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Science Fiction Jahrbuch 1983

Science Fiction Jahrbuch 1983

Titel: Science Fiction Jahrbuch 1983 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Bo­re­as ist es, der wil­de Ge­sel­le, ein Sturm­wind, der kalt von Nor­den über die Ägäis heult, die zar­te Orei­t­ha ent­führt und mit ihr in ei­ner thra­ki­schen Höh­le die Zwil­lin­ge Kaiais und Ze­tes zeugt.
    Was aber will der Grie­che in der Uni­ver­si­tät von Min­ne­ton­ka, USA? Was ge­schieht, wenn er mit sei­ner Zeu­gungs­kraft in die dor­ti­ge Com­pu­ter­zen­tra­le fährt?
    Es dau­ert ge­rau­me Zeit, bis der Le­ser Bo­re­as’ spä­tes Kind, sei­nen Nach­kömm­ling, ken­nen­lernt: Der Klei­ne heißt Ro­de­rick – nicht Rod­ger, wie er im­mer wie­der be­teu­ert, und auch nicht Rot­ze­rich, Rot­ten­fick oder Pu­pho­se, wie ihn sei­ne Klas­sen­ka­me­ra­den in der Grund­schu­le schimp­fen – und ist ein Ro­bo­ter. Ein Ro­bo­ter mit ei­nem of­fe­nen Pro­gramm, ei­nem un­schul­di­gen Be­wußt­sein al­so, ein Sim­pli­ci­us Sim­pli­cis­si­mus, ein rei­ner Tor. Von sei­nem Weg ins Le­ben han­delt das Buch und ist so Ent­wick­lungs­ro­man und Odys­see zu­gleich. Be­kann­te Ge­stal­ten tau­chen auf: Cir­ce ist des Nach­bars Töch­ter­lein, Ro­de­rick wird von ihr zum Dok­tor­spiel ver­führt, der blind­wü­ti­ge Rie­se (Hank) Po­ly­phem will ihn mit ei­nem Ham­mer er­schla­gen.
    Nach dem bis­her Ge­sag­ten mag es so schei­nen, als ob Ro­de­rick ein Buch über Bü­cher sei, und das ist es tat­säch­lich, zu­min­dest teil­wei­se. Sla­dek zi­tiert, par­odiert, ad­ap­tiert mit ge­nie­ße­ri­scher Lust. Er nimmt den Le­ser mit auf ei­ne Rei­se durch das Land der Ro­ma­ne, und der Le­ser freut sich, wenn er dem Au­tor auf der Fähr­te blei­ben kann. Aber es ist ein Wett­lauf zwi­schen dem Ha­sen und dem Igel Sla­dek (Ick bün all dor!). Sla­dek weiß schließ­lich, daß der Le­ser weiß, daß Sla­dek weiß … und so macht er ihm ei­ne lan­ge Na­se:
    (Der Schah von Ru­ri­ta­ni­en be­sucht die Uni­ver­si­tät von Min­ne­ton­ka, er zeigt sei­ner Be­glei­te­rin sein Lieb­lings­buch:)
    „Es stammt von ei­nem Mr. K. Von­ne­gut. Aus­ge­zeich­net. Viel Com­pu­ter. (…) Das Tol­le ist, dar­in kommt ein Schah vor, der einen Be­such macht. (…) ei­ne Art déjà-vu-Er­leb­nis für mich. An­ge­nom­men, ich wä­re in ei­nem Buch, das wie­der von ei­nem an­de­ren Schah ge­le­sen wird, Sie ver­ste­hen?“
    Ro­de­rick ist aber auch ein Buch über un­se­re Ge­gen­wart, und Sla­dek nutzt die Mög­lich­keit des SF-Gen­res, die­se Ge­gen­wart auf den Punkt zu brin­gen: das Zeit­al­ter der Com­pu­ter und des Fern­se­hens.
    Die Herr­schaft der Com­pu­ter, sie be­deu­tet – wie wir heu te wis­sen – nicht, daß in un­ter­ir­di­schen Hal­len die Ge­schi­cke der Mensch­heit von ei­nem blin­ken­den Rie­sen­ge­hirn mit so­no­rer Knarr­stim­me ge­lei­tet wer­den.
    Com­pu­ter sind viel­mehr ein hals­star­ri­ges, all­täg­li­ches Är­ger­nis, bes­ser­wis­se­risch und un­be­weg­lich. Sie gel­ten als un­fehl­bar, des­halb wer­den sie von ih­rer Ge­mein­de an­ge­be­tet, und wenn sie doch ein­mal einen Feh­ler ma­chen, sind die Aus­wir­kun­gen ko­misch, ab­surd oder tra­gisch, in je­dem Fall aber schick­sal­haft: Ei­ne Su­per­markt­ket­te er­stickt un­ter Ton­nen falsch ge­or­der­ter Erd­nuß­but­ter, und es gibt nie­man­den, der die La­wi­ne auf­hal­ten könn­te; im Zwie­ge­spräch der Com­pu­ter ste­hen die Men­schen auf ver­lo­re­nem Pos­ten.
    Da Ro­de­rick wie ein nor­ma­les Kind auf­wach­sen soll, ver­bringt er gan­ze Ta­ge vor dem Fern­se­her. Er sieht die Welt als de­for­mier­tes Sur­ro­gat und ver­sucht, die Wirk­lich­keit an­hand die­ses Zerr­bil­des zu deu­ten. Die­se Ver­su­che sind von un­wi­der­steh­li­cher Ko­mik; Sla­deks Iro­nie er­weist sich ge­ra­de hier als be­son­ders treff­si­cher.
    Was Ro­de­rick nicht im Fern­se­hen sieht, er­fährt er von fern­seh­ge­schä­dig­ten Mit­schü­lern. Klas­sen­ka­me­rad Chaun­cey be­dient sich da­bei nicht des Ge­heim­nis­ses von den Blu­men und Schmet­ter­lin­gen, son­dern er be­nutzt ein Sa­do-Ma­so-Ma­ga­zin, das er ei­nem prü­geln­den Leh­rer ge­stoh­len hat:
    … Men­schen oh­ne Klei­der wa­ren ab­ge­bil­det.
    „Sieh dir das an, wow!“
    (Ro­de­rick:) „Ja, wow, aber wie

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