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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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sie.
    Es war eine seltsame Bemerkung, aber sie schien sie für ausreichend zu halten.
    Sie wandte sich wieder ihren Kochtöpfen zu, tauchte den Schöpflöffel ein und rührte um. »Du bist gewachsen«, sagte sie über die Schulter. »Ich sagte immer, daß du noch wachsen würdest, aber er wollte nichts davon wissen. Jetzt, da du so groß bist wie er, wird er es glauben müssen.«
    Sie trug das Haar im Nacken zu einem kleinen Knäuel zusammengesteckt, der tatsächlich mehr aus Haarnadeln als aus Haar bestand. Er starrte auf die Haarnadeln. Scudder ist es, zu dem zu willst … Sie war immer undurchsichtig gewesen, ihre Worte, ihre Absichten. Natürlich war er seines Vaters wegen gekommen. Eine Erinnerung?
    Es waren wirklich mehr Haarnadeln als Haar. »Wie geht es ihm?«
    »Scudder? Er wird schon herauskommen, wenn er soweit ist.«
    »Es wird keinen Ärger geben, nicht wahr – ich meine, weil ich hier bin?«
    »Ärger?« Sie hob die Schöpfkelle und wandte sich ihm zu, kostete vom Inhalt.
    Pete zuckte die Achseln. »Er schien nicht sehr erfreut, mich zu sehen.«
    »Nicht genug Salz.« Sie machte wieder kehrt und streckte die Hand nach dem langen Holzregal über dem Herd aus, auf dem in langer Reihe altmodische Porzellantöpfe standen.
    »Ich sagte, er scheint nicht sehr erfreut, mich zu sehen.« Es mußte, in Gottes Namen, doch möglich sein, vernünftig miteinander zu reden, Fragen zu stellen und Antworten zu bekommen, selbst nach siebzehn Jahren.
    »Scudder freut sich wirklich. Er wird herauskommen, wenn er soweit ist.«
    »Es beruhigt mich, das zu hören. Es ist schließlich nicht einfach – auch nicht für mich.«
    »Er hat seit zehn aufgepaßt. Das zeigt, wie erfreut er ist.« Sie streute Salz in ihre Töpfe. »Was mich angeht, ich zählte nicht darauf. Wir alle haben unser Leben zu führen.«
    Die Worte wiederholten sich. Sie hatte sie tausendmal in ihrem Kopf vor sich hingesagt, in dem riesigen alten Haus, wenn sie ihrer Arbeit nachgegangen war. Er begriff, daß sie sie schützten, vor dem Nachdenken. Und nun vor dem Kontakt. Er erinnerte sich seiner Umarmung und verspätet fiel ihm auf, wie sie einfach gewartet hatte, die Schöpfkelle in der Hand, bis er fertig wäre. Auch in seinem Kopf kehrten die Wort wieder, und aus ähnlichem Grund. Dornen. Dickichte. Er hätte ein Dummkopf sein müssen, zu glauben, es würde einfach sein.
    Er trat neben sie. Sein Vater konnte warten. »All diese Fischsuppe«, sagte er. »Wen erwartest du zum Essen? Die halbe Einwohnerschaft der Landzunge?«
    »Du vergißt das Hummerpicknick zum Huppeltag.«
    »Das was?«
    »Draußen auf der Landspitze. Das Hummerpicknick zum Huppeltag. Jemand muß für die Fischsuppe sorgen.«
    »Natürlich. Das Picknick.« Er hatte es wirklich vergessen. Fischsuppe mit Muscheln, frisch gekochten Hummer, Mais. »Das tun sie noch immer?«
    »So sind sie. Bloß sind sie jetzt wir, Junge.«
    Die Laznetts, die es in der Welt zu etwas gebracht hatten – das erste Mal, daß sie Gefühl zeigte.
    »Bringt Basil immer noch den Hummer?«
    »Basil ist weggezogen. Jetzt macht es Hartford. Du erinnerst dich an Hartford?«
    »Den kleinen Hart? Natürlich erinnere ich mich an ihn. Was ist aus seinem Vater geworden?«
    »Niemand lebt ewig. Hartford ist einunddreißig – so groß wie du, würde ich sagen.«
    Der kleine Hart. Der mickrige kleine Hartford Ganz, für alle Zeit auf dem Klassenfoto fixiert, Verfasser von Liebesbriefen an Effie Googins, die sie nicht einmal geöffnet hatte. Er konnte nicht einunddreißig sein. In diesem Kümmerling war nichts gewesen, was einunddreißig hätte werden können.
    »Was macht eigentlich Effie Googins?«
    »Effie ist weggegangen. Lebt in der Stadt. Was in aller Welt bringt dich auf Effie Googins?«
    »Sie war in Harts Klasse. Ich dachte nur.«
    Seine Mutter verließ den Herd, trug die Schöpfkelle zur Spüle und hielt sie unter den Wasserhahn. »Wenn du es wissen mußt, Junge, Effie bändelt mit Karl Sandheim an. Arbeiteten beide für Harry Carpenter, bis er starb. Dann übernahmen sie die Postagentur, bis sie aufgelöst wurde. Darauf fing sie mit Jake Platt an, und sie zogen beide in die Stadt. Wie ich hörte, geht sie jetzt mit Josh Candel – der mit dem alten Meikeljohn immer die Müllabfuhr besorgte.«
    Sie trocknete sich mit heftigen Bewegungen die Hände an der Schürze. Pete beobachtete sie. Er fragte sich, ob sie allein so urteile, oder ob ein Mädchen hier oben auf der Landzunge wegen einiger Liebschaften noch immer

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