Science Fiction Jahrbuch 1983
fünfziger Jahre mit all ihren Stärken und Schwächen und machen auch vor Trivialem und Trivialstem nicht halt, denn das hat eben den gewählten Zeitraum auch entscheidend mit beeinflußt. Trotzdem – etwas mehr Einführung hätte nicht geschadet, denn gerade der SF-Film erlebte in den fünfziger Jahren einen ersten Boom, Informationen hierüber sind fast nicht zu finden. Überdies bleibt es fraglich, ob bei der Diktion, von jedem Autor nur eine Kurzgeschichte zu drucken, nicht manchem Unrecht geschieht oder ob bedeutende Romanautoren nicht vergessen werden.
Doch sollte man den Verdienst der Anthologie nicht schmälern. Wer einst alle fünfzehn Bände im Bücherregal stehen hat, der wird mit Fug und Recht behaupten können, das Wesentliche der SF-Entwicklung mit einer unterhaltsamen und fachmännischen Dokumentation zu besitzen.
Joachim Körber
John Brunner
Das Gottschalk-Komplott
(THE JAGGED ORBIT), RASTATT 1982, MOEWIG-SF 3567,
ÜBERSETZUNG: HORST PUKALLUS
Mit diesem Buch liegt endlich das dritte Hauptwerk von John Brunner in ungekürzter Übersetzung vor, nachdem es vor vielen Jahren arg verstümmelt bei Goldmann unter dem Titel Morgen geht die Welt aus den Angeln erschien.
Brunner schrieb The Jagged Orbit unter dem Eindruck der blutigen Rassenkrawalle in den USA Mitte und Ende der sechziger. Sein New York des Jahres 2014 wird ebenfalls von gewalttätigen Rassenunruhen erschüttert, was im wesentlichen auch auf die ganze USA zutrifft. Die Weißen sind aus den großen Städten aufs Land geflüchtet, und so haben sich in Detroit, Chicago und so weiter „Negro-Enklaven“ gebildet, die in wechselseitiger Abhängigkeit zum „Blanks“ (Weißen)-Gebiet leben.
Die psychologischen Auswirkungen dieser spannungsvollen Zeit füllen die psychiatrischen Anstalten, und so steht in New York eine wahre Festung von Irrenhaus, die Ginsberg-Klinik. Getreu dem Grundsatz „Sei ein Individuum“ ihres Direktors Elias Mogshack werden die „Kranken“ dort in Klausen in strenger Isolation gehalten, bis die nur nach Computer-Berechnungen und mit Medikamenten erfolgende Behandlung „Erfolg“ zeitigt und ihre Computerkurve wieder dem Standardwert entspricht. Intellektuell ausgebrannt und anpassungsfähig wie Knetgummi, werden sie dann entlassen.
In dieser Welt der sowohl vor als auch nach einer Behandlung psychisch labilen Menschen bedarf es schon einer „Pythoness“, um dem Leben für kurze Zeit durch in Trance gegebene Orakelsprüche einen Sinn zu geben.
Eine solche Pythoness, Lyla Clay, wird von einer Ärztin der Ginsberg-Klinik engagiert, um neue Behandlungsmethoden zu erproben. Durch diesen Auftritt werden alle wichtigen Handlungsstränge des in Brunners bekannter Montagetechnik ausgeführten Werkes verknüpft.
Zufällig erfährt Matthew Flamen, der letzte „Medienkiebitz“, von diesem Auftritt und filmt ihn. Als Medienkiebitz hat er jeden Mittag 15 Minuten Sendezeit, um eine Art kommentierte Nachrichtensendung zu machen, die in erster Linie Skandale und Sensationelles bringen muß, um zwischen Werbung und seichter Unterhaltung bestehen zu können. Auch Flamens eigene Frau ist in der Klinik, und ihre Apathie fällt ihm auf – er wittert eine Chance, um Elias Mogshack, dem allerseits geachteten Leiter dieser Psychiatrie, „an den Karren zu fahren“ und mit der Aufdeckung dieses Skandals wieder genug Oberwasser gegenüber seinem Sender zu bekommen, der ihn anscheinend abservieren will. Der Auftritt von Lyla Clay scheint ihm der geeignete Aufhänger dazu. Allerdings nimmt ihre Darbietung diesmal nicht den üblichen Verlauf, sondern
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