Science Fiction Jahrbuch 1983
mittlerweile haben sich die beiden bis in die Kreidezeit durchgeschlagen und sehen sich plötzlich einem Tyrannosaurus Rex gegenüber. Zitat:
Der Tyrannosaurus stand jetzt direkt vor ihm, ein riesiges Ungeheuer, ganz wie von Rex Harrishausen. Es öffnete sein furchtbares Maul.
„Guten Tag“, sagte der Tyrannosaurus. „Ich heiße Emmi und bin sechs Jahre alt. Wie heißt du?“
Auch die bedauerliche Tatsache, daß der Übersetzer hier Rex Harrison einbaut, der erstens nicht im Originaltext erwähnt wird (ich habe es mit der Erstausgabe von Dell-Books verglichen) und zweitens wohl eher der amerikanische Trickspezialist RAY HARRYHAUSEN sein soll, kann diese beinahe klassische Szene nicht beeinträchtigen.
Dieser Roman ist bestimmt kein Meilenstein der SF-Literatur, aber, und das macht ihn so lesenswert, ein Lesespaß erster Güte. Es gibt bedauerlicherweise nicht sehr viele humorvolle SF-Romane. Um so mehr verdienen es die gelungene Exemplare, entsprechend gewürdigt zu werden.
Thomas M. Loock
John Sladek
Die stählerne Horde
(THE REPRODUCTIVE SYSTEM)
MÜNCHEN 1981, KNAUR TB 5742, ÜBERSETZUNG: JOACHIM KÖRBER
Plötzlich sind sie da, überall, niemand kann sie aufhalten, und ihr Hunger ist grenzenlos: kleine Kästchen, die sich selbst produzieren können und nur ein Ziel haben: die Weltherrschaft!
Das reproduktive System, wie die Maschinen in ihrer Ganzheit genannt werden, entstand, als der Absatz von Womplers Spielzeugpuppen nachließ und die Firmenbosse sich nach neuen Geldquellen umsehen mußten. Doch die Womplers haben die Rechnung ohne den teuflischen Dr. Grinsmaul gemacht: Er will die Weltherrschaft. Das (scheinbar) außer Kontrolle geratene reproduktive System ist sein Werkzeug.
Dies ist die Situation in John T. Sladeks Roman Die stählerne Horde, und schon aus dieser kurzen Inhaltsangabe kann man ersehen, daß Sladek das Thema des Roboters, der die Menschheit verdrängen will, nicht mit dem Bierernst eines Isaac Asimov angeht. Der Roman – übrigens sein erster – ist ein kurioses Sammelsurium von Wahnsinn aller Art, in dem kein Klischee ungeschoren davonkommt und in dem wahrscheinlich mehr heilige Kühe der SF geschlachtet werden als in den sechzig Jahren ihrer literarischen Entwicklung. Gekonnt und pointiert zieht Sladek alles durch den Kakao, was ihm an unserer Gesellschaft nicht geheuer ist, besonders natürlich den blinden technologischen Fortschrittsglauben. Aber er hat sich auch eine gehörige Portion Skepsis vor Soziologie und Behaviorismus bewahrt. Dabei ist sein Humor nicht von der banalen und eher langweiligen Art der de Camp oder Niven, sondern scharfsinnig und durchdacht. Seinen Scherzen fehlt es weder an literarischem, noch an wissenschaftlichem Tiefgang, und doch ist sein Buch kein elitäres Werk, an dem nur Soziologen und Literaturprofessoren ihre Freude haben können. Jeder, der Sinn für trockene, typisch englische Verballhornungen und sprachliche Kniffe hat (von denen die meisten in der Übersetzung „gerettet“ werden konnten), wird an dem Roman seine Freude haben. John Sladek ist einer der frühen Autoren der New Wave, der gerade wiederentdeckt zu werden scheint, wahrscheinlich forciert durch den großen Erfolg seines neuesten Romans Roderick.
Martin Beranek
John Sladek
Roderick oder die Erziehung einer Maschine
(RODERICK OR THE EDUCATION OF A YOUNG MACHINE)
MÜNCHEN 1982, KNAUR TB 5750, ÜBERSETZUNG: JOACHIM KÖRBER
Homers Odyssee beginnt mit einer Anrufung der Muse, James Joyces Ulysses mit der Parodie einer christlichen Messe, Roderick wird von einem Gott selbst eröffnet:
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