Science Fiction Jahrbuch 1983
gebrochen“, meinte einer der Ärzte. „Aber es liegt schließlich nicht an ihm allein. Wenn diese Martha nicht will, bekommen wir die Fähre nicht.“
Gold sagte ärgerlich: „Legt ihm die Daumenschrauben an!“
In den nächsten Tagen erlebte Paulus, was der Bürgermeister damit gemeint hatte. Sie begannen Joey so zu quälen, daß er manchmal wegsehen mußte. Solange die Ärzte da waren, lag der Sensitive ruhig da, aber wenn sie gingen, schluchzte er leise vor sich hin.
„Du verdammter Narr!“ beschimpfte ihn Paulus. „Warum bist du nur so stur?“
Wieder glaubte er etwas in den Augen des anderen zu sehen, für das es keine Erklärung gab. Es war ein Geheimnis, dessen war Paulus sicher. Das Gefühl, das ihn beim Blick in Joeys Augen überkam, alarmierte ihn, und er fühlte sich abermals versucht, Gold davon in Kenntnis zu setzen.
Ein paar Tage später sagte einer der Ärzte, daß sie nun eine Pause einlegen müßten, weil sonst die Gefahr bestand, daß Joey starb.
Gold schaute herein und stieß schlimme Verwünschungen aus.
„Sie muß es doch spüren!“ schrie er wild. „Jeden Stromstoß und jeden Stich tief in ihrem eigenen Herzen.“
Als der Bürgermeister und die Ärzte gegangen waren, brachte Paulus dem Mann auf der Trage etwas zu trinken. Joey konnte kaum die Lippen bewegen, so zerschunden war er.
„Es betrifft mich auch“, sagte Paulus zu ihm. „In der Kuppel können wir bestenfalls noch ein paar Monate überleben, dann ist alles zu Ende. Wir müssen Himmel erreichen, verstehst du das?“
Joey begann zu krächzen. Seine Zunge war blau und verquollen.
„N-e-i-n!“ sagte er.
Obwohl Paulus ein hartgesottener Mann war, der siebzehn Bürger in die Atomwüste gebracht hatte, bekam er in diesem Augenblick Angst.
„Hört sie dich überhaupt?“ stieß er hervor. „Lebt diese Martha überhaupt noch?“
Es war unglaublich, aber über das blasse Gesicht, das an vielen Stellen verbrannt war, huschte ein Lächeln.
„Ja“, sagte Joey. „Sie hört mich.“
Inzwischen hatte Gold den Bürgern der Exxon-Kuppel mitgeteilt, daß die Ankunft der Fähre kurz bevorstand. In der Kuppel herrschte Hochstimmung. Überall wurden die Habseligkeiten zusammengepackt, die man mitnehmen durfte. Im Gefühl der sicheren Rettung begannen die Menschen ihre Vorräte zu vergeuden. Feste wurden gefeiert. Man wußte, daß es in Himmel großangelegte Gärten gab, Viehzüchtereien, Parks, künstliche Sonnen und künstlichen Regen. Himmel war für viele Generationen gebaut worden. Ein paar Millionen konnten darin Unterschlupf finden, aber die Bewohner der Exxon-Kuppel zählten nur noch nach Tausenden.
In der Exxon-Kuppel herrschte unglaubliche Euphorie. Gold wurde als der große Erlöser gefeiert.
Als Gold erneut erschien, brachte er Borsakov mit.
„Sie sind hilflose Stümper“, sagte er zu den Ärzten, die Joey bisher behandelt hatten. „Er wird das jetzt übernehmen.“
Paulus starrte in Borsakovs Bimssteingesicht und erschrak. Er sah die wilde Entschlossenheit des Mannes, auf jeden Fall zu überleben. Und das konnte er nur, wenn Martha von Himmel aus endlich die Fähre schickte.
„Diese Apparaturen“, sagte Borsakov verächtlich zu den Ärzten und deutete auf deren Instrumente, „benötige ich nicht. Ich bin kein Freund subtilen Vorgehens. Was unser Freund braucht, ist eine ordentliche Tracht Prügel.“
Sie starrten ihn an; wütend, weil er in ihren Kompetenzbereich vordrang, aber auch voller Hoffnung, daß er es schaffen könnte.
Borsakov fiel über Joey her. Er zerrte ihn aus dem Bett. Paulus konnte es nicht lange mitansehen und ging hinaus. Eine Stunde später kam auch Borsakov aus dem Zimmer. Er war sichtlich erschöpft, und seiner grimmigen Miene konnte
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