Scriptum
waren etwas verschmiert, und er lauschte mit höflichem,
zurückhaltendem Lächeln, während ihm die Anwesenden mit Namen und Rang vorgestellt wurden.
«Bitte, lassen Sie sich von mir nicht unterbrechen», sagte er, als er Platz nahm.
Jansson beruhigte ihn mit einem kurzen Kopfschütteln. «Die Beweislage lässt momentan noch keine eindeutigen Schlüsse zu, Monsignore.
Um alle Möglichkeiten auszuloten – und ich muss betonen, dass hier vorläufig nur Ideen und Vermutungen ausgetauscht werden –, haben wir uns gerade Gedanken darüber gemacht, wer hinter dem Überfall stecken könnte.»
«Ich verstehe», entgegnete De Angelis.
Jansson blickte Reilly an, der, obwohl ihm nicht ganz wohl dabei war, den Faden wieder aufnahm. Zunächst einmal musste er
den Monsignore auf den neuesten Stand bringen.
«Wir haben gerade festgestellt, dass es sich hier eindeutig um mehr als einen bloßen Raubüberfall auf ein Museum handelt.
Die Ausführung, der Zeitpunkt, alles deutet darauf hin, dass das kein gewöhnlicher bewaffneter Überfall war.»
De Angelis spitzte die Lippen, während er die volle Bedeutung dieser Worte erfasste. «Ich verstehe.»
«Spontan würde man als Drahtzieher muslimische Fundamentalisten vermuten», fuhr Reilly fort, «aber in diesem Fall bin ich
mir ziemlich sicher, dass die nicht in Frage kommen.»
«Und warum nicht?», fragte De Angelis. «Es mag gewiss beklagenswert sein, aber diese Menschen hassen uns doch offenbar. Bestimmt
erinnern Sie sich noch an die Aufregung nach der Plünderung des Altertümermuseums in Bagdad. An den Vorwurf der Doppelmoral,
die Schuldzuweisungen, die Wut … Das hat in der muslimischen Welt für viel böses Blut gesorgt.»
«Glauben Sie mir, das hier entspricht nicht ihrer üblichen Vorgehensweise, nicht mal annähernd. Die verüben ihre Anschläge
ganz offen, bekennen sich hinterher stolz zu ihren Taten und bevorzugen für gewöhnlich die Kamikaze-Taktik. Davon abgesehen
käme es für einen muslimischen Fundamentalisten nie in Frage, ein Kreuz auf der Kleidung zu tragen.» Reilly sah De Angelis
an, der geneigt schien, ihm zuzustimmen. «Selbstverständlich ermitteln wir auch in diese Richtung. Das müssen wir. Aber ich
würde eher auf eine andere Truppe tippen.»
«Miliz-Typen.» Jansson benutzte den Sammelbegriff für gewaltbereite amerikanische Rechtsextremisten.
«Viel wahrscheinlicher, meiner Ansicht nach.» Reilly nickte zustimmend. Extremistische Sonderlinge, die auf eigene Faust handelten,
und gewaltbereite einheimischeRadikale gehörten ebenso zu seinem Berufsalltag wie ausländische Terroristen.
De Angelis hakte irritiert nach. «Miliz-Typen?»
«Einheimische Terroristen, Pater. Gruppen mit abstrusen Namen wie ‹Orden der Schweigenden Bruderschaft›, zumeist geleitet
von einer hasserfüllten so genannten christlichen Identität – ich weiß, eine ziemlich seltsame Pervertierung des Begriffs …»
Der Monsignore rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. «Ich dachte, diese Leute sind alle fanatische Christen.»
«Sind sie auch. Aber vergessen Sie nicht, hier geht es um den Vatikan – die katholische Kirche. Und diese Typen sind keine
Anhänger Roms, Pater. Was sie alle eint, abgesehen von der Neigung, Schwarze, Juden und Homosexuelle für all ihre Probleme
verantwortlich zu machen, ist der Hass auf jede Form von organisierter Regierung, unsere ganz speziell und Ihre automatisch
auch. Für die sind wir der Große Satan – kurioserweise derselbe Ausdruck, den Khomeini für die USA geprägt hat und der bis
heute in der muslimischen Welt so beliebt ist. Vergessen Sie nicht, diese Typen haben 1995 das Bundesgebäude in Oklahoma City
in die Luft gesprengt. Christen. Amerikaner. Und von der Sorte gibt es viele. In Philadelphia etwa haben wir kürzlich einen
Kerl verhaftet, hinter dem wir schon geraume Zeit her waren, Angehöriger einer rechtsradikalen Splittergruppe, die sich ‹Kirche
der Söhne Jahwes› nennt. Dieser Kerl fungierte früher bei den ‹Aryan Nations› als Verbindungsmann zu muslimischen Kreisen.
Er hat zugegeben, nach dem 11. September versucht zu haben, Bündnisse mit islamistischen Gruppen im Ausland zu schmieden.»
«Der Feind meines Feindes», sinnierte De Angelis.
«Genau», pflichtete Reilly ihm bei. «Diese Leute verfügen über eine extrem verzerrte Weltanschauung, Pater. Wir müssen jetzt
herausbekommen, welche geisteskranke Botschaft sie diesmal zu übermitteln
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