Science Fiction Jahrbuch 1983
läßt sie in eine „Echofalle“ geraten, die sie nur durch Fremdeinwirkung wieder aus ihrer Trance erwachen läßt. Hier deutet sich schon die Schlußpointe des Romans an.
Neben dem Sturz von Elias Mogshack jagt Matthew Flamen einer weiteren großen Sache nach: Der Gottschalk-Konzern baut ein eigenes riesiges Datenverarbeitungszentrum auf, das „intelligenter“ als das der Regierung ist. Genau dieser Gottschalk-Konzern ist es, der immer wieder die Rassenunruhen schürt, um seine einzigen Produktionswaren, nämlich Waffen aller Art, zu verkaufen – zum Billigpreis in den Negro-Enklaven, profitträchtig dann bei den eingeschüchterten Weißen, die regelmäßige Gefechtsübungen mit ihren Bürger-Wehrsportgruppen abhalten. Kompliziert wird die politische Lage zu diesem Zeitpunkt noch dadurch, daß die Regierung den fatalen Entschluß faßt, den Farbigenführer Morton Lenigo einreisen zu lassen, der gerade erst in Großbritannien die Weißen das Fürchten gelehrt hat – Rassenkrawalle gewalttätigster Art sind die Folge, halb New York steht in Flammen. Drahtzieher im Hintergrund: natürlich der Gottschalk-Konzern, um seine Waffenproduktion weiter anzukurbeln.
Da aber für Matthew Flamen der Gottschalk-Konzern zu mächtig ist, wendet er sich vorerst dem Fall Mogshack zu und engagiert dafür den gerade wegen seiner nicht ganz reinrassigen Abstammung aus der Negro-Enklave Blackbury ausgebürgerten farbigen Medienspezialisten Pedro Diablo und den Psychiatrie-Experten Xavier Conroy, Gegenspieler Mogshacks, der eine dem Menschen zugewandte Behandlung ohne Computer fordert. Xavier Conroy ist der Prototyp des unbestechlichen, dennoch nicht unfehlbaren Menschen, dessen Ansichten zwar allseits bekannt und geachtet sind, der aber dennoch nicht viel ausrichten kann – eine Gestalt, die Brunner auch in seinen anderen Hauptwerken, teilweise mit fiktiven Zitaten aus ihren Büchern (etwa das „Wörter buch der Hip-Delikte“ von Chad C. Mulligan in Morgen welt ), benutzt.
Conroy deckt schließlich die letzten Hintergründe auf, indem er sich auf Harry Madison konzentriert, jenen Patienten der Ginsberg-Klinik, der durch seine seltsame Gedankenwelt Lyla Clay in die Echofalle gezwungen hatte. Es stellt sich heraus, daß Harry Madisons irreparabel geschädigter Geist von dem in der Zukunft fertiggestellten Supercomputer der Gottschalks über die Zeitschranken hinweg „ übernommen“ wurde, um in der Jetztzeit bestimmte ungünstige Bedingungen zu verändern. Der Computer der Gottschalks wurde so programmiert, daß er die Gewinnmaximierung an oberste Stelle setzt – eine Vorgabe mit Bumerangeffekt. Die Einführung einer neuen gewinnbringenden Waffengeneration, die im wesentlichen aus Atombomben für jedermann im handlichen Handgranatenformat besteht, würde nämlich bewirken, daß nach etwa 100 Jahren niemand mehr übrig wäre, um noch Goldschalk-Waffen kaufen zu können – was getreu dem Profitmaximierungsprogramm verhindert wer den muß. Der Computer gerät dadurch in eine Endlosschlei fe, die über Harry Madison zu der Echofalle von Lyla Clay führt – der Kreis schließt sich mit dieser Schlußpointe. Die Gottschalks erleiden eine empfindliche Schlappe, und Mogshack ist schließlich selbst reif für eine seiner Klausen. Ansonsten steuert die Welt aber weiter ihren Zickzack-Orbit … Jagged Orbit.
Im Ganzen nicht ganz so komplex wie Morgenwelt und Schafe blicken auf ist Das Gottschalk-Komplott dennoch einer der intelligentesten SF-Romane überhaupt – Ideenvielfalt, Kompetenz, Wortwitz und eine
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