Science Fiction Jahrbuch 1983
blitzartigen musikalischen Akkorden gleich, durch den Wald der rosa Spiralen eilten. Der Kontrast zwischen ihrem Elan und seinem unbeholfenen Taumeln war fast unerträglich, so daß er sich abwenden mußte. Mit jeder verstreichenden Stunde schwand sein Selbstvertrauen, und statt auf die Früchte seiner Studien stolz zu sein, war er von einer unsäglichen Traurigkeit darüber erfüllt, was er nicht war und niemals sein konnte. Die ersten hundert Jahre arbeitete er mit dem Enthusiasmus der Unwissenheit, die nächsten hundert Jahre trieb ihn die Hoffnung voran. Den letzten Teil seiner Zeit konnte er aber nur durch betäubte Gleichgültigkeit hinter sich bringen, während er seine Übungen vollführte, die er immer deutlicher als kindische, bedeutungslose Exerzitien erkannte.
Schließlich gab er mit einem bittersüßen Aufbäumen nach. Er fand Jaadian, welcher glitzernde Fragmente verschiedener Magien zu einem Gewand aus schimmernden, langen Fasern wob. Jaadian schenkte Fair ernste, höfliche Aufmerksamkeit, worauf Fair sein Ankommen umständlich und weitschweifig in ein Muster kleidete.
Jaadian antwortete gleichermaßen. „Ich erkenne dein Unbehagen und drücke meine Sympathie aus. Es ist das beste, wenn Sie nun in Ihr heimatliches Gefilde zurückkehren.“
Er ließ sein Gewebe zurück und führte Fair durch die Requisitenwirbel hinab. Unterwegs gingen sie an Misthemar vorüber. Nicht einmal ein Symbolflackern wurde ausgetauscht, und doch vermeinte Howard Fair das Flimmern boshafter Schadenfreude zu erkennen.
Howard Fair saß in seinem Gemach. Seine Wahrnehmungen, geschärft und gesteigert durch seinen Aufenthalt im grünen Gefilde, nahmen Notiz von seiner Umgebung. Nur zwei Stunden zuvor, nach den Uhren der Erde gemessen, waren sie ihm beruhigend und stimulierend gewesen, nun waren sie keines von beidem mehr. Seine Bücher: Aberglaube, Irrlehren, blanker Unsinn. Seine privaten Journale und Arbeitsbücher: pathetisch dahingekritzelter kindischer Unfug. Die Schwerkraft zog an seinen Füßen und hielt ihn aufrecht. Die schäbige Bauweise des Hauses, die ihm früher nie aufgefallen war, bedrückte ihn nun. Wo er auch hinsah, erblickte er nachlässige Unordnung und primitiven Schund und Schmutz. Der Gedanke an das Essen, das er nun zu sich nehmen mußte, erweckte Übelkeit in ihm.
Er begab sich auf seinen kleinen Balkon, von welchem aus er die Straße überblicken konnte. Die Luft schmeckte nach organischen Gerüchen. Jenseits der Straße konnte er in Fenster blicken, wo seine Mitmenschen in stumpfer Eintönigkeit dahinvegetierten.
Fair lächelte traurig. Er hatte versucht, sich auf diese Reaktionen vorzubereiten, war aber nun doch von ihrem Ausmaß überrascht. Er ging wieder in sein Gemach hinein. Er mußte sich unbedingt wieder an seine alte Umwelt gewöhnen. Schließlich verfügte er ja nun über zahlreiche Möglichkeiten der Kompensierung. Die erlesensten Genüsse der Welt standen ihm offen.
Howard Fair stürzte sich in den Taumel dieser erfreulichen Genüsse. Er zwang sich dazu, Unmengen teuerster Weine, Branntweine und Liköre zu trinken, wenngleich diese seinen Gaumen empörten. Der Hunger jedoch war stärker als seine Übelkeit, und er zwang sich dazu, Speisen zu sich zu nehmen, die er für das gebratene Gewebe toter Tiere und die überentwickelten Geschlechtsorgane von Pflanzen hielt. Er experimentierte mit erotischen Gefühlen, mußte aber zu seinem Leidwesen feststellen, daß sich wunderschöne Frauen nun nicht mehr von ganz gewöhnlichen zu unterscheiden schienen und daß er es kaum mehr über sich bringen konnte,
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