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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Versteck irgendwo verzeichnet haben, ob sie es nun zu Lebzeiten erreichen konnten oder nicht.»
    Tess seufzte tief und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Bilder einer beschwerlichen Reise, die Jahrhunderte zurücklag, und
     von Männern, die man auf brennende Scheiterhaufen schleppte, überschwemmten ihr Gehirn. Sie rieb sich die Augen und musterte
     erneut das Astrolabium. Der lange Weg, die vielen Gefahren, dachte sie. Für das da.
    «Sie waren so nah dran.» Vance versank in seinen Gedanken und nahm sich das Navigationsinstrument noch einmal vor. «Hätte
     die
Faucon du Temple
noch wenige Stunden standgehalten, wären sie ans Ufer gelangt, hätten sich am Küstenverlauf orientieren und rudernd eine der
     benachbarten griechischen Inseln erreichen können. Dort hätte man sie freundlich aufgenommen. Sie hätten Mast und Segel reparieren
     und ohne Angst vor Angriffen zurück nach Zypern oder, besser noch, nach Frankreich fahren können.» Er hielt inne und sagte
     mehr zu sich selbst: «Dann lebten wir vermutlich in einer anderen Welt.»
    In Reilly, der sich auf einen Stapel Betonklötze gesetzt hatte, breitete sich eine unerträgliche Niedergeschlagenheit aus.
     Er hatte durchaus die Chance gehabt, Vance und die Türken durch rasches Handeln auszuschalten, hätte damit aber Tess und Rüstem
     gefährdet. Andererseits ging es um mehr als sein gekränktes Ego, die ganze Sache hatte sich von einer bloßen Verfolgungsjagd
     in etwas Komplizierteres verwandelt. Er fühlte sich auf eine seltsame, nicht greifbare Weise persönlich bedroht. Reilly konnte
     es nicht genauer erklären, doch seit sie das Manuskript entschlüsselt hatten, nagten einige grundsätzliche Fragen an ihm.
     Er war aufgewühlt, und er kam sich seltsam verletzlich vor. «Eine andere Welt?», höhnte er. «Und das alles wegen einer Zauberformel,
     mit der man Gold machen kann?»
    Vance lachte verächtlich. «Ich bitte Sie, Agent Reilly, beschmutzen Sie das Vermächtnis der Templer nicht mit den banalen
     Mythen der Alchemie. Es ist eine umfassend dokumentierte Tatsache, dass sie durch die Spenden von Adligen aus ganz Europa
     reich wurden, und das mit dem vollen Segen des Vatikans. Man warf ihnen Land und Geld praktisch hinterher,weil sie die tapferen Beschützer der Pilger waren. Doch es steckte mehr dahinter. Man hielt ihre Mission für heilig. Ihre
     Förderer glaubten, die Templer suchten etwas, das der Menschheit unendlichen Nutzen bringen würde.» Die Spur eines Lächelns
     huschte über seine strengen Züge. «Allerdings ahnten sie nicht, dass es der
gesamten
Menschheit zugute gekommen wäre, nicht nur den wenigen ‹Auserwählten›, für die sich die europäischen Christen in ihrer Arroganz
     hielten.»
    «Wovon reden Sie überhaupt?», unterbrach ihn Reilly.
    «Unter den Vorwürfen, an denen die Templer letztlich scheiterten, war auch der, sie seien den anderen Bewohnern des Heiligen
     Landes zu nahe gekommen – den Muslimen und Juden. Angeblich wurden unsere werten Ritter durch diese Kontakte verführt und
     in mystische Erkenntnisse eingeweiht. Der Vorwurf traf durchaus zu, obwohl er angesichts der anderen schillernden Anklagen,
     die Sie beide gewiss kennen, bald verblasste. Der Papst und der König – immerhin von niemand Geringerem als Gott gesalbt und
     dringend darauf bedacht, sich als christlichster aller Herrscher zu erweisen – wollten die entsetzliche Vorstellung, ihre
     edlen Ritter hätten sich mit den Heiden verbrüdert, lieber vertuschen, als sie im Kampf gegen die Templer einzusetzen. In
     Wirklichkeit dachten sie viel pragmatischer. Die Templer planten etwas ungeheuer Kühnes, so tapfer wie folgenschwer, das womöglich
     von Wahnsinn zeugte, aber auch von atemberaubendem Mut und Weitblick.» Vance hielt sichtlich bewegt inne, bevor er sich fasste
     und den Blick wieder scharf auf Reilly richtete.
    «Sie hatten sich verschworen, drei Weltreligionen zu vereinen.»
    Er deutete mit einer vagen Geste auf die Berge um sieherum. «Die Verschmelzung dreier Glaubensbekenntnisse», meinte er lachend. «Stellen Sie sich das vor – Christen, Juden und
     Muslime, in einem Glauben vereint. Warum auch nicht? Immerhin beten wir alle zum selben Gott. Wir alle sind
Kinder Abrahams,
nicht wahr?», fragte er spöttisch. Dann verhärtete sich sein Gesicht. «Denken Sie nur, wie anders unsere Welt aussähe. Eine
     unendlich viel bessere Welt   … Wie viel Schmerz und Blutvergießen hätte man verhindern können, und das gilt heute mehr

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