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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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weit daneben und strahlte in einem breiten Bereich Interferenzen ab.
    Mit dem Bild kam der Ton: »… dann möchte ich Sie willkommen heißen, Freunde. Denn wenn Sie mich jetzt eingeschaltet haben, müssen Sie zu der Einsicht gekommen sein, daß Sie und ich in vielen wichtigen Fragen übereinstimmen. Rufen wir uns ins Gedächtnis zurück, daß nichts auf dieser Welt ewig währt. Sehen Sie, es gibt eine Menge von uns, und wenn wir uns zusammentun, dann …«
    Pete, der kaum hinhörte, justierte die Feineinstellung, und die Unschärfe verschwand. Scudders Züge traten klar hervor, das eckige Kinn, die etwas ausgefallenen grauen Altmännerwangen, die beängstigend eindringlichen Augen unter den schweren Brauenbögen. Und die Beschriftung auf dem Knopf, den er, gleichsam als Motto, an den Brustlatz seiner blauen Trägerhose geheftet hatte: BILDSCHIRM AUS!
    Pete war plötzlich wie elektrisiert. Worte und Bild kamen zusammen, ergaben einen Sinn: Scudders Sinn.
    »… Sie wissen es so gut wie ich. Diese Bildschirme sind die Wurzel des Übels, und nur indem wir sie verbannen, werden wir Änderungen erreichen. Aber Sie und ich, Freund, wir müssen die Sache Schritt für Schritt angehen. Sie kennen mich nicht, und ich kenne Sie nicht. Das erste Gebot ist, vertraue niemandem. Ich biete Ihnen einen Weg, die Verhältnisse zu ändern – aber ich könnte irgendwer sein, ein Spinner, der irgendwo sitzt und eine Sendung losläßt. Also werde ich folgendes tun …«
    Pete stand auf. Er war angewidert. Entsetzt. Wegen einer Kleinigkeit war er heraufgekommen, nur um eine fehlerhafte Einstellung zu berichtigen. Und nun war ihm dies in den Schoß gefallen, dieser idiotische Versuch, Mitverschwörer zu werben … und wogegen? Gegen Bildschirme? – Er schüttelte den Kopf; darauf war er nicht vorbereitet gewesen. Er wußte nicht, was, zum Henker, er tun sollte.
    Er schaltete den Ton wieder aus, ließ das Band laufen und ging langsam die Treppe hinunter. Er dachte an seinen Vater, den armen verdrehten Alten, wie er draußen in der Brandung stand, bis zum Gürtel im Wasser, seine. Angelschnur auswarf und einholte. Er erinnerte sich an Scudders mühsam unterdrückte Heftigkeit, seinen stieren Blick, als er diese ›großartige neue Welt‹ mit einem Haufen Scheiße verglichen hatte. Er erinnerte sich auch an den Krater draußen im Wald. Ein Mittel, um die Verhältnisse zu ändern? Er schauderte. Lieber Gott, dieser arme, verrückte alte Revoluzzer.
    Er erreichte die Küchentür. Millies Stimme drang schrill aus dem Hörer.
    »Maudie? Hör mal, Maudie, ich weiß nicht, was dieser Herzensjunge von dir gerade gemacht hat, aber du kannst ihm von mir sagen, daß er ein Genie ist. Das Bild ist gut. Kein Nebel mehr, nichts … Gaston ist im siebten Himmel. Also sag deinem Jungen, daß er ein richtiges Genie ist, ja?«
    Pete fing den Blick seiner Mutter auf, legte den Zeigefinger an die Lippen und zog sich leise zurück. Die Tür fiel hinter ihm zu. Die verdammte Millie Carter. Ohne die und ihren verwünschten Gaston wäre er nicht hinaufgegangen, hätte nicht sehen müssen, was er nicht sehen wollte. Nicht hören, was er nicht hören wollte. Ohne Warnung sah er sich in einen Alptraum gestoßen. Scudders kriminelle Torheit, ihre Implikationen … er wollte mit beiden nichts zu schaffen haben.
    Seine Knie zitterten. Er stand eine Weile im Speisezimmer, die geballten Fäuste auf die helle Marmorplatte des Tisches gestützt, die Knöchel weiß auf dem geäderten Weiß des Steins, die Augen geschlossen, die Gedanken abwehrend zurückgedrängt. Unter den offenen Fenstern zischte und rauschte ungehört die Brandung. Ungesehen krochen Sonnenschein und Schatten millimeterweise über den gewachsten Parkettboden. Zeit verging.
    Als er sich erholt hatte und dazu fähig fühlte, richtete er sich auf, ruhig jetzt, kehrte der Marmorplatte den Rücken und stieg wieder die Treppe hinauf. Wenn er seinem Vater helfen sollte, und sein Vater hatte Hilfe bitter nötig, dann mußte er wenigstens vom Anfang bis zum Ende hören, was der arme verrückte alte Teufel zu sagen hatte.

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SECHS
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    Allzuviel gab es nicht zu hören. Die Botschaft war kurz, nicht mehr als fünf Minuten lang. Sie fand ihr Publikum durch Mundpropaganda; die Verrückten, die bereits mit Scudder in Verbindung standen, erzählten ihren Freunden davon. Gleich und gleich gesellt sich gern. Wenn die Freunde interessiert waren, erhielten sie offenbar nähere Hinweise und schalteten ihr

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