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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Hüften immer wieder aneinander streifen, die plötzliche Vertrautheit, die das Herz schneller schlagen lässt. Die Feuchtigkeit des Regens, die – «
    »Ja, ja, Lady! Bitte, nicht noch mehr Einzelheiten, sonst wird mein Gang sehr linkisch wirken.«
    Sie lachte. »Ich glaube, ich habe es endlich geschafft, Euch zu bezaubern, Liebster. Und jetzt frage ich mich, auf welchen Pfad ich Euch führen soll? So viele Möglichkeiten! Wie aufregend. Sagt mir, glaubt Ihr, dass ich grausam bin, Toc der Jüngere?«
    Er starrte weiterhin den Tempel an.
    Sie traten in die kühle Strömung des Flüsschens; das Wasser wirbelte um ihre Knöchel, stieg jedoch nicht höher.
    »Ja«, sagte er nach einer Weile.
    »Ich kann grausam sein. Tatsächlich bin ich es normalerweise auch. Ich habe vermutet, dass Ihr das immer gewusst habt. Ich habe Verständnis für Euren Wunsch, Widerstand zu leisten, müsst Ihr wissen. Was glaubt Ihr – was liegt noch vor uns?«
    »Ich weiß es nicht. Nun, wir sind da. Sollen wir klopfen?«
    Lady Missgunst seufzte. »Ich höre Schritte.«
    Die Tür zu ihrer Linken schwang quietschend auf, und im Türrahmen erschien ein nackter, blasser, ausgemergelter Mann unbestimmbaren Alters, dessen wässriggraue Augen auf Lady Missgunst gerichtet waren; er hatte sich Haare und die Augenbrauen abrasiert.
    »Willkommen, Herrin«, sagte der Mann. »Bitte, tretet ein. Die Pannionische Domäne gewährt Euch und« – seine Blicke huschten an ihr vorbei zu der Wölfin, dem Hund und den Seguleh – »Euren Begleitern Gastfreundschaft.« Er trat zurück.
    Nachdem sie Toc einen schwer zu deutenden Blick zugeworfen hatte, folgte Lady Missgunst dem Priester.
    Die heiße, schwüle Luft des Hofes war von einem widerlichen Verwesungsgeruch geschwängert, und sobald der Malazaner den Schatten des Tores hinter sich gelassen hatte, sah er die Ursache dieses Gestanks. Mehr als ein Dutzend Leichen hingen an den inneren Mauern; große eiserne Haken ragten aus ihrem Brustkorb, ihre Füße baumelten eine Armlänge über dem Boden. Der Stein hinter ihrem Rücken war mit gelben und tiefroten Flecken gesprenkelt. Augenlose Köpfe hingen vornüber, Regenwasser troff aus Haarsträhnen.
    Als der Priester sah, was die Aufmerksamkeit der Gäste fesselte, warf er den Leichen einen Blick zu und lächelte dabei schwach. »Die Dorfbewohner sind erlöst worden. Sobald die Mühsal, diesen Tempel zu bauen, vorüber war, haben sie ihre Belohnung erhalten. Wir haben sie hier vor Augen, um uns immer an die Barmherzigkeit unseres Herrn zu erinnern.«
    »Eine ziemlich eigentümliche Barmherzigkeit«, murmelte Toc und kämpfte gegen eine Woge der Übelkeit an.
    »Eine, die Ihr verstehen werdet, wenn es an der Zeit ist, mein Herr«, erwiderte der Priester. »Bitte. Es wird eine Mahlzeit vorbereitet. Domänenser Kahlt – der Herr dieses Tempels – erwartet Euch im Gästesaal.«
    »Wie freundlich«, sagte Lady Missgunst. »Euer Tempel ist eine außergewöhnliche Konstruktion.«
    Toc riss den Blick von den ermordeten Dorfbewohnern los und musterte das Bauwerk, das vor ihnen aufragte. Die Pyramidenform zog sich bis zur Grundfläche hinunter, und die Kupferverkleidung war nur durch ein Dutzend nach dem Zufallsprinzip verteilte Dachfenster unterbrochen, die mit schmalen Streifen Rosenquarz verglast waren. Ein schmales, aber hohes Portal bildete den Eingang, eingerahmt von vier gewaltigen behauenen Steinen – einer breiten Türschwelle, zwei spitz zulaufenden, flankierenden Menhiren und einem Sturz darüber. Der Durchgang dahinter war drei Schritte lang und zeigte, wie dick die Grundmauern des Gebäudes waren.
    Sie betraten die Pyramide und gelangten in einen großen, niedrigen Raum; das Licht kam von den wirr verteilten Fenstern und war rosig getönt, und die Luft erwies sich als heißer als draußen auf dem Hof. Ein niedriger Tisch wartete auf sie, der von den unterschiedlichsten Speisen förmlich überquoll. Davor lagen Kissen, auf denen man sich niederlassen konnte. Vor einem weiteren dreieckigen Durchgang – der dem Eingang genau gegenüber lag – stand eine große Gestalt in einer geheimnisvollen, schwarzen Rüstung. Eine langstielige, doppelklingige Streitaxt lehnte zu ihrer Linken am Türrahmen. Der Krieger war barhäuptig, sein Schädel kahl geschoren, und sein kantiges, bartloses Gesicht wies entlang des Kiefers und der Nase alte Narben auf.
    Beim Atem des Vermummten, ich kenne solche Narben – ein Helm mit Wangenschutz und Nasenbrücke hinterlässt solche

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