Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
Vom Netzwerk:
und schaute herab.
    »Ich laß mich nicht anschreien, hast du gehört? Ich muß diesen Bildschirm richten.«
    »Der Bildschirm kann warten. Ich bin von weither gekommen. Und vielleicht nicht zu früh. Aber spuck mir nicht bloß ins Gesicht, ja?«
    »Und nicht zu früh. Das hast du gesagt.«
    »Gut. Dann schmeiß mich raus! Aber verkriech dich nicht einfach!«
    Theatralisch. Aber sie mußten miteinander reden. Zeit verging. Pete konnte sich nicht vorstellen, was in seines Vaters Kopf vorging. Der alte Mann stand am Kopf der Treppe, bewegungslos, dunkel vor der Helligkeit der Galerie, das Gesicht fast unkenntlich. Schließlich richtete er sich auf.
    »Muß mich umziehen«, sagte er. »Wenn wir zu diesem gottverdammten Hummerpicknick gehen, muß ich mich umziehen.« Er wandte sich ab.
    Pete eilte ihm nach, die Treppe hinauf, zwei Stufen auf einmal nehmend. »Was meinst du, kann ich so gehen?«
    Scudder blieb in der Türöffnung stehen, musterte ihn von oben bis unten. »Sie werden nicht wissen, wie ihnen geschieht.«
    Er ging weiter in das anstoßende Schlafzimmer, und Pete folgte ihm. Der Raum, eingerichtet mit Mahagonimöbeln des 19. Jahrhunderts, gab den Blick über die See frei. Dort lag die Schafinsel, flach und sehr grün, umrandet von einer dünnen weißen Brandungslinie. Die Wände des Raumes waren silbrig-blau tapeziert und zeigten geprägte Rocailleverzierungen. Das Bett, bemerkte Pete ohne Überraschung, war ein Einzelbett.
    »Hübsch habt ihr es hier«, sagte er.
    »Deiner Mutter gefällt es.« Scudder knöpfte die Träger vom Latz seines Overalls. »Werde eine Dusche nehmen. Dieser Zirkus geht erst um eins los, nicht?«
    »Um eins. Das sagte sie.«
    Während sein Vater sich auszog, saß Pete auf einem samtgepolsterten Stuhl mit feiner Messing-Einlegearbeit auf Lehne und Armstützen.
    »Es ist unglaublich, Scudder, dich nach den Jahren in der Ferry Lane so zu sehen. Großartig. Ich kann nicht sagen, wie sehr ich mich für euch beide freue.«
    Sein Vater riß sich die Turnschuhe von den Füßen und schleuderte sie über den Chinesischen Seidenteppich. »Das Beste daran ist, daß ich für alles das keinen Handschlag gearbeitet habe. Es fiel mir in den Schoß. Manchmal glaube ich, die Welt steht kopf.« Er ließ den Overall in einem Knäuel am Boden liegen und ging zur anderen Seite des Zimmers, wo eine Tür in ein Bad aus schwarzem Marmor führte. »Zu viele Dinge, zu wenig Leute – nichts hat mehr einen Wert.«
    »Mutter sagte mir einmal, du hättest hier ein Wohnrecht auf Lebenszeit.«
    »Und ob ich es habe. Sie und ich – schriftlich.« Scudder hielt inne. »Für dich ist nichts drin, wohlgemerkt. Alles fällt an irgendeinen reichen Kerl unten im Süden, wenn wir nicht mehr sind.«
    »Was wird dann damit geschehen?«
    Sein Vater zuckte die nackten eckigen Schultern. »Wir halten nur den Verfall auf. Das Haus wird unsere Lebenszeit aushalten, nicht viel mehr. Aber eine erstklassige Lage …« Sein Blick begegnete Petes und hielt ihn fest. »Natürlich wird ein bißchen auf der Bank sein. Das heißt, wenn ich nicht zuerst sterbe und deine Mutter den Rappel kriegt und auf Weltreise geht. Nicht, daß du es nach allem, was ich gehört habe, brauchen wirst.«
    Es hätte eine versteckte Anklage sein können. Pete beschloß, es nicht zu glauben. »Ich komme zurecht. Nichts von dieser Art, aber ich beklage mich nicht.«
    Besitz, Geld, Vermögen. Garderobengespräche. Aber für Pete, mit seinem Vater, eine neue Erfahrung, die ihn anrührte. Eine, auf die er nicht vorbereitet gewesen war.
    Er sagte: »Ihr hättet mal herunterkommen können, du und Mutter, und selbst sehen.«
    Scudder kratzte sich die Brust. »Sie ist eingewurzelt, glaube ich. Die kriegst du hier nicht raus.« Er zog die Unterhose aus und ging unter die Dusche.
    Pete lehnte sich zurück und beobachtete seinen Vater durch das Milchglas. Der magere, ungebeugte Körper des alten Mannes hatte ihn beeindruckt. Möglicherweise war das auch beabsichtigt gewesen. Nun, das machte ihm nichts aus. Sie wußten so wenig voneinander. Als er die Treppe heraufgestiegen war, hatte er auch den Bauch eingezogen. Scudder Laznetts Junge. Wie die Dinge sich entwickelten, mochte es zwischen ihnen sogar klappen.
    Aber krank? Dem Tode nahe? Nach allem Anschein ausgeschlossen. Vielleicht hatte er mißverstanden, weil er unbedingt eine Erklärung gesucht hatte. Siebzehn Jahre waren genug. Er war natürlich erfreut, daß sein Vater so wohlauf schien. Aber eine nörgelnde

Weitere Kostenlose Bücher