Scriptum

blauschwarzen Himmel studierte. Im Süden zuckten Blitze durch die Wolken, und selbst aus
     der Ferne war die Regenwand zu erkennen, die übers Meer peitschte. «Es gefällt mir nicht. Mit einer Front kommen wir klar,
     aber zwei   … Wenn wir jetzt aufbrechen, können wir noch zwischen ihnen durchschlüpfen.» Er wandte sich an Vance. «Keine Sorge, die Stürme
     hier draußen dauern nicht lange, und unser GP S-Gerät arbeitet hundertprozentigakkurat. Vermutlich können wir morgen früh schon zurückkommen.»
    Vance wirkte unzufrieden. «Ich möchte nicht mit leeren Händen von hier verschwinden», entgegnete er ruhig. «Beispielsweise
     würde ich gern die Galionsfigur mitnehmen. Wir haben doch noch Zeit, sie zu bergen, oder?»
    Rassoulis’ Stirnrunzeln verriet, wie wenig ihm die Vorstellung behagte.
    «Ich befürchte, der Sturm könnte länger als erwartet dauern», drängte Vance. «Dann kommen wir mit Ihrem nächsten Charterauftrag
     ins Gehege und können womöglich erst in mehreren Monaten zurückkehren. Wer weiß, was bis dahin alles geschieht.»
    Rassoulis schien abzuschätzen, ob sie es sich leisten konnten, noch länger an der Fundstelle zu verweilen.
    «Sie werden es nicht bereuen», bohrte Vance weiter. «Holen Sie mir den Falken, dann bin ich zufrieden. Alles andere, was dort
     unten ist, gehört Ihnen.»
    Rassoulis zog fragend die Augenbraue hoch. «Mehr wollen Sie nicht? Nur den Falken?» Er musterte Vance prüfend, und Tess kam
     es vor, als schaute sie bei einer hochklassigen Pokerpartie zu. «Wieso?»
    Der Professor zuckte die Achseln und wirkte auf einmal ganz weit weg. «Das hat persönliche Gründe. Sagen wir   … ich muss etwas zum Abschluss bringen.» Sein Blick wurde wieder scharf. «Wir verschwenden Zeit. Es geht sicher, wenn wir
     uns beeilen. Und danach gehört alles Ihnen.»
    Der Kapitän überlegte rasch, nickte dann und trat beiseite, um Attal und der Mannschaft einige Befehle zuzurufen.
    Vance zitterte vor Nervosität. «Es ist fast geschafft», murmelte er, «fast geschafft.»
     
    «Wie weit noch?», rief De Angelis dem Kapitän zu.
    Reilly spürte, wie die Brücke der
Karadeniz
heftig vibrierte, weitaus stärker als zuvor. Über eine Stunde lang hatten sie die Wellen, die von Steuerbord heranprallten,
     diagonal durchschnitten. Der Wind heulte und tobte, die Motoren stemmten sich gegen die Strömung, sie konnten sich nur noch
     brüllend verständigen.
    «Knapp zwanzig Seemeilen», antwortete Karakaş.
    «Und der Hubschrauber?»
    Der Kapitän fragte beim Radaroffizier nach und rief zurück: «Geschätzte Kontaktaufnahme in weniger als fünf Minuten.»
    De Angelis atmete hörbar aus. «Fährt das verdammte Ding denn nicht schneller?»
    «Nicht bei diesem Seegang», erwiderte Karakaş knapp.
    Reilly trat zum Kapitän. «Wie schlimm wird es sein, wenn wir sie erreichen?»
    Karakaş schüttelte den Kopf. Diesmal schrie er nicht, doch Reilly hörte dennoch, was er sagte.
    «Das weiß nur Gott.»
     
    Tess schaute gebannt zu, wie Attals Finger
Doris
Greifarm steuerten, um den letzten Gurt um die Galionsfigur zu legen. Trotz der schwierigen Arbeitsbedingungen hatte die Mannschaft
     das Tauchboot rasch und mit geradezu militärischer Präzision mit der Bergevorrichtung ausgerüstet und zurück ins brodelnde
     Wasser geschickt. Attal hatte erneut mit dem Joystick gezaubert und das Rückholnetz zügig und sicher in Position gebracht.
     Jetzt mussten sie es nur noch zusammenziehen, per Fernsteuerung die drei Bojen gleichzeitig aufblasen und zusehen, wie die
     Galionsfigur sanft nach oben schwebte.
    Attal nickte. «Wir können sie raufholen, aber   …» Er zuckte die Achseln und warf einen Blick zum Fenster, an dem der heulende Wind rüttelte.
    Rassoulis runzelte die Stirn und sah hinaus in das tobende Inferno. «Ich weiß. Wenn sie erst aus dem Wasser ist, wird es schwierig.»
     Er schaute Vance missmutig an. «Bei diesem Seegang können wir das Schlauchboot nicht zu Wasser lassen, und ich möchte auch
     keine Taucher runterschicken. Es wird schwer genug, das Boot einzuholen, aber es ist immerhin befestigt und leicht manövrierbar.»
     Er überlegte kurz. «Wir können die Figur heute nicht bergen. Wir lassen die Bojen dort und kommen zurück, wenn sich der Sturm
     verzogen hat.»
    Vance sah ihn ungläubig an. «Wir müssen es jetzt raufholen. Es ist vielleicht unsere einzige Chance.»
    «Wovon reden Sie eigentlich? Bei diesem Wetter wird niemand herkommen und uns die Figur vor der Nase