SdG 04 - Die eisige Zeit
entlang – «
»Stimmt, das tun wir. Kallor.«
»Kallor.«
»Er wird versuchen, das Kind zu töten«, sagte Elster.
»Das wird er nicht tun«, konterte Dujek. »Denn wenn er es versucht, wird Bruth auf ihn losgehen.« Der einarmige Mann beugte sich vor und hielt Elster den Humpen hin, den dieser erneut füllte. Dujek lehnte sich wieder zurück, musterte den Kommandanten ein paar Herzschläge lang und sagte schließlich: »Caladan Bruth ist der eigentliche rasierte Knöchel im Loch, mein alter Freund. Ich habe in den Geschichtsbüchern von Nathilog über die Zeit gelesen, als er sich in der Gegend des Laederon-Plateaus rumgetrieben hat. Beim Atem des Vermummten, niemand würde es riskieren, ihn wirklich wütend zu machen – denn wenn seine Wut erst einmal entfesselt ist, macht es für Bruth keinen Unterschied, ob du ein Verbündeter oder ein Feind bist. Bei Anomander Rake handelt es sich zumindest um eine kalte, kontrollierte Macht. Beim Kriegsherrn ist das anders. Dieser Hammer … es heißt, er sei das Einzige, womit man Brand aufwecken könnte. Schlag hart genug damit auf den Boden, und die Göttin wird die Augen öffnen. Und die Wahrheit ist, wenn Bruth nicht die Kraft hätte, das zu tun, würde er den Hammer auch nicht mit sich herumtragen.«
Elster dachte eine Weile über die Worte der Hohefaust nach und sagte dann: »Wir müssen hoffen, dass Bruth weiterhin der Beschützer des Kindes bleibt.«
»Kallor wird alles versuchen, den Kriegsherrn umzustimmen«, erklärte Dujek. »Und zwar mit Argumenten statt mit dem Schwert. Es könnte aber auch sein, dass er versucht, von Rake Unterstützung zubekommen …«
Der Kommandant musterte die Hohefaust eingehend. »Kallor hat dir also einen Besuch abgestattet?«
»Ja, und er kann verdammt überzeugend sein. Er geht so weit, dass er sogar seine Feindseligkeit gegen dich beiseite schiebt – er ist seit Jahrhunderten nicht mehr körperlich gezüchtigt worden, das hat er zumindest gesagt. Und er hat auch gesagt, dass er es verdient hatte.«
»Wie großzügig von ihm«, sagte Elster gedehnt. Wenn es politisch zweckdienlich ist. »Ich werde nicht tatenlos danebenstehen, wenn ein Kind abgeschlachtet wird«, fügte der Kommandant mit kalter Stimme hinzu. »Gleichgültig, welche Macht oder welches Potenzial in ihr stecken mag.«
Dujek blickte auf. »Auch dann nicht, wenn ich dir den Befehl dazu erteilen sollte?«
»Wir kennen einander nun schon sehr lange, Dujek.«
»Ja, das tun wir. Du bist ein Dickschädel.«
»Wenn es darauf ankommt.«
Die beiden Männer schwiegen einige Zeit, dann wandte Hohefaust Einarm den Blick ab und seufzte. »Ich sollte dich wieder zum Sergeanten degradieren.«
Elster lachte.
»Schenk mir noch mal ein«, brummte Dujek. »Der Gesandte aus Darujhistan ist hierher unterwegs, und ich will richtig fröhlich sein, wenn er ankommt.«
»Was ist, wenn Kallor Recht hat?«
Die Augen der Mhybe verengten sich. »Dann solltet Ihr ihm am besten erlauben, mich zur gleichen Zeit niederzuhauen, da er meine Tochter tötet, Kriegsherr.«
Caladan Bruths breite, flache Stirn legte sich in Falten, als er finster auf die Mhybe herabblickte. »Ich kann mich an dich erinnern, weißt du. Du warst bei den Stämmen, während wir im Norden gekämpft haben. Jung, hitzig, schön. Dich zu sehen – zu sehen, was das Kind dir angetan hat – schmerzt mich, Weib.«
»Mein Schmerz ist größer, das versichere ich Euch, Kriegsherr, und dennoch habe ich mich entschlossen, ihn zu akzeptieren – «
»Deine Tochter bringt dich um – warum?«
Die Mhybe warf Korlat einen Blick zu. Die Miene der Tiste Andii war besorgt. Die Luft im Innern des Zelts war schwül und stickig. Nach einem Augenblick richtete die alte Frau den Blick wieder auf Caladan Bruth. »Silberfuchs ist aus dem Tellann-Gewirr geboren, aus den T’lan Imass, Kriegsherr. Sie haben keine Lebenskraft, die sie ihr geben könnten. Sie sind zwar Verwandte, aber sie können keine Nahrung anbieten, denn sie sind untot, während ihr neues Kind aus Fleisch und Blut ist. Auch Flickenseel ist tot. Genau wie Nachtfrost. Verwandtschaft ist wichtiger, als Ihr vielleicht denkt. Blutsverwandte Leben sind das Netz, das jeden von uns trägt; sie formen das Leben eines jeden einzelnen, vom Neugeborenen zum Kind, vom Kind zum Erwachsenen. Ohne diese Lebenskräfte verwelkt man und stirbt. Allein zu sein, heißt krank zu sein, Kriegsherr, und zwar nicht nur geistig, sondern auch körperlich. Ich bin das Netz meiner Tochter,
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