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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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das Herz. Mehr noch, ich sehe ständige Einsamkeit in diesen Gesichtern, die du gemalt hast.« Trockene Erheiterung schwang jetzt in der Stimme mit. »Du hast deine eigene Seele gemalt, Sterblicher.«
    »Ich habe nicht viel Glück gehabt, Herr – «
    Der Gott stieß ein Zischen aus. »Und du solltest auch keines mehr erwarten! Nicht in diesem Leben, und auch in den tausend anderen nicht, die zu erleiden du verflucht bist, bevor dir Erlösung gewährt wird – vorausgesetzt, dass du genug gelitten hast, um sie auch zu verdienen.«
    »Ich bitte darum, dass es keine Erlösung von meinem Leiden gibt, Herr«, murmelte Murks.
    »Du lügst. Du träumst von Wohlergehen und Zufriedenheit. Du trägst das Gold bei dir, von dem du glaubst, dass du diese Dinge damit erlangen wirst, und du hast vor, dein Talent zu verschleudern, nur um noch mehr zu erwerben – leugne es nicht, Sterblicher. Ich kenne deine Seele – ich sehe ihre Gier und ihr Verlangen hier in diesen Bildern. Fürchte dich nicht, denn solche Gefühle erheitern mich; sie sind der Pfad, der zur Verzweiflung führt.«
    »Ja, Herr.«
    »Und jetzt, Murks von Darujhistan, sollst du deinen Lohn erhalten …«
    Der alte Mann schrie auf, als Feuer in den Geschwüren zwischen seinen Beinen erglühte. Er wand sich vor Qual, krümmte sich auf den schmutzigen Binsen eng zusammen.
    Der Gott lachte; es war ein entsetzliches Geräusch, das sich in ein tiefes, hohles Husten verwandelte, das lange andauerte.
    Nach einer Weile bemerkte Murks, dass die Schmerzen abebbten.
    »Du bist geheilt, Sterblicher. Dir sind noch ein paar weitere Jahre deines elenden Lebens gewährt worden. Leider ist mir Vollkommenheit ein Gräuel, und so muss es auch bei meinen geschätzten Kindern sein.«
    »H-Herr, ich kann meine Beine nicht spüren!«
    »Ich fürchte, sie sind tot. Das war der Preis für die Heilung. Es scheint, Künstler, als müsstest du weit, weit kriechen, um dorthin zu gelangen, wo immer du hinwillst. Denke stets daran, mein Kind, dass der Wert in der Reise liegt, nicht im Ziel, das man zu erreichen sucht.« Der Gott lachte erneut, was einen weiteren schrecklichen Hustenanfall hervorrief.
    Murks wusste, dass er entlassen war. Er zog sich herum, zerrte die tote Last seiner unteren Gliedmaßen durch den Zelteingang und blieb dann keuchend liegen. Der Schmerz, den er jetzt spürte, kam aus seinem Innern. Er zog seinen Rucksack neben sich, legte den Kopf darauf. Die langen Reihen aufgestapelter Münzen drückten hart gegen seine schweißüberströmte Stirn. »Mein Lohn«, flüsterte er. »Gesegnet ist die Berührung des Gestürzten. Führe mich über die Pfade der Verzweiflung, mein verehrter Herr, denn ich verdiene den Schmerz dieser Welt als nie endende Gabe …«
    Aus dem Zelt hinter ihm erklang das Lachen des Verkrüppelten Gottes und zerriss die Luft. »Schätze diesen Augenblick, teurer Murks! Durch deine Hand hat das neue Spiel begonnen. Durch deine Hand wird die Welt erzittern!«
    Murks schloss die Augen. »Mein Lohn …«
     
    Blend starrte weiterhin den Pfad hinauf, auch als der Händler schon lange aus ihrem Blickfeld entschwunden war. »Er war nicht, was er zu sein vorgegeben hat«, murmelte sie.
    »Das ist keiner von ihnen«, meinte Tippa zustimmend, während sie an den Armreifen an ihrem Oberarm zerrte. »Diese Dinger sind verdammt eng.«
    »Wahrscheinlich wird dein Arm verfaulen und abfallen, Korporal.«
    Tippa schaute mit geweiteten Augen auf. »Du glaubst, die Dinger sind verflucht?«
    Blend zuckte die Schultern. »Wenn ich du wäre, würde ich den Schnellen Ben mal einen gründlichen Blick darauf werfen lassen, und zwar lieber früher als später.«
    »Bei Toggs Eiern, wenn du einen Verdacht hattest – «
    »Das habe ich nicht gesagt, Korporal – du hast dich nur darüber beklagt, dass sie eng sind. Kannst du sie abnehmen?«
    Tippa machte ein finsteres Gesicht. »Nein, verdammt noch mal.«
    »Oh.« Blend schaute weg.
    Tippa erwog kurz, der Frau eine richtig kräftige Kopfnuss zu verabreichen, doch das war ein Gedanke, den sie mindestens zehnmal am Tag hatte, seit sie beide zusammen für diesen Posten eingeteilt worden waren, und auch diesmal gab sie dem Wunsch nicht nach. »Dreihundert Räte dafür, dass mir der Arm abfällt. Na wunderbar.«
    »Denk positiv, Korporal. Dann hast du etwas, worüber du dich mit Dujek unterhalten kannst.«
    »Manchmal hasse ich dich wirklich, Blend.«
    Die Soldatin lächelte Tippa einschmeichelnd an. »Und, hast du einen Kieselstein in den

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