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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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grimmiger Entschlossenheit gekämpft«, murmelte Lady Missgunst an Tocs Seite. »Seine Axt war überall, und doch schien es so, als hätte Thurule sich kaum bewegt. Unsichtbare Paraden. Und dann hat er lässig einen Arm ausgestreckt und den Domänenser-Hauptmann mitten ins Herz getroffen. Es war eine wunderbare Vorstellung, Toc der Jüngere.«
    »Daran besteht kein Zweifel«, murmelte er. »Also, sagt mir, weiß der Seher jetzt über uns Bescheid?«
    »Oh ja, und die’ Zerstörung des Tempels wird ihn ziemlich schmerzen.«
    »Er wird uns eine verdammte Armee auf den Hals hetzen, beim Vermummten.«
    »Das ist gut möglich – vorausgesetzt, dass er eine von denen entbehren kann, die an den Unternehmungen im Norden beteiligt sind. Ganz sicher wird er das Bedürfnis verspüren, uns irgendeine Antwort zu geben, und wenn auch nur, um unser Vorwärtskommen zu verlangsamen.«
    »Ich könnte hier und jetzt genauso gut umkehren«, sagte Toc.
    Sie wölbte eine Augenbraue empor. »Fehlt es Euch an Zuversicht?«
    »Lady, ich bin kein Seguleh. Und ich bin keine Ay, die kurz davor ist, aufzusteigen. Ich bin auch kein T’lan Imass. Ich bin auch kein Hund, der einem Schattenhund in die Augen schauen könnte, ohne den Kopf zu heben! Und ich bin auch keine Hexe, die mit einem Fingerschnippen Männer bei lebendigem Leib kochen kann!«
    »Eine Hexe! Jetzt bin ich aber gekränkt!« Sie trat auf ihn zu, die Arme verschränkt; ihre Augen blitzten. »Eine Hexe! Und habt Ihr mich jemals mit den Fingern schnippen sehen? Beim Abgrund, was für eine geschmacklose Idee!«
    Er trat unwillkürlich einen Schritt zurück. »Das war eine Metapher – «
    »Ach, seid still!« Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände, zog ihn unerbittlich näher zu sich heran. Ihre vollen Lippen öffneten sich leicht.
    Toc versuchte, sich loszureißen, doch seine Muskeln schienen sich in Luft aufgelöst zu haben.
    Plötzlich hörte sie auf, ihn zu sich zu ziehen, runzelte die Stirn. »Nein, vielleicht sollte ich es doch lassen. Ich mag Euch lieber … frei.« Das Stirnrunzeln verwandelte sich in einen missmutigen Gesichtsausdruck. »Meistens jedenfalls, obwohl Ihr heute Morgen meine Geduld ganz schön strapaziert habt.«
    Sie ließ ihn los, musterte sein Gesicht noch einen Augenblick, lächelte dann und drehte sich um. »Ich glaube, ich sollte mich umziehen. Senu! Wenn du fertig bist, suche meine Garderobe!«
    Toc schüttelte sich langsam. Er zitterte, fröstelte noch immer im Gefühl des sicheren, instinktiven Wissens, was dieser Kuss aus ihm gemacht hätte. Und Dichter schreiben über die Ketten der Liebe. Ha! Was sie schreiben, was sie im übertragenen Sinn meinen, verkörpert die Lady im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn Verlangen eine Göttin haben könnte …
    Eine Staubwolke, und Tool wuchs neben ihm aus dem Boden. Der T’lan Imass drehte den Kopf, starrte hinüber zu Mok, der in der Nähe des äußeren Tors lag, und sagte schließlich: »K’ell-Jäger nähern sich uns.« Es schien, als wollte der T’lan Imass noch mehr sagen, dann jedoch verschwand er einfach wieder.
    »Seht Ihr!«, rief Lady Missgunst dem Malazaner zu. »Seid Ihr jetzt nicht froh, dass ich darauf bestanden habe, dass Ihr ein bisschen Schlaf bekommt?«
     
    Sie kamen zu einer Kreuzung, die von zwei Menhiren gekennzeichnet war; die Steine standen schräg und halb begraben auf einem niedrigen Hang zwischen den beiden gepflasterten Straßen. Geheimnisvolle Hieroglyphen waren in ihre Oberfläche geritzt worden, doch jetzt waren die Darstellungen verwittert und kaum noch zu erkennen.
    Lady Missgunst stand vor ihnen, das Kinn auf eine Hand gestützt, während sie die Glyphen ausgiebig musterte. »Wie eigenartig. Die Wurzel dieser Sprache ist Imari. Ich nehme an, es handelt sich um Genostelisch.«
    Toc wischte sich Schweiß und Staub von der Stirn. »Was bedeuten sie? Lasst mich raten. ›Alle, die hierher kommen, werden in Stücke gerissen, ihnen wird bei lebendigem Leib die Haut abgezogen, sie werden geköpft und fürchterlich verprügelte.‹«
    Sie warf ihm einen Blick zu, eine Braue hochgezogen. »Der zur Rechten zeigt die Straße nach Kel Tor. Der zur Linken nach Bastion. Bemerkenswert, auch wenn die Botschaft an sich ziemlich weltlich ist. Natürlich, die Pannionische Domäne war früher einmal eine Kolonie der Genostel – die Genostelianer waren große Seefahrer, mein Lieber. Doch leider ist ihr Ruhm schon vor Jahrhunderten geschwunden. Eine Möglichkeit, ihre Größe zu beurteilen, bietet

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