Scriptum
blitzschnelles und relativ komfortables
Boot, das an einem einzigen Tag ein erstaunlich großes Gebiet durchkämmen konnte. In Fethiye und Antalya stationierte Schiffe
durchsuchten die Gewässer weiter im Osten. Hubschrauber waren ebenfalls an der Aktion beteiligt. Sie flogen Streife und machten
die Schnellboote auf vielversprechende Sichtungen aufmerksam.
Die Kooperation zwischen Luft, See und Land verlief beinahe reibungslos, die türkische Küstenwache war sehr erfahren in der
Überwachung dieser verkehrsreichen Gewässer. Die Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei waren dagegen alles andere
als herzlich; Fischerei und Tourismus auf der nahe gelegenen griechischen Inselgruppe des Dodekanes führten häufig zu Auseinandersetzungen.
Außerdem benutzten verzweifelte Flüchtlinge die schmale Wasserstraße zwischen den Ländern, um aus der Türkei nach Griechenland
und von dort weiter in andere E U-Länder zu gelangen. Es galt daher, ein großes Gebiet abzudecken, in dem der Funkverkehr zumeist von harmlosen Ausflugsbooten stammte,
was die Überprüfung ebenso mühsam wie langweilig gestaltete.
Während der Radaroffizier über einigen Diagrammen brütete und der Funker seine Notizen mit einer Hubschraubermannschaft abglich,
trat Reilly an die Windschutzscheibe der
Karadeniz.
Im Süden lag eine bedrohliche Schlechtwetterfront, eine wogende dunkle Wolkenwand, nur durch einen leuchtend gelben Streifen
vom Horizont getrennt. Sie hatte etwas Unwirkliches.
Er spürte förmlich, dass Tess nicht weit war. Nah und doch so unerreichbar. Was mochte sie gerade tun? Hatten sie und Vance
die
Faucon du Temple
bereits gefunden? Was würden sie mit dem Tagebuch anfangen? Wie würden sie der Welt ihren Fund verkünden? Er hatte lange überlegt,
was er zu ihr sagen würde, wenn sie einander begegneten, doch zu seiner Überraschung war der anfängliche Zorn verflogen. Tess
hatte eben ihre Gründe. Er teilte sie nicht, doch er konnte ihren Ehrgeiz akzeptieren, ohne den sie im Leben nie so weit gekommen
wäre.
Er schaute über das Cockpit zur anderen Seite des Bootes. Was er sah, gefiel ihm gar nicht. Weit im Norden verdüsterte sich
der Himmel ebenfalls. Das Meer wirkte plötzlich wie grauer Marmor, Schaumkronen tupften die ferne Dünung. Der Steuermann schaute
zum Ersten Offizier und nickte in Richtung Wolkenwand. Das Schiff schien zwischen den Schlechtwetterfronten eingekeilt. Die
Stürme zogen von beiden Seiten auf sie zu. Der Steuermann wirkte ein wenig besorgt, ebenso der Erste Offizier, der zu Karakaş
trat und eine Diskussion anfing.
Der Kapitän prüfte Wetterradar und Barometer, dann wechselte er einige Worte mit den beiden Männern. Reilly warf De Angelis
einen fragenden Blick zu, der daraufhin zu dolmetschen begann.
«Ich glaube, wir müssen heute früher als geplant zurückkehren. Es scheint nicht eine, sondern zwei üble Schlechtwetterfronten
zu geben, die sich schnell auf uns zubewegen.» Der Monsignore zog eine Augenbraue hoch. «Kommt Ihnen das nicht bekannt vor?»
Reilly hatte geschaltet, bevor De Angelis es erwähnte. Die Wetterlage hatte fatale Ähnlichkeit mit jener, die Aimard inseinem Brief beschrieben hatte. Plunkett, der draußen eine Zigarette rauchte, schaute ebenfalls besorgt zum Horizont und wandte
sich zum Cockpit, wo Steuermann und Erster Offizier über Skalen und Monitoren brüteten. Sie schienen sich nicht wohl in ihrer
Haut zu fühlen. Dann rief der Funker dem Kapitän etwas zu. Karakaş und De Angelis traten an die Funkkonsole, Reilly gesellte
sich zu ihnen.
Mit Hilfe der holprigen Übersetzung des Kapitäns erläuterte der Radaroffizier gerade ein Diagramm, in dem er einige Schiffsbewegungen
verzeichnet hatte. Ein Boot interessierte ihn besonders, weil es ein seltsames Navigationsmuster aufwies. Es war auffällig
lange in einem schmalen Korridor auf und ab gefahren, was an sich nicht weiter ungewöhnlich war, da Fischerboote häufig angestammte
Fanggründe besaßen und einige andere Signale sich ganz ähnlich verhalten hatten. Allerdings merkte der Radarexperte an, dass
dieses Schiff bislang mehrere Stunden täglich diesen Korridor befahren und dann woanders weitergefischt hatte, nun aber seit
zwei Stunden keine Bewegung mehr anzeigte. Außerdem fuhren von den vier Booten im fraglichen Gebiet drei in Richtung Küste,
weil sie die Sturmfronten bemerkt hatten. Das vierte hingegen rührte sich nicht von der Stelle.
Reilly schaute
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