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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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glauben wirklich an das ganze Zeug, was? Die Wunder, dass
     er übers Wasser gewandelt ist, dass er einen Blinden sehend gemacht hat, dass er von den Toten auferstanden ist?»
    «Natürlich tue ich das.»
    Vance lächelte schwach. «Na schön. Dann stelle ich Ihnen eine Frage. Wie viel wissen Sie über den Ursprung dessen, was Sie
     da lesen? Wissen Sie eigentlich, wer die Bibel geschrieben hat, das Neue Testament, meine ich?»
    Reilly wurde unsicher. «Sprechen Sie von den vier Evangelien, Matthäus, Markus, Lukas, Johannes?»
    «Ja. Wie sind die entstanden? Fangen wir ganz einfach an. Wann beispielsweise wurden sie geschrieben?»
    Reilly spürte, wie ein unsichtbares Gewicht auf ihn niedersank. «Ich weiß nicht   … Sie waren seine Jünger, also würde ich sagen, kurz nach seinem Tod.»
    Vance sah zu Tess und lachte abfällig. Reilly fühlte sich unbehaglich. «Eigentlich dürfte es mich nicht überraschen.Über eine Milliarde Menschen verehren diese Schriften, betrachten sie als Gottes ureigene Weisheit und schlachten einander
     sogar deswegen ab. Dabei haben sie nicht den blassesten Schimmer, woher die Texte wirklich stammen.»
    Reilly spürte, wie er zornig wurde. Vance’ hochmütiger Tonfall stachelte ihn noch weiter an. «Es ist die Bibel, sie existiert
     schon so lange   …»
    Vance schüttelte nachsichtig den Kopf. «Und deshalb ist alles wahr?» Sein Blick schweifte in die Ferne. «Früher war ich wie
     Sie. Habe nichts in Frage gestellt. Glaubte und nahm alles als gegeben hin. Aber ich sage Ihnen, wenn Sie erst einmal anfangen,
     nach der Wahrheit zu forschen   …», sein Blick verdüsterte sich, «dann entdecken Sie ein Bild, das alles andere als schön ist.»

KAPITEL 67
    «Zunächst müssen Sie begreifen, dass das frühe Christentum wissenschaftlich betrachtet ein weißer Fleck ist. Es fehlen überprüfbare,
     dokumentierte Fakten. Obwohl wir also nur wenige Dinge nachweisen können, die vor zweitausend Jahren im Heiligen Land geschehen
     sind, wissen wir doch eins mit Sicherheit: Keines der vier Evangelien, die im Neuen Testament enthalten sind, wurde von einem
     Zeitgenossen Jesu verfasst.» Er bemerkte Reillys Reaktion. «Das überrascht Gläubige wie Sie stets aufs Neue.
    Das früheste Evangelium stammt von Markus. Besser gesagt, wir bezeichnen es als Markusevangelium, da wir nicht genau wissen,
     wer es geschrieben hat. Damals war es üblich, schriftliche Werke bekannten Persönlichkeiten zuzuordnen. Es entstand vermutlich
     mindestens vierzig Jahre nach Jesu Tod. Das sind vierzig Jahre ohne CNN, ohne Videointerviews, ohne eine Suchmaschine wie
     Google, die auf Wunsch zahllose Augenzeugenberichte ausspuckt. Also haben wir es bestenfalls mit Geschichten zu tun, die vierzig
     Jahre lang mündlich überliefert wurden. Nun, Agent Reilly, angenommen, Sie leiteten eine Ermittlung: Wie verlässlich wären
     wohl Beweismittel, die einzig auf dem beruhen, was sich einfache, ungebildete, abergläubische Menschen vierzig Jahre lang
     am Lagerfeuer erzählt haben?»
    Vance ließ ihm keine Zeit für eine Antwort und fuhr rasch fort. «Weitaus beunruhigender ist für mich aber, wie ausgerechnet
     diese vier Evangelien ins Neue Testament gelangt sind. In den zweihundert Jahren nach der Abfassung des Markusevangeliums
     entstanden nämlich zahlreiche weitere Evangelien, in denen alle möglichen Geschehnisse aus dem Leben Jesu berichtet werden.
     Als die frühe Bewegung an Zulauf gewann und sich über die verstreuten Gemeinden hinweg ausbreitete, nahmen die Geschichten
     aus dem Leben Jesu unterschiedliche Züge an, die von den Lebensbedingungen der jeweiligen Gemeinde geprägt waren. Daher kursierten
     Dutzende verschiedener Evangelien, die einander häufig widersprachen. Dies wissen wir genau, seit im Dezember 1945 einige
     arabische Bauern in dem Gebirgszug Djebel el Tarif in Oberägypten nach natürlichem Dünger gruben. Nahe der Stadt Nag Hammadi
     entdeckten sie einen hohen irdenen Krug. Zunächst trauten sie sich nicht, ihn zu zerbrechen, weil sie fürchteten, darin könne
     ein Dschinn, ein böser Geist, hausen. Sie zerschlugen ihn dann doch, weil sie auf Gold hofften, und machten so die erstaunlichste
     archäologische Entdeckung aller Zeiten: In dem Krug befanden sich dreizehn Papyrusbücher, die in gegerbtes Gazellenleder gebunden
     waren. Leider war den Bauern nicht klar, wie wertvoll ihr Fund war, sodass einige Bücher und lose Papyrusblätter in ihren
     Öfen landeten. Andere Seiten gingen

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