Science Fiction Jahrbuch 1983
das Projekt Himmel einzusetzen. Wir bannten damit die Gefahr, daß jemand Funksprüche abhören konnte, die sonst zwischen Himmel und der Erde nötig gewesen wären.“
Borsakov runzelte die Stirn.
„Wir haben uns immer gefragt, wie es denn mit der Verständigung funktionieren könnte.“
Gold lächelte zufrieden. Nach so langer Zeit schien er es noch zu genießen, den Gegner hinters Licht geführt zu haben.
„Martha wurde an Bord der Weltraumstation gebracht. Sie und Joey waren mit der Trennung nicht einverstanden, denn sie liebten sich sehr.“ Er lächelte. „Keiner von uns konnte darauf Rücksicht nehmen. Ich glaube, Martha hätte uns vor den Raubsatelliten rechtzeitig warnen können. Daß sie es nicht tat, war ihre Rache. Aber sie war die ganze Zeit dort draußen im Weltraum und lauerte auf eine Chance, Joey zu sich zu holen. Als wir ihn töten wollten, steuerte sie Himmel in den Erdorbit zurück.“
„Und Joey?“ wollte Borsakov wissen. „Warum ist er so krank, daß er an ein Lebenserhaltungssystem angeschlossen werden muß?“
„Er ist sehr sensibel. Die Trennung von Martha hat ihn krank gemacht.“
Paulus blickte auf die Trage und versuchte sich vorzustellen, daß ein Mensch vor Liebeskummer krank wurde. In Joeys dunklen Augen lag etwas verborgen, was er nicht ergründen konnte. Paulus hätte Gold fast darauf hingewiesen, aber dann fürchtete er, daß er sich lächerlich machen würde.
Gold ergriff Joey an der Schulter.
„Du wirst Martha auffordern, uns die Fähre zu schicken, die uns nach und nach alle in die Station transportieren wird“, verlangte er. In der für ihn typischen Geste rieb er sein Kinn. „Die Konzernlinge von Exxon werden die Überlebenden sein, Lew! Hätten Sie das gedacht?“
Borsakov schwieg. Er schätzte seine Chancen ab, ebenfalls gerettet zu werden. Solange er nicht Golds Groll herausforderte, waren sie gut.
Paulus dachte plötzlich, daß es nicht gut war, wenn ein Mann wie Borsakov Himmel erreichte. Der Gedanke war absurd, aber er ließ sich nicht verdrängen.
„Wir werden Joey wieder an die Anlage anschließen lassen“, entschied der Bürgermeister. „Danach wird er dafür sorgen, daß wir nach Himmel kommen.“
Zum erstenmal sprach Joey. Es schien, als müßte er dazu allen Mut zusammennehmen.
„Nein“, sagte er. „Ihr habt die Erde zerstört, und ihr würdet schließlich auch Himmel vernichten.“
Golds Gesicht verfinsterte sich.
„Martha wird keine andere Wahl bleiben, mein Junge“, meinte er traurig. „Wenn sie erfährt, wie du leiden mußt, wird sie die Fähre schicken, um dich zu erlösen.“
Jurd Paulus wurde zu seiner Überraschung zum Pfleger für Joey bestimmt. Der Sensitive wurde in die abgeschlossenen Räume zurückgebracht, in denen er vorher gelebt hatte. Zwei Ärzte kümmerten sich um ihn. Am Anfang dachte Paulus, Gold wäre geduldig genug, um es ausschließlich mit Überredungskünsten zu versuchen, aber nach ein paar Tagen merkte er, daß die Ärzte Joey Medikamente verabreichten, die nicht dazu gedacht waren, seinen schwächlichen Körper zu unterstützen, sondern seinen Widerstandswillen brechen sollten.
Joey lag auf dem Rücken und blickte aus seinen großen dunklen Augen zur Decke hinauf, als könnte er durch sie bis in den Weltraum sehen.
Vielleicht hatte er Kontakt mit Martha, und sie sprach ihm auf die stumme Art, in der sie miteinander verkehrten, Mut zu.
Paulus sah, daß der Sensitive litt.
Als er mit ihm ein paar Minuten allein war, sagte er zu ihm: „Du solltest nachgeben, Joey. Was macht es dir aus, wo wir leben, hier oder in Himmel ?“
Doch Joey beachtete ihn nicht.
Nach zehn Tagen kam Gold selbst, um sich über den Stand der Dinge zu informieren.
„Sein Wille ist vermutlich schon
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