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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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aufgemalte menschliche Augen blickte, die glänzten, als wären sie lebendig, und die auf sie herabstarrten.
     
    Die Mhybe verließ das Zelt. Ihr Verstand war vor Erschöpfung regelrecht benebelt. Silberfuchs war während einer von Kruppes weitschweifigen Erklärungen hinsichtlich einer weiteren Besonderheit der Regeln, nach denen die Trygalle-Handelsgilde ihre Kontrakte abschloss, auf ihrem Stuhl eingeschlafen, und die Mhybe hatte beschlossen, das Kind schlafen zu lassen.
    In Wahrheit sehnte sie sich danach, ein wenig Zeit ohne ihre Tochter verbringen zu können. Ein Druck baute sich um Silberfuchs herum auf, ein unablässiger Mangel, der jeden Augenblick mehr von Lebenskraft der Mhybe an sich zog. Natürlich war dieser klägliche Fluchtversuch sinnlos. Silberfuchs’ Verlangen kannte keine Grenzen, und keine erdenkliche Entfernung hätte irgendetwas daran ändern können. Ihre Flucht aus dem Zelt, aus der Gegenwart ihrer Tochter, hatte nur symbolische Bedeutung.
    Ihre Knochen waren ein Gerüst aus dumpfer, unablässiger Pein, aus wie Ebbe und Flut heranwogenden stechenden Schmerzen, die nur der tiefste Schlaf vorübergehend auslöschen konnte – jene Art von Schlaf, die sich nicht mehr einstellen wollte.
    Paran tauchte aus dem Zelt auf und kam auf sie zu. »Ich würde Euch gerne etwas fragen, Mhybe, dann lasse ich Euch in Ruhe.«
    Oh du armer, übel zugerichteter Mann. Was für eine Antwort würdest du denn gerne von mir hören? »Was wollt Ihr wissen, Hauptmann?«
    Paran starrte über das schlafende Lager hinweg. »Wenn jemand versuchen wollte, einen Tisch zu verstecken …«
    Sie blinzelte und lächelte dann. »Ihr werdet sie im Zelt der Leichentücher finden – es wird im Moment nicht benutzt.
    Kommt, ich bringe Euch hin.«
    »Es reicht, wenn Ihr mir die Richtung – «
    »Ein Stück zu gehen macht die Schmerzen erträglicher, Hauptmann. Hier entlang.« Sie machten sich zwischen den ersten Zeltreihen hindurch auf den Weg. »Ihr habt Flickenseel aufgeweckt«, bemerkte sie nach einigen Augenblicken. »Ich glaube, diese Entwicklung gefällt mir – dass sie die dominierende Persönlichkeit meiner Tochter wird.«
    »Das freut mich, Mhybe.«
    »Wie war die Zauberin, Hauptmann?«
    »Großzügig … vielleicht ein bisschen zu großzügig. Sie war eine hoch angesehene und wirklich sehr beliebte Kader-Magierin.«
    Oh Hauptmann, Ihr haltet so viel zurück, in Dunkelheit angekettet in Eurem Innern. Alles von sich fern zu halten ist keineswegs eine Tugend, sondern ein Fehler – merkt Ihr das denn nicht?
    Paran fuhr fort: »Aus Eurer Perspektive – der Perspektive der Rhivi – sind Euch die malazanischen Streitkräfte auf diesem Kontinent vielleicht wie ein unaufhaltsames, unbarmherziges Ungeheuer vorgekommen, das eine Stadt nach der anderen verschlingt. Aber so war es nie. Es hat ständig an Nachschub gefehlt, die Soldaten waren häufig in der Unterzahl, befanden sich auf Gelände, mit dem sie nicht vertraut waren – nach allem, was man hört, wurde Einarms Heer in Stücke gehauen. Die Ankunft Caladan Bruths, der Tiste Andii und der Karmesin-Garde hat den Feldzug schon in seinen Anfängen aufgehalten. Oft waren die Kader-Magier die Einzigen, die das Heer vor der völligen Vernichtung bewahrt haben.«
    »Aber sie hatten doch die Moranth …«
    »Das stimmt, obwohl die nicht so zuverlässig waren, wie Ihr vielleicht denkt. Aber natürlich haben ihre alchemistischen Geschosse die Art der Kriegführung verändert, nicht zu vergessen die Beweglichkeit, die durch ihre Quorls erreicht wurde. Einarms Heer ist ziemlich stark von beidem abhängig.«
    »Oh, ich sehe schwachen Laternenschein im Zelt der Leichentücher – da, genau vor uns. Es hat Gerüchte gegeben, dass es mit den Moranth nicht mehr so gut läuft …«
    Paran warf ihr einen raschen Blick zu und zuckte dann die Schultern. »Es ist zu einer Spaltung gekommen, ausgelöst von einer Reihe von Niederlagen, die ihre Elitetruppen, die Goldenen, erlitten haben. Im Augenblick haben wir nur die Schwarzen auf unserer Seite, keine anderen, wobei die Blauen allerdings übers Meer hinweg die Verbindung ins Reich der Sieben Städte aufrechterhalten.«
    Sie blieben überrascht stehen, als plötzlich ein Großer Rabe unter der Zeltklappe des Leichenzelts hervorgestolpert kam. Es war Scharteke; sie torkelte, als wäre sie betrunken und fiel keine drei Schritte vor Paran und der Mhybe vornüber. Ihr Kopf zuckte hoch, ein Auge richtete sich auf Paran.
    »Ihr!«, zischte sie, bevor

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