Scream Street - Der Vampirzahn
an seinen Fingerspitzen.
Rhesus lächelte. »Na gut, dann hol ich’s eben.« Kurz darauf kümmerte er sich jedoch auch um seine Hand, weil sich wieder die Lichtkugel um das Buch gelegt hatte.
»Also, ich bin nicht so weit gekommen, um jetzt aufzugeben«, sagte Luke und streckte seine andere Hand aus. Wieder knisterte es und er fuhr fluchend zurück.
Auch Rhesus startete einen zweiten Versuch mit seiner unverletzten Hand. Schon bald hopsten beide Jungs im ganzen Raum umher, die Finger schützend unter den Achseln vergraben.
»Seid ihr beide total hirnverbrannt?«, fragte Cleo. »Man sieht doch, dass das eine Art Energieschild ist. Sobald man nach dem Buch greift, aktiviert sich der Schild, und man bekommt einen Schlag.«
»Und was schlägst du vor?«, fragte Luke.
»Überlasst das mal der Mumie!« Grinsend wickelte sie sich die Bandagen vom rechten Arm ab. Die Haut darunter war schwarz und runzlig, wie bei einem verkohlten Hühnchen. Sie streckte die Hand nach dem Buch aus und mit einem Zischen aktivierte sich der Energieschild. Cleo biss die Zähne zusammen, um die Schmerzen zu unterdrücken, und hob den Band von der Säule.
»jungs!«, sagte sie kopfschüttelnd.
Die Schule war für diesen Tag beendet und Luke, Rhesus und Cleo hockten sich in Rhesus’ Zimmer auf den Boden. Zwischen ihnen, auf dem Teppich, lag das Buch. Das Gesicht eines Mannes hob sich reliefartig vom silbernen Umschlag ab.
Über ihnen hingen viele verschiedene grausam aussehende Waffen an Schnüren von der Zimmerdecke herunter, und auf Rhesus’ Kissen hockte ein Teddybär mit Umhang, dem der
Kopf fehlte. Die Wände waren rot bespritzt. Luke hoffte, dass es bloß Farbe war.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Cleo.
»Wir lesen«, sagte Luke, nahm das Buch in die Hand und schlug es irgendwo in der Mitte auf, wo ein Rezept für Gnomeneintopf abgedruckt war. Auf der nächsten Seite folgte eine Anzeige für Tarnkleidung für Bazillen, die übernächste wurde von einem flotten Gedicht über Zehennägel ausgefüllt. Alles war in derselben, krakeligen Handschrift geschrieben.
Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit machte sich in Luke breit, während er immer schneller und schneller das Buch durchblätterte. Hier war absolut nichts zu finden, was ihm dabei helfen konnte, eine Tür nach Hause zu öffnen. Genervt schleuderte Luke das Buch zu Boden.
»Nach allem, was wir durchgemacht haben, entpuppt sich das Buch als völlig wertlos!«, sagte er jammernd.
»Na ja, wertlos würde ich ja nun nicht sagen
...«, meldete sich da plötzlich eine Stimme. Luke sah zu Rhesus und Cleo hinüber, aber keiner der beiden hatte gesprochen. Vorsichtig drehte er das Buch um.
Das Gesicht auf dem Umschlag hatte jetzt die Augen geöffnet und lächelte. »Vielen Dank. Ich habe nämlich eine Stauballergie und dieser Teppich hier ist schon eine Weile nicht mehr gestaubsaugt worden.«
»Wir haben keinen Strom«, sagte Rhesus zögernd. Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt zu einem Buch sprechen sollte. »Wir sind auf Spinnen angewiesen, die alles säubern.«
»Ach ja, der Strom«, meinte das Gesicht. »Davon weiß ich.«
»Entschuldigen Sie«, schaltete sich Cleo ein. »Aber wer sind Sie eigentlich?«
Das Silbergesicht grinste. »Oje, wo sind meine Manieren geblieben?«, rief es. »Samuel Stolperstein - der Verfasser von Stolpersteins Geschichten aus der Scream Street!«
»Sie haben dieses Buch geschrieben?«, wollte Luke wissen.
»Das Buch geschrieben?«, sagte Stolperstein mit einem Strahlen. »Ich bin das Buch!« Er blickte in die überraschten Mienen, dann seufzte er.
»Ja, diese Information verwirrt immer alle«, sagte er. »Die meisten Verfasser schreiben ihr
Buch und damit endet ihre Beteiligung. Aber ich war so vertieft in meine Arbeit, dass ich, als ich im Sterben lag, mittels eines Zaubers meine Seele mit den Seiten verband.«
»Sie sind also darin gefangen?«, fragte Cleo nach.
»Gefangen?«, entgegnete Stolperstein. »Aber nein, gar nicht! Ich bin freiwillig hier!«
»Aber die Seiten, ich meine: Ihre Seiten, sind voll mit albernen Gedichten und Zeichnungen«, sagte Rhesus. »Da steht nirgends was Ernsthaftes über die Scream Street.«
Samuel Stolperstein zwinkerte. »Was gibt es für einen besseren Ort, um wichtiges Wissen zu verstecken, als zwischen nutzlosem Gewäsch? Ich spreche über meine Arbeit eben nicht mit jedem.«
»Also haben Sie Sir Otto gar nicht Ihr Wissen preisgegeben?«, fragte Luke.
»Und das werde ich auch nicht
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