Science Fiction Jahrbuch 1983
Eindruck, daß er von allen Konzernlingen am längsten leben würde.
Die drei Männer hatten Joey sofort nach Golds Anruf hierhergebracht.
Gold strich sich über sein großes Kinn und blinzelte Borsakov hinter halb geschlossenen Lidern an.
„ Himmel ist tatsächlich im Erdorbit aufgetaucht“, sagte der Bürgermeister. „Wollen Sie nicht endlich sagen, was Sie wissen, Lew?“
Borsakov nickte. Er wirkte befreit, als bereite es ihm Erleichterung, endlich reden zu können.
„Unmittelbar vor Ausbruch des Atomkriegs brachten wir in Erfahrung, daß Exxon und die Amerikaner Himmel bauten, um bei Beginn von Feindseligkeiten die ausgewählten Familien aus der Regierung und der Konzernspitze in diese riesige Weltraumstation zu retten.“ Borsakovs Augen blickten ins Leere. „Wir wußten, daß wir nicht die Zeit und die Möglichkeit hatten, um ein ähnliches Projekt zu realisieren, deshalb setzten wir unsere Raubsatelliten auf Himmel an. Unsere Killersatelliten vernichteten die kleinen Wachforts rund um Himmel, dann schleppten wir Himmel ab. Wir hatten vor, unsere eigenen Spitzenfunktionäre in Himmel zu evakuieren. Aber irgend etwas ging schief. Himmel ließ sich nicht kontrollieren.“
„Oh, ihr verdammten Idioten!“ schrie Gold. Wie immer, wenn ein Mann von seiner Position einer ausgelassenen Chance nachtrauerte, wirkte es lächerlich. „Wußtet ihr denn nicht, daß wir eine zusätzliche Sicherung eingebaut hatten? Wußtet ihr nichts von Joey und Martha?“
„Nein“, gestand Borsakov. „Der Krieg brach aus und führte zu dem grausigen Ende, das immer vorhergesagt wurde, woran aber niemand recht hatte glauben wollen. Die führenden Persönlichkeiten auf beiden Seiten konnten sich gerade noch in schnell errichtete Rettungskuppeln zurückziehen, dann war auch schon alles vorbei. Nun wissen wir, daß wir nie wieder ins Freie können.“
Gold sah sie alle der Reihe nach an.
„Ich glaube nicht, daß es ein Zufall war, daß Himmel ausgerechnet in dem Augenblick wieder auftauchte, da Joeys Leben in Gefahr war. Sie stehen immer noch miteinander in Verbindung.“ Sein aufgedunsenes Gesicht wurde von einer lebhaften Röte überzogen. „Das heißt, daß wir Himmel erreichen können.“
Die Worte Golds drangen tief in Jurd Paulus’ Bewußtsein ein. Zum erstenmal seit langem hatte er einem anderen Menschen richtig zugehört. Die plötzliche Aussicht auf Rettung war überwältigend. Paulus begriff, wie niederschmetternd ihrer aller Leben ohne jede Perspektive gewesen war. Nun konnten sie hoffen, in Himmel zu überleben – als die letzten Repräsentanten der menschlichen Spezies.
„Du hast Martha um Hilfe gerufen, nicht wahr?“ fragte er Joey.
Der blasse Mann mit den dunklen Augen wandte erschrocken den Kopf zur Seite und antwortete nicht.
„Ich weiß, ich weiß“, fuhr Gold mit seiner näselnden Stimme fort. „Ihr liebt euch immer noch, aber ihr seid ein paar hundert Kilometer voneinander getrennt. Wenn ihr zusammenleben wollt, müßt ihr uns helfen, Joey.“
Auch die anderen traten jetzt an die Trage und umringten sie.
„Was haben Sie vor?“ wollte Borsakov vom Bürgermeister wissen. „Was geht hier überhaupt vor?“
Gold sah ihn über die Trage hinweg an.
„Genau wie die Wissenschaftler des Ostblocks befaßten sich unsere Spezialisten mit parapsychologischen Phänomenen“, sagte er. „Unter den Sensitiven, die wir bei unseren großen Suchaktionen fanden, waren Joey und Martha besonders begabt. Vor allem telepathisch. Sie verliebten sich ineinander und lernten, selbst über große Entfernungen hinweg Kontakt miteinander zu behalten. Das brachte uns auf die Idee, sie für
Weitere Kostenlose Bücher