten ihn windelweich.
Ich stand grad im Hausflur, als Hans ankam und heulte. In diesem Moment trat Frau Dörfelt drüben aus der Haustür, ich lief über die Straße, packte ihre Einkaufstasche und stülpte sie ihr über den Kopf. Sie schrie aufgeregt um Hilfe, als sei sonst was los, dabei drückten sie nur die Glasscherben etwas auf den Kopf, weil sie ein paar Milchflaschen in der Tasche gehabt hatte.
Vielleicht wäre die Sache noch gut ausgegangen, aber es war just um die Mittagszeit, und da kam Herr Dörfelt mit dem Wagen angefahren.
Ich zog mich sofort zurück, doch Elli, meine Schwester, die mittags zum Essen heimkommt, fiel Herrn Dörfelt in die Hände. Er schlug ihr ins Gesicht und zerriß ihren Rock. Das Geschrei lockte unsre Mutter ans Fenster, und als sie sah, wie Herr Dörfelt mit Elli umging, warf unsre Mutter mit Blumentöpfen nach ihm. Von Stund an herrschte erbitterte Feindschaft zwischen den Familien.
Weil wir nun Dörfelts nicht über den Weg trauten, installierte Herbert, mein ältester Bruder, der bei einem Optiker in die Lehre ging, ein Scherenfernrohr am Küchenfenster.
Da konnte unsre Mutter, waren wir andern alle unterwegs, die Dörfelts beobachten.
Augenscheinlich verfügten diese über ein ähnliches Instrument, denn eines Tages schossen sie von drüben mit einem Luftgewehr herüber. Ich erledigte das feindliche Fernrohr dafür mit einer Kleinkaliberbüchse, an diesem Abend ging unser Volkswagen unten im Hof in die Luft.
Unser Vater, der als Oberkellner im hochrenommierten Café Imperial arbeitete, nicht schlecht verdiente und immer für den Ausgleich eintrat, meinte, wir sollten uns jetzt an die Polizei wenden.
Aber unserer Mutter paßte das nicht, denn Frau Dörfelt verbreitete in der ganzen Straße, wir, das heißt, unsre gesamte Familie, seien derart schmutzig, daß wir mindestens zweimal jede Woche badeten und für das hohe Wassergeld, das die Mieter zu gleichen Teilen zahlen müssen,
Weitere Kostenlose Bücher