Scudders Spiel
Bildschirm. Sein Vater mußte eine Antwort von irgendeinem anderen Verrückten bekommen. Er ließ das Bild kommen. Eine Schrift erschien: Leroy Stolzhauer, App. 7d, 1409 Cumberland Boulev … Er schaltete wütend aus, wollte es nicht wissen.
Bedrückt verließ er die Werkstatt, sperrte die Tür sorgsam hinter sich zu und ging hinunter, um Maudies Datenanschluß im Herrenzimmer in Betrieb zu nehmen. Es gab noch mehr Dinge, von denen er nichts wissen wollte, aber sie ließen sich nicht so leicht meiden wie Leroy Stolzhauer. Sie drängten sich ihm geradezu auf: das offizielle System mußte an alles gedacht haben, auch an kriminelle Verschwörer. Also benötigte er nur Maudies Datenanschluß, um die Bestätigung zu erhalten, die er nicht wollte.
Seine Mutter mußte gehorcht haben. An der Tür zum Herrenzimmer fing sie ihn ab.
»Was hast du gemacht?«
»Gemacht?«
»Um Millies Schwierigkeiten zu beheben.«
Er hatte Millies Schwierigkeiten vergessen. »Ich … ich brauchte bloß eine Interferenz auszusteuern. Es war nicht viel Mühe.«
»Sie hält dich für ein Genie.«
»Wie ich sagte, es war nicht viel daran.«
»Sie und dieser Gaston wollen dich zum Essen einladen.«
»Ruf sie an, sei so gut! Sag ihr, daß ich es nicht schaffen kann!«
»Sie werden dich stolz bewirten, Junge. Dieser Gaston hat seinen eigenen französischen Koch mitgebracht.«
Er konnte um alles in der Welt nicht an Millie Carter und ihren Gaston denken. Er schob sich an seiner Mutter vorbei, schloß die Tür halb, schaute durch den Spalt hinaus. »Tut mir leid, Mutter – ich habe zu tun. Du erinnerst dich? Ich sagte, daß ich deinen Datenanschluß brauchen würde. Erinnerst du dich?«
Sie starrte ihn einen Augenblick lang an, dann zuckte sie die Achseln und ging fort. Sie verstand es, sich mit ungezwungener Selbstverständlichkeit im Reichtum der Schulman-Villa zu bewegen. Aber wie gefährdet war alles da.
Er schloß die Tür und sperrte ab. Dann setzte er sich an den Datenanschluß. Er wählte die Kodenummer seines Koordinators. Es kam das Besetztzeichen, und er mußte von seiner offiziellen Vorrangschaltung Gebrauch machen.
Sein Koordinator funkelte ihn an. »Hoffentlich haben Sie einen triftigen Grund, Pete. Ich bin in einer Besprechung.«
»Ja, tut mir leid. Seien Sie so gut und stellen Sie mich zur Abteilung Aufstände und Empörungen durch.«
»Deswegen unterbrechen Sie meine Besprechung? Warum tun Sie es nicht direkt?«
»Ich brauche Ihre Ermächtigung.«
»Ja. Ja, verstehe … Sie sehen mitgenommen aus, Pete. Wollen Sie mir nicht sagen, was es damit auf sich hat?«
»Lieber nicht. Können Sie mir nicht einfach vertrauen?«
Sein Koordinator zögerte. »Ja, Sie sehen nicht gut aus, Mann.« Er wandte sich zur Eingabetastatur. »Werde Sie durchstellen. Schließlich ist es zu unserem Besten. Niemand verliert gern einen Spieler an diese Burschen.«
Der Bildschirm erlosch. Mein Gott, dachte Pete, wäre es nur ein Spieler, den er verliert.
Aufstände und Empörungen war auch belegt. Er ließ den Anruf einspeichern und wartete stirnrunzelnd. Er konnte es nicht verstehen. Scudder war ein Fachmann für Elektronik, hätte er es sich nicht denken können? Mittels Zerhacker kodierte Sendungen konnten entschlüsselt werden. Mit den Hilfsmitteln der Zentrale mußte es möglich sein, sein Signal anzupeilen und zu orten. Man würde Wache halten – sicherlich mußte er das wissen? Nein, er hatte sich wie alle anderen täuschen lassen, täuschen von der Illusion nationaler Einheit, nationaler Stabilität, nationaler Zufriedenheit! Die Verwaltung machte ihre Sache gut. Er war nicht der erste, und ganz gewiß würde er nicht der letzte sein. Auf einmal wurde Pete klar, daß er sich irren mochte. Die Möglichkeit bestand, wie entfernt auch immer, daß Scudder auf irgendeine Weise durch das Netz der Überwachung geschlüpft war. Und was dann – sollte er den alten Mann anzeigen? Es war ein verteufeltes Dilemma: Berufspflicht gegen Familienloyalität. Aber er hatte das starke Gefühl, daß die Familienloyalität siegen würde. Darum tat er gut daran, vorsichtig zu Werke zu gehen.
Aus dem Bildschirm lächelte ihm ein junger Mann in einem feschen hochroten Anzug zu. Aufstände und Empörungen übte seit jeher eine starke Anziehungskraft auf Exzentriker aus. »Zentrale Abrechnungsstelle. Kann ich Ihnen helfen?«
Es war die übliche Fassade. Man mußte immer damit rechnen, daß ein Außenseiter irgendwie durchkam.
Pete gab sich als Kollege zu
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