Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
Vom Netzwerk:
noch heiß gewesen war, ehe man ihn vorgeladen hatte. Das Urteil, so vermutete er, würde im Laufe der kommenden Woche offenkundig werden. Aufnahme oder jäher Tod. Ihm konnte es gleich sein; so oder so, er war auf ihr Urteil nicht angewiesen. Aber er hatte sich Mühe gegeben. Herr im Himmel, er hatte sein Bestes getan …
    »Sie sind Peter, denke ich … Bitte bleiben Sie sitzen!«
    Pete blickte über die Schulter hoch. »Und Sie sind Gaston.«
    »Verdammt. Also ist es wirklich so offensichtlich.« Millie Carsters letzte Eroberung, kostspielig, jugendlich, zupfte an Hosenbeinen aus grauer Rohseide und ließ sich ins Gras fallen.
    »Eigentlich nicht.« Lügner. »Es ist nur, daß ich soviel von Ihnen gehört habe.« Die Wahrheit war, daß die Kräche mit Millie den Neuankömmling gezeichnet hatten.
    »Mein Gott, diese geschlossenen Pinkelgemeinden.« Gaston saß vorgebeugt, die Beine gespreizt, und ließ die Handgelenke auf den Knien ruhen. Unter seinen Hosenaufschlägen erstreckte sich ein halbes Schienbein straff sitzender, gerippter blauer Wolle, die in glänzenden orangefarbenen Schuhen endete. »Jungen oder Mädchen?« fragte er.
    »Ich dachte, Sie hätten gerade geheiratet.«
    »Millie?«
    Eine hübsche Frage. »Sie … sie erwähnte Flitterwochen.«
    »Eine Rose anderen Namens würde genauso süß duften, meine Freund. Nein, wir sind nicht verheiratet. Überrascht Sie das?«
    »Hier auf der Landzunge, ja.«
    Gaston pustete die Backen auf. »Man schätzt seine Integrität, verstehen Sie. Also frage ich Sie wieder, Peter, Jungen oder Mädchen?«
    Kein Wunder, daß es mit Millie Krach gab. »Wenn ich die Wahl habe, Gaston, Mädchen.«
    »Und Sie haben die Wahl?«
    Pete blickte umher. Von Grace nirgendwo eine Spur.
    »Ich werde überleben.« Auf Komplikationen mit der altmodischen Millie konnte er verzichten. Das Leben war zu kurz. Auf der altmodischen Landzunge viel zu kurz. »Nicht, daß ich das Angebot nicht würdigte.«
    »Wir tun, was wir können. Schmeckt Ihnen dieser Hummer?«
    Pete verspürte eine jähe, widersinnige Loyalität. »Ihnen nicht?«
    Gaston, ein feinfühliger Mensch, nahm die Zurückweisung hin und stand auf. Er befingerte den Hosenboden nach Feuchtigkeit, war beruhigt. »Millie ist ein großartiges Mädchen. Ich möchte nicht, daß Sie falsche Schlüsse ziehen.«
    »Natürlich.«
    »Nun, wir sehen uns noch, nehme ich an.«
    »Gewiß.«
    Gaston schlenderte fort und schloß sich geschickt einer anderen Gruppe an. Den Platts, vielleicht. Oder waren es die Carpenters? Pete beobachtete ihn, die letzte Errungenschaft Millies, des großartigen Mädchens, ihr Gaston, der sich so gut mit jungen Leuten verstand. Arme Millie, sie wußte nicht, was sie sich eingehandelt hatte. Es waren nicht Jahre, die zwischen ihnen standen, es war eine Welt. Er mußte es wissen. Der Schweinekerl.
    Pete seufzte und wandte sich seinem Essen zu. Der Hummer war längst kalt. Die Butter geronnen. Er stellte den Teller ins Gras. Der Nachmittag war ihm verdorben. Unter den Bäumen spielten Kinder, bloß vier von ihnen. In diesem Augenblick nahm die ganze Huppel-Geschichte, die Rettung der Welt, einen düsteren Aspekt an. Wieviel kindliche Freude blieb ungelebt … Vier Kinder, wo es früher vierzig gegeben haben mußte.
    Aber jeder traf seine Wahl, und der Vernunft gebührte Vorrang. Außerdem war alles nur zum Besten. Es gab niemanden, den aus Sentimentalität nach den alten Zeiten der Überbevölkerung verlangte. Wer hatte heutzutage noch den Mut zu Kindern? Und die Geduld?
    Sein Vater hatte den Mut einst gehabt, und das hatte er jetzt davon, dort unten am Rand der Wiesenfläche über den Felsen, belagert. Zugegebenermaßen keine Frage von Ursache und Wirkung, war seine Isolation doch ganz allein sein eigenes Werk. Dennoch schien es ein armseliger Lohn. Es mußte eine Möglichkeit geben, zu ihm durchzudringen.
    Seine Mutter, die ihre Suppe ausgegeben hatte, kam herüber, bei ihm zu sitzen. Er rückte schuldbewußt zur Seite – auch für sie war es ein armseliger Lohn –, und sie ließ sich neben ihm im Gras nieder. Er räusperte sich. Sie und ihre rücksichtslose Wahrnehmung: sie flammte zwischen ihnen wie ein Schwert.
    »Grace Shakewell«, sagte er endlich, um irgend etwas zu sagen. »Hast du sie hier gesehen?«
    Aber Maudie antwortete nicht. Sie betrachtete die gespreizten Finger ihrer Rechten und drückte die Haut dazwischen mit dem Mittelfinger der Linken abwärts. »Ich wollte mit dir über Scudder sprechen«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher