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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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in seiner eigenen Welt lebte, aber auch nicht in der ihrigen.
    Endlich erreichten sie die Essenausgabe. Seine Mutter schöpfte ihre Fischsuppe aus dem Wärmekessel. Auch sie, wie er plötzlich bemerkte, in Rosa und Smaragdgrün. Er nahm ein Plastikschüsselchen, und sie füllte es.
    »Dann hast du Scudder also ausgegraben«, sagte sie laut von der anderen Seite, als gelte es, ihre gegenwärtige Untertanentreue zu den anwesenden Vertretern der Oberklasse zu bekräftigen.
    Die Bemerkung schien keiner Antwort zu bedürfen.
    Als er weiterging, um sich vom Mais zu nehmen – einheimischer Ernte, an diesem Morgen frisch gesammelt –, hörte er sie hinter sich. »Wenn du schon hier bist, Scudder, würde es dir nicht weh tun, ein Lächeln zu zeigen.«
    Er bekam seinen Mais und das Brot und den hellrot gekochten Hummer direkt aus dem Kochtopf auf den Pappteller und die Portion zerlassener Butter und eine Dose Bier von Millie Carter und zwei weiteren Frauen, die aufgereiht hinter den Tischen der Essenausgabe standen, und wanderte auf der Suche nach einem Sitzplatz davon. Sein Vater zog es vor, ihm nicht zu folgen, sondern machte es sich statt dessen am Rand der Felsen bequem, wo er auf die See hinausblickte. Pete verstand den Fingerzeig und hielt sich von ihm fern.
    Die Luft summte von Gesprächen. Umgestaltung des Hauses, Großtaten bei den Spielen, Familienneuigkeiten. Und Touristen aus dem Heimatklub waren zu begrüßen, Wärme und Gastfreundschaft auf Armeslänge. Von allen Seiten drang es auf Pete ein. Er machte den alten Etheridge Saul aus, einst ihr Nachbar in der Ferry Lane, der seinen Unterhalt als Hausmeister in den Villen der Reichen verdient hatte. Nun trank er Bier mit einem Mann in weißem Hemd und Shorts, den Pete nicht erkannte. Etheridge im gelben Polyesteranzug. Wo hauste der alte Etheridge heutzutage? Wahrscheinlich oben im Van Dayton-Landhaus. Und der kräftige junge Mann, der die Hummerportionen einteilte und dessen Blick ihn flüchtig und ohne Wiedererkennen gestreift hatte, war der mickrige Hartford, Basil Ganz’ Sohn, nun sichtbare einunddreißig. Er suchte sich einen freien Platz auf der Rasenfläche, setzte sich nieder und hielt Ausschau nach Grace Shakewell, dem Mädchen am Straßenrand, konnte sie aber nicht finden und fühlte sich plötzlich einsamer, als er es seit Jahren getan hatte.
    Zwischen den Köpfen und Schultern sah er seinen Vater am Rand der Felsen sitzen, dunkel vor dem erstaunlichen Blau des Ozeans und der dünn dunstigen Hügelkette auf der anderen Seite der Bucht, eine Hummerschere zerbeißen und Bruchstücke der Schale ausspucken. Auch allein. Irrtümlich stolz, irrtümlich verdrossen … Befangen in der Vorstellung, belagert zu sein. Aber ganz gewiß nicht einsam.
    Und auf einmal kamen Pete die Worte seiner Mutter in den Sinn, und er verstand, was sie ausgedrückt hatten, und erschrak über ihre erbarmungslose Wahrnehmung. Scudder ist es, zu dem du willst. Und sie hatte recht gehabt. Krank oder nicht, in verschiedenen Irrtümern befangen, unleidlich, war es dennoch vor allem anderen in der Welt Scudder, zu dem er Zugang suchte.

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DREI
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    Pete blieb mit seinem Hummer nicht lange allein. Gesichter näherten sich, kleinäugig, lächelnd, undeutlich erinnert. Gesichter über Rosa und Smaragdgrün, Gesichter über weißen Hemden und vernünftigen Drillichshorts. Und auch er von ihnen undeutlich erinnert. Hände wurden geschüttelt, Schultern geklopft, Wangen geküßt, Pflichten getan. Seine und die der Landzunge.
    Der allgemeine Eindruck, so erfuhr er, war der, daß er gewachsen und voller geworden sei, und daß er sich gut gemacht habe, ganz allein in der Stadt. Das allgemeine Urteil, soviel wußte er, würde später gefällt, nach Abschluß der zwanglosen Diskussionen. Die Staces und die Pearsons am Abend über ein paar Gläsern. Die Carpenters und die Carters morgen früh auf dem Golfplatz. Weil er von der Landzunge stammte und daher unvermeidlich war. Eine Politik mußte erörtert werden.
    Von der Landzunge, also nicht allein, nicht einmal einsam. Es sei denn, er arbeitete wirklich daran, wie sein Vater. Was eine Form von Genußsucht wäre, die seine sorgfältige Objektivität sich nicht gut leisten konnte.
    Als endlich auch die letzte Pflicht getan war, durfte er wieder dort anfangen, wo sie ihn gefunden hatten. Er setzte sich ein zweites Mal ins Gras und griff nach seinem Teller. Das Plastikschüsselchen mit Fisch- und Muschelsuppe hatte er geleert, solange sie

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